1366 - Der Niedergang des Hauses Friemersheim

 

 

Im Jahr 1366 endete das Lehen der Herren von Friemersheim und dieser Werdener Besitz wurde von den Grafen von Moers vollständig übernommen.

 

Wird über das Entstehen der Grafschaft Moers etwas gesagt oder geschrieben, dann sind es in der Regel zwei Aspekte, die als maßgeblich angeführt werden. Beide Aspekte sind zwar offenkundig im Kern richtig, betreffen aber das Entstehen der Grafschaft im Prinzip nur am Rande. 

 

Butendorp

 

 

 

 

 

Nach derzeitigem Stand der Kenntnis und der Überlieferung nach fand die erste Besiedlung des heutigen  Moers außerhalb des später entstandenen heutigen Stadtkerns statt. Ein nördlich davon auf einer Donk gelegener Dorfkern gilt als Keimzelle der Stadt Moers

 

Die außerhalb des eigentlichen Stadtkerngebietes von Moers gemachten archäologischen Funde, die eine weit frühere Besiedlung belegen und die teilweise bereits in der Stein- Bronze- und Eisenzeit stattgefunden haben, sind nicht das hier behandelte Thema. (Asberg, Hülsdonk, Vennikel, Lauersfort, Repelen)

Die Wurzeln der Grafschaft lägen in Friemersheim

 

Nicht strittig ist es, dass der größte Teil des Gebietes, das später zur Grafschaft Moers heranwachsen sollte, ehemaliges Territorium der Herren von Friemersheim gewesen ist. 

 

Dieses Territorium , das sich im Eigentum der Herren von Friemersheim befand, ging diesem Geschlecht, anscheinend wegen eines geringen Geschicks in finanziellen Angelegenheiten verloren und wurde von den Grafen von Moers ihrem eigenen Besitz einverleibt.

 

Ob die Misswirtschaft der Friemersheimer Herren tatsächlich der Grund für den erlittenen Verlust darstellt, diese Frage wird hier erstmalig aufgeworfen und ans Ende dieser Ausführungen gestellt.


 

Die Aussagen zur teilweise territorialen Übereinstimmung der Herrlichkeit Friemersheim und der Grafschaft Moers sind zwar richtig, haben selbstverständlich ihre Berechtigung, erklären jedoch keineswegs das Entstehen der Grafschaft Moers.

 

Um zu begreifen, was mit dem Adelsgeschlecht "Herren von Friemersheim"

geschehen ist, muss man sich zwangsläufig erst einmal mit dem Antagonisten

und Quasi-Nachfolgerhaus, dem Grafenhaus "von Moers" beschäftigen:

 

1.

 

Die Geschichte um das Butendorf hat mit der Besiedlungshistorie zu tun, nichts aber offenbar mit dem Entstehen der Grafendynastie Moers. Die Grafen von Moers waren keine ortsansässigen Personen, die aus einer Sippe einer Großbauernschaft heraus zum Grafengeschlecht aufstiegen. Diese Grafen kamen ursprünglich aus einer ganz anderen Gegend und haben sukzessive ihren Besitz zu dem ausgeweitet, was dann zur Grafschaft Moers wurde.

 

 2.

 

Dass der größte Teil der späteren Grafschaft auf die Vorgänger-Besitzerschaft der Herren von Friemersheim zurückzuführen ist, erklärt ebenfalls nicht die Dynastie, die (nach heutigen Wissensstand) von Dietrich I. von Moers begründet wurde. Das Wissen darum beschreibt nur die Besitzverhältnisse des hier beschriebenen Raumes vor der Zeit der Grafen von Moers und der Zeit, bis zum Übergang des Besitztums in die Hände der moersischen Grafen.

 

Die Wