Naturgewalten

 

Der Winter 1739-1740 und das Rheinhochwasser

 

Unsere Vorfahren haben ohnehin kein leichtes Leben gehabt. Neben den bescheidenen Verhältnissen, in denen die meisten Menschen in der Grafschaft lebten, spielten Krankheiten, aber auch Naturgewalten eine große Rolle.

 

Exemplarisch deshalb hier ein Bericht über den Winter 1739/40, der sich über eine außerordentliche Kälte auszeichnete und als Folge davon, den Rhein über die Ufer treten ließ, so dass weite Teile der Grafschaft überschwemmt waren.

 

In Mitleidenschaft wurden davon viele Höfe gezogen, auf denen direkte Vorfahren von mir lebten. Das gilt dann hier auch beispielsweise für den Lüllenhof im nördlichen Teil von Repelen, auf dem damals Johannes Schnibben, genannt Lüllen, zusammen mit seiner Ehefrau Tringen Lüllen lebte. Johannes Schnibben, der am 12.3.1768 im Rhein ertrank und Tringen Lüllen, die am 26.4.1768 beerdigt wurde, hatten 6 Kinder. (Dieses Ehepaar sind meine 6-fachen Urgroßeltern)

1721 wurde Peter geboren, der im Alten von 10 Jahren verstarb und der deshalb diesen Winter nicht durchleben musste. Sein Bruder Jan Henrich, der 1725 geboren wurde, erreichte das Erwachsenenalter und verstarb 1796. Ein weiterer Peter wurde 1731 geboren, gefolgt von Lisbeth 1733 und Aeltgen * 1735 - + 1795 und Feiken Lüllen * 1740. Die Sterbedaten von Peter (*1731), Lisbeth und Feiken habe ich bislang nicht ermitteln können. Vielleicht waren auch sie schon im Kindesalter verstorben oder sie lebten doch noch, als das Unglück des Winters 1739-1740 über die Familie hereinbrach.

Sicher ist, Johannes Schnibben, gen. Lüllen und Tringen Lüllen, die Kinder Jan Hendrich und Aeltgen mussten diesen sibirischen Winter durchleben, der in der Chronik der Gemeinde Rheinkamp folgendermaßen beschrieben wird:

 

 

1740. Es ist, nebenbei bemerkt, das Geburtsjahr des "Wandsbecker Boten", Matthias Claudius, der in seinem köstlichen "Lied, hinterm Ofen zu singen" , einen frostklirrenden Winter so eindringlich geschildert hat, dass man bei m Lesen den Eishauch zu spüren meint: "Und wenn er durchzieht, stehen wir und sehn ihn an und frieren."

 

(Die Namen sind zur Einordnung mit dem Ahnenblatt verknüpft, der bei Geneanet hinterlegt ist.)



Ob Rhein, Main, Mosel oder Weser, überall Überschwemmungen, Ob Koblenz, Bonn, Düsseldorf, Köln, Duisburg oder Emmerich, die Katastrophe ist überall.

Hier ein Bericht aus Köln:

 

https://deref-web.de/mail/client/23_yqYny5Ww/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fgdz.sub.uni-goettingen.de%2Fid%2FPPN727375024%3Ftify 

 

(Quelle Uni Göttingen)


 

Das Überflutungsdrama dieses in der Bevölkerung noch lange unvergessenen Jahres leitet ein solcher Winter ein. Hart, stürmisch, reich an Überschwemmungen ist er überall, in Süddeutschland nicht weniger als etwa an der Weser. Aber dem Niederrhein wird er besonders gefährlich. Er beginnt fast unglaublich früh. Schon am 2. Oktober 1739 setzen bei Nordoststurm Schneefall, Frost und Hagel ein. So kalt ist es, dass einen Monat später überall die Flüsse mit Eis gehen. Die tiefsten Temperaturen aber bringt der Januar 1740. Bei etwa 25 Grad unter Null und schwerem Sturm, der die Kälte in jeden Winkel bläst, bersten mit lautem Knall die Bäume im Walde, Vögel fallen tot aus der Luft, Kühen im Stall erfrieren Vorderbeine und Euter. Viele Tiere und auch Menschen kommen in diesem wüsten Wetter um, schon vor Mitte Januar ist der Rhein an vielen Stellen zugefroren. Nur einige Tage bricht er wieder auf, um dann vom 28. Januar bis zum 21. März, also über sieben Wochen, ununterbrochen bei schwerstem Frost wie eine Mauer zu stehen. Dann kommt das große Unglück besonders über die niederrheinischen Orte, Dammbrüche aller Enden. Der ganze Raum von Duisburg bis nach Moers ist ein einziger See, aus dem vielfach die Häuser nur noch mit den Dächern herausragen. Die Moerser Neustadt ist so überschwemmt, dass die Leute tagelang nicht aus und ein können, und in Uerdingen steht das Wasser auf dem Markt. "Schwimmenden Eisvogelnestern", berichtet der Duisburger Chronist Carstanjen, glichen die Nachbarorte. Aus Neuß, Krefeld, Uerdingen, aus Angermund, Duisburg, Hochemmerich, Baerl, Orsoy und Moers, aus Kleve, überall und überall vom Niederrhein liegen Unglücksmeldungen vor über das furchtbare Hochwasser und Eistreiben dieses ungewöhnlichen Winters. Haushoch türmt sich vielenorts das Eis. Es reißt die alten Schutzweiden um, mäht die Obstbäume in den Wiesen, schwemmt die Hecken und Zäune fort und durchbricht an zehn Stellen allein in der Grafschaft die Deiche, so auch in Baerl.

Interessant sind hier wieder die Aufzeichnungen des Moerser Bürgermeisters v. Jüchen. Er schreibt: "Am 21. März fiel das Wasser immer noch langsam. Am 20. März erzählte der Eicksche Bauer, es sei das Wasser so weit gefallen, dass er am Fünderich zu Pferd durchs Wasser hierher gekommen und dass der Rhein zu Baerl noch feststand. Am 23. März habe ich mich nebst Kriegsrat Müntz nach Baerl begeben und gesehen, dass der Rhein los und große Eisstücke ausgeworfen, auch nach Aussage der dortigen Eingesessenen kurz vor unserer Ankunft bereits ein kleines Schiff von oben mitgeführt habe. Wir sahen mit Erstaunen, mit welch abscheulich großen Eisklumpen die umliegenden Felder überall bedeckt waren, was aussah wie ein großes, mit Zelten aufgeschlagenes, unordentliches Kriegslager von etwa 100.000 Mann. Der Baerlsche Deich war an drei verschiedenen Stellen durchbrochen, ein großer Distrikt des Feldes besandet und unbrauchbar gemacht, auch fast alle Ländereien in ihren Grenzen verwischt, so dass ein jeder sein Land von des Nachbarn Stück Land nicht unterscheiden konnte."

Sogar in und um Moers, also doch schon ein gutes Stück vom Rhein, sind Deiche und Befestigungswälle durchbrochen, Brücken fortgerissen oder beschädigt und "viele Ländereien und Wiesen halb Mannes Hoch besandet". Zu solchen Schäden kommen in den Rheinorten noch bedeutende Viehverluste. So sind z. B. in Uerdingen "über 160 Khoe versopen". In unserem Gemeindebereich wurden in besonderer Weise Baerl und Halen betroffen. Unter den Papieren und Urkunden des Steinschenhofes zu Baerl befindet sich die Abschrift einer Eingabe an den preußischen König Friedrich II. um Hilfe in der Not.

Sie ist ein seltenes und vertrauenswürdiges Zeugnis, ein wahrhaft dramatischer Bericht von der Größe der Gesamt- und Einzelschäden dieser Überschwemmung, die nicht einmal die bedeutendste in unserem Raume war; sie enthält zugleich auch die Namen der meisten damaligen Baerler und Halener Hofbesitzer. So ist es also wohl angebracht, wenn im die Eingabe hier zum Abdruck bringe.

"Aller Durchlauchtigster Großmächtigster König, allergnädigster König und Herr. Nachdem uns Gott wegen unserer Sünden und Missetaten in diesem Jahre 1740 am 21. Marty mit einem grausamen Eisgang und entsetzlicher Wasserfluht gestraft, die dyken an sieben Ortern weggenohmen (,) die Kornfrüchten Verdorben, die Ländereyen unbrauchbar gemacht, gleichwie auf der beiliegenden Spezifikation zu ersehen, wan nun Ihre Königliche Majestät allergnädigst geruhen wollen diesen einwohnern, welche dadurch in einem armen und trübseligen Zustand gesetzet (,) durch seine hohe Königliche Gnade zu überschütten und mit einer beysteuer allergnädigst zu begnadigen, Damit Ihre Königl. Majestät unterthanen allhie nidtt um brot seufzen möge (.) in welcher Zuversicht wir als Ihre Majestät getreu(e) unterthanen ersterben."

Hier stand es also schwarz auf weiß: über 135 Morgen Land, so viel wie ein großes Bauerngut besitzt, hat der Strom vom Halen-Baerler Ufer fortgerissen. Dazu kommen über 340 Morgen mehr oder weniger versandeter Boden, vernichtete Saaten, Schäden an Häusern, Scheunen und Vorräten.

Nicht ohne tief beeindruckt zu sein liest man einen Erlebnissbericht über das Hochwasserunglück des Jahres 1740 vom Steinsschenhof in Baerl. Der Berichterstatter, vermutlich Hendrich op den Steindt, schreibt: "Den 21. März den Gottesdienst in Tevis Scheunen verrichtet, aus dem Buch Hiob das 12. Kapitel V. 15 erklärt. In langer Zeit kein so großes Wasser gewesen und hat beinahe auf dem großen Stein vor unserem Hause gestanden und hat Häuser umgestoßen und zu Baerl bei Steinschen zwischen dem Haus und der Scheune ist der Deich gebrochen und der neue Deich auf drei Örter, so dass das Feld mit Eis aus dem Rhein überlaufen ist und mit viel Sand verdorben ist. Steinschen Scheune ist bald mit weggetrieben, etliche Pfosten davon sind fortgetrieben. Den 20. Mai befand sich noch Eis auf dem Rhein." So lange hielt also die Kälte an!

"Anno 1740 ist das Wasser in der Kirche gewesen, dass sie daselbst den Gottesdienst auf Christfest nicht haben können verrichten."

"Anno 1741 Anfang auf Neujahr ist in Steinschen Scheune gepredigt, der Text war: Psalm 90; 13, 14, 15 und 16. 1741 nochmal in Steinschen Scheune gepredigt und das Abendmahl daselbst ausgeteilt, der Text war Psalm 50, 15. Rufe mich an in der Not, so will ich Dich erretten und Du sollst mich preisen. Und das Wasser ist auf einen Handbreit so groß gewesen, als Anno 1740 und der Deich ist auf zwei Örter durchgebrochen und in den Haack ist viel Sand getrieben und auch in dem Segensworp. An unsere Tür hat es vor dem großen Stein gestanden."

Man liest und kann es kaum glauben: das Wasser stand in der Baerler Kirche und hat also die Niederterrasse weit überschwemmt. Wer aber Zweifel in diesen Bericht eines Augenzeugen setzen sollte, dem sei gesagt, rechtsrheinisch bietet sich ganz das gleiche Bild. Hier wurde z.B. eine Scheune des auf der Terrassenkante gelegenen uralten Hofes "Nienhaus am Wasser" in Beeck fortgerissen. Es ist also wahr, der Strom hat nicht nur die Baerler, sondern auch die Beecker Niederterrasse hoch überflutet.

Erst spät kann die neue Saat in die Erde gebracht werden, denn der Winter will und will kein Ende nehmen. Bis in den Mai hinein, der, wie aus Duisburg berichtet wird, mit einem verheerenden Hagelschlag aufwartet, währt die Kälte. Über 7 Monate dauert dieser grausame Winter.

Hunger und Krankheiten räumen unter dem Vieh auf. Der Futtermangel ist so groß, dass manche Bauern im Klevischen Stroh von den Dächern nehmen und verfüttern. Natürlich steigen auch die Lebensmittelpreise gewaltig, noch gefördert durch wirtschaftsegoistische Maßnahmen in den Nachbarländern. So verbietet die Kurkölnische Regierung außer der Kornbrennerei auch die Getreideausfuhr. Sie unterbindet damit den Preisausgleich z.B. mit dem besonders notleidenden Grafschafter Raum.

Eine späte und dürftige Ernte und neues, sehr starkes, Monate währendes Hochwasser im anschließenden Winter tragen den großen Notstand hinüber in das folgende Jahr.


Er
Quelle 
http://rheinkamp.com/index.php?schema=1&buch=301&kapitel=7

Ein Augenzeugenbericht aus Hochemmerich

Der Bericht stammt aus dem Consistorialbuch der reformierten Kirche in Hochemmerich.

Die Autorenschaft ist unklar. 

Entnommen dem Buch:

Rheinhausen am Niederrhein im geschichtlichen Werden

von Albert Meyer


 

Der harte Winter 1739/1740

 

Ao 1739 hat es weit vor Martini dergestalt zu frieren angefangen also dasz der Rhein zimlich Voll Eisz gegangen so dasz spähte gesähte Korn nicht hette ausz die Erden Konnen herfür Kommen, wan nicht nach Martini linderung entstanden.

 

1740 aber hatt es den 7. Jan. wiederump etwas zu frieren angefangen, den 8. 9. und 10. mit einem starcken wind ausz dem Osten dergestallt gewehet und hart gefrohren, dasz der Thein den 11ten des abendts über und über mit Eis bedecket, und würklich gestanden hat, und also innerhalb 4 tage zugefrohren und war die Kälte am bemelten tage so stark dasz man sich wie viel aus eingehitzt in der Stuben Kaum hat erhalten können, ja den 10. Jan: so auf einem Sonntag, war so vehement, dasz unter dem predigen der ausz dem Munde gehende athem beynahe zu Eisz zerronnen, wan nicht immerwehrendt mit dem Schnupftuch were abgetrucknet worden, und nach ausweis des Baromenters  nur zwey gradt hat höher steigen Können, und wasz merckwürdig, so ist der Rheim beym hellen Sonnenschein, da kein dunkel wetter und der Rheim (Reif-Taufrost) an der lufft gewesen zugefrohren, welches ja ein Zeichen der Beynahe allergrößten Kälte scheinet gewesen zu sein, doch hat sich dieser strenge richter nemlich der schaffe ostwind, wiederümb den 12. Jan. gelegt, und die Kälte in etwa gelindert, doch kein Tauwetter geweszen, dennoch aber das Eisz im Rhein den 16. Jan. am abendt wieder angefangen zu gehen und losz geworden und den 17ten damit continuiret dan sich auch wieder gesetzet hat, wobey Hunderrten von Waghälse, worunter sich auch einige Dragoner vom Hochlöbl, Sonsfeldischen Regiment, so zu der Zeit in Duisburg in garnison lag sich mitbefunden, und anderen öhrteren mehr mit weib und Kinder unter den armen tragend, ausz unzulässigr neugierigkeit und nachsagens haben, mit äuszerster und muthwilliger gefahr begebung ihres Lebens ein sölches gekauft und mit über den Rhein gegangen, so daß viele zu Werthauszen Essenberg und Homberg einige tage langh haben Bleiben und haben nicht nicht wieder  überkommen können, ja selbst in der Nachbarschaft zu Ördingen seind mensche bey Separierung des Eises auf den Eiszschollen stehen geblieben, und einige bis obenwertes Hohen Budberg andere aber bis obenwertes Angerohrt getrieben und durch lange ihnen zugeworfenfene seiler davon geholfen, wobey aber ein Junge ausz Ördingen ertruncken.

 

Er hat aber das eis im Rhein licht lange nicht lange Continuiertet zu gehen sondern hat sich darauf in Homberg wieder festgesetzt, da da den 22ten Jan. dasz wasser im Rheindergestallt zu schwellen angefangen, dasz es den 25ten des morgens über alle deiche zu gleich gelauffen und noch denselben abendt ungefähr ein Fusz hoch am Chor unserer Kirchen gestanden hat daselbst dasz waszerpasz des Rheins gewesen zu sein scheinet, und also nur fünf haüszer von Vornen an der straszen (:dan von hinten aber wahr lauter Wasser:) alsz Götzen, Kriens, Küster Kichhoffs  und Pastor noch haben Beysammen sein können, wobey zu mercken dasz das Wasser zwischen Schollen und Mattheiszen und ausz Götzen Hoff hinter dem Wedemhoff dergestallt getrieben, alsz wan es der Rhein selbst in seinen Üfern gewesen, so dasz einem der es ansahe darüber einen grauen ankamme.

 

 Viele werden den Anblick eines Rheinhochwassers kennen. Nur wenige werden mit

 eigenen Augen einen zugefrorenen Rhein gesehen haben. 

 

          Das Bild links stellt einen solchen Zustand im Jahr 1929 bei Baerl dar. 

 

 Was der Berichterstatter für das Jahr 1740 ausführt, ist

 aber etwas anderes und sprengt sicher alle Vorstellungskraft.

 Bildquelle Stadtarchiv Duisburg / WAZ

Im Winter 1740 haben die Leute nicht einfach nasse Füße bekommen oder sich das Naturschauspiel sicher und fasziniert angesehen.

Die Worte des Zeugen beschreiben eine Szene, bei der sich Anwohner und Anrainer in den Niederungen hinter den Deichen sich mitten in der mächtigen Strömung des Flusses befunden haben, obwohl sie sich auf eigenem Grund befanden. Glücklich, wer sich auf eine Anhöhe, auf einen Baum, in einen Kahn oder in ein höher gelegenes Stockwerk retten konnte. Ohnmächtig, etwas dagegen unternehmen zu können, dass alles Hab und Gut davongeschwemmt oder verwüstet wird.

 

Weiter führt der Bericht aus:

 

Dabenehmenhat es bey diesem groszem Waszer dergestallt zu frieren angefangen so dasz nicht allein hin und wieder Viele brunnen zugefrohrensonderen es hat auch der Rhein den 26. Jan. zum Zweyten mahl gestanden wobey sich dasz Eisz im Rhein so hoch gesetzet, als die Deich selbst sindt (:und also zu vermuthen dasz noch ein weit gröszeres waszer Kommen musz umb den Rhein vo Eisz zu befreyen wie die Erfahrung hernach gelehret, wan der allerhöchste durch seine wunderbare gnadenhand es nicht Zivor Kommen thut:) so dasz man von Emmerich (= Hochemmerich)  durch die Rheinauenach Duisburg und Von dannen nach Ruhrort und Meiderich über lauter Eisz hat gehen können. Ja dasz Eisz so hoch in den Krohnen der Äpfel und Weiden Bäume, dasz unerachtet die Zweigen ausz dem Eisz, und die stämme täglich loszgeiset worden,, doch die Zweigen wegen schwere Last des Eiszes abgerissen und die Stämme zerbrochen sind, und also dadurch an Obst Weiden bäume und Heggen ein groszer schaden geschehen, überdies so war auch dasz gantze Werthäuszer feldt ungefehr anderhalb man hoch mit dicken Eisz bedecket, so dasz den 27ten Jan. 

 

Peter Nellen  (verm. ident. mit Peter Nellen * ca. 1703, Ehemann von Drütgen Hessels * ca. 1705)

Thomas Schwarten

Gerhard Götzen und

Wilhelm Wettels  (vermutl. Wilhelm Wettels, (Soldat), verh. 28.6.1739 mit Elisabeth Hackstein * 24.10.1704)

 

die erste mit langen Eiszhacken und also bald darauf

 

Conradt Portmans  

(verm. ident. mit Konrad Portmann * 9.10.1685 getauft, geboren in  Asterlagen, verh. mit Druitgen Bruckmann aus Winkelhausen)

Hermann Leefckens (Kirchenmeister)  

(verm. ident. mit Hermann Lefkes, geboren in Asterlagen, getauft  3.2.1696 in Hochemmerich)

Wilhelm Kröll   

und

Wilhelm Scholtfeldt 

(verm. ident. mit Wilhelm Scholtfeld, verh. mit Maria Peters und  Vater des Gerhard Scholtfeld, gen. Atrops * 1730)

 

über das Eisz gegangen und Zu unsz nach Emmerich von Werthauszen und Asterlagen  übergeKommen, aber die nicht alleine sonderen dasz feldt zwischen Emmerich und winckelhauszen, Asterlagen, Östrom, Berchum, Rheinhauszen mit Eisz dergestalt überzogen, dasz man mit Karren pferde und schlitten nach der Mühlen gefahren, und Von Emmerich bis am Borgfeldt über das Eisz nacher Meurs hat gehen müszen, darauf sich zwahren die Kälte in etwa gelindert, aber es war nur eine klein Athem holung, in dem es den 15,16,und 17ten Febr. wieder hart zu frieren angefangen, worauf den 18, 19, und 20ten wieder eine linderung gefolget, aber den 21, 22, 23, 24, 25, 26,27, mit einem starcken ostwind dergestalt wieder gewehet und gefrohren, dasz es so Kalt war unerachtet es schon spät im Jahr dasz sie die Kälte Vom 10. Jan. gleich gewesen, worauf es aber den 28ten Febr. wieder einige linderung entstanden, aber den 2 ten Marty (welcher ein Bettag) nicht allein so viel schnee gefallen dasz man kaum von einem Hausze zum anderen hat Kommen so dasz auch gar wenige leute  und dasz mit mühe aus Emmerich nur allein Zur Kirchen gehen Kne, sondern auchdes nachts Vom 3 ten bisz 4 ten, und 5 ten Marty mit einem Kalten nordwind und Rheim ein so starcker frost entstanden, welcher den Vorigen Beynahe nichts nach gegeben.

 

Darauf aber den 6 ten einige linderung gekommen (wobey zu bemercken dasz so offt in Vorigen Tagen die Kälte sich etwa gelindert der frost mit schnee abgewechselt hat:) und damit continuieret, darauf den 13 ten marty ein lieblicher Regen gekommen und dasz waszer im Rhein zu schwellen angefangen so dasz es den 16 ten  oben an die Deiche gestanden, dennoch dasz Eisz im Rhein unbeweglich stehen geblieben, und noch diese selbe nach umb Elff Uhr über die Deiche hin und zum Zweyten mahl zu lauffen angefangen so dasz das Waszer wie Vorhin den 17 ten  des Morgens am Chor unserer Kirchen gestanden und Wachsen annoch Continuieret, es hat zwahren dasz Eisz im Rhein sich etwa beweget gleich solches in der nacht ausz Essenberg unsz laut zugeuffen wörden, aber nicht lange continuieret, sondern wieder gesetztet, wie man des morgens Vom Kirchthurm da der Nebel etwasz vergangen und die Sonne durchgebrochen erblicken konte, weilen man wegen hin und wieder auf dem waszer liegendes Eisz mit Achens nicht nach dem Rhein hat fahren Können.

 

Darauf hat dasz Eisz im Rhein den 18 ten sich wiederümb in etwa beweget aber alsbaldt sich wieder gesetzet, dergestalt auffgelauffen, dasz es bis morgens bisz an die Tannen bäume in unserem Blumengärten gestanden und des Mittags umb 4 Uhr schon auf der Thürschwellen gekommen, und so starck über die strasze nach dem Kirchhoff getrieben

 

als wan es ein starcker Flusz gewesen

 

und kein einziges Hausz am Kichhoffe Vom Waszer befreyet geblieben als des pastoris, wie dan auch noch eine kleine Blösze zur rechten am Thurm Kirchthür, aber hernach nicht über eine Stunde hat es dasz Feuer in unsere hinter Küche ausgelauffen doch dasz übrige des Hauszes bis dato noch frey geblieben , worauf wir uns nach oben retirieret, und es hat im feld hin und wieder und auf dem Werthäuszer Felde so starck mit Eisz getrieben dasz es alle apfel Bäume in Möhlen Bungardt  (=Obstgarten des Herrn  Möhlen ) und anderwertlich wie auch Schürmans Reywandt umgeslahen, welches ein grausames Krachen und hülfe rufen verursachet; eodem dato des abendts um 7 ühr fing das waszer an wieder zu weichen, und damit bis den 19 ten Marty des morgens continuiret, so dasz ein Fusz Kleiner, aber diese angenemme erblickung  daurte nicht lange, sonderen fing mit einem umb 9 uhr stracken plack Schnee wieder an zu schwellen, da es die Vorige nacht  balddt ausz dem Westen bald ausz dem Norben stürmgewehet und derwegen gehoffent, dasz dasz Eisz im Rhein dadurch gebrochen, und im gange gekommen sein, doch Vergebens weilen es annoch unbeweglich stehet, deme ungeachtet aber hat das Waszer am eben bemelten tage ümb 2 ühr wiederumb zu fallen angefangen, und am 20 Marty wiederumb gewachsen, so dasz kein facit mehr darauf zu machen, so lange das Eiszannoch im Rhein stehen Bleibet, am 20 ten des Abends bewegte sich dasz Eisz wiedrumb etwas obenwerts aber zu Homberg  blieb es unbewegich stehen, und fing des nachts zwischen den 20 te und den 21 dergestalt aufzukaufen dasz es uns hals über Kopf nach oben retieriren musten, und lief einem athem beynahe Bisz an die Zweyten staffel von untenwerts an die Treppe da es dan vor diesmahl gesetztet halte gemacht. Des nachts aber Zwischen den 21. und 22 ten Marty ist dier anangenehme Eiszgast nachdem er sich den 26 des lauffenden Jahrs zum Zweyten mahl gesetztet und also 7 Wochen 6 Tage nach einander gestanden, wie ein dieb in der Nacht hinweg geschlichen.

 

Nachdem alle Winter Früchten auszgenommen hie und da ein Stück roggen theils verfrohren theils ertruncken und hin und wieder im Felde in den Werden (=Inseln), und auf die gansze Werthäuszer Weide

 

Häuser hohe Eiszhauffen

 

worunter sich Eisz befunden  welches 3 Fusz weniger einen Daumen ( = ca. 90 - 100 cm) Dick gewesen hinterlasen. Dabey da dasz Waszer Zwey löcher im Asterlagischen und Eins im Eszenberger Teiche ( = Deiche) getrieben welches letzte so tief dasz da dasz Waszer im Rhein mit dem im Felde gleich gewesen noch 13 Fusz Waszer gehabt  wie auch der teich (= Deich) an die Fischer hätte dem lande gleich getrieben, und hin und wieder an die teiche  äckern und Werden äpfel und Wieden Bäume und Heggen beynahe eines menschen leben unersetzlichen schaden gethan, geich solches der pastorey Werth  auch leider erfahren hat, indem es alle Hegen nieder geschmissen, und hinten am Rhein sieben reyen von mich gepflanzte wieden Bäume so breit alsz das ohrt, auszgenommen Sechs dicke so Von mich nicht gepflanztet und wohl 70 und mehr Jahr gestanden, wie auch vor an die Werthäuser Weyde alle Bäume abgestochen, alsz wans mit einem Messer geschehen. wobey annoch zu merkcen, das

 

dasz Waszer zu Friemeursheimb und Bleersheim noch viel größer

 

gleich mir Von glaubhafften leuthe alsz Arndt Berns und andere erzehlet noch 1 1/2 Fusz Höher, als das grosze Eiszwasser 1738, allhie aber zu Emmerich ungefehr 1 1/2 Fusz Kleiner gewesen; und ist also dasz Erdreich in hiesiger und anderen gegenden Zum Theil Zur allgemeinen Freude der menschen, dem alerhöchsten seye gedancket Vom Waszer Befreyet Worden, ein solches habe ich Past: ( -or ) Loci ( Ortspfarrer) der Späteren nchwelt nicht alein zum andencken, sondern auch zur Warnung; damit ein jeder Bey Zufrierung des Rheins desto mehr auf seiner Hütt stehen notieren Wollen."  (*) 

(* ) Der Text ist nicht in der Handschrift des Pfarrers Eysden im Consitorialbuch eingetragen, stammt aber wahrscheinlich dennoch von jenem.

Vermutlich ist der Eintrag eine Abschrift des Schulmeisters gewesen sein, der eine leserlichere Handschrift besaß, als der Kirchenmann.

 

Der Text endet hier, nicht aber die Not dieser Menschen. Diese setzt sich in Form der folgenden Hungersnot des Jahres 1740 fort.

 

Dem Hungerjahr 1740 ist eine separate Unterseite gewidmet .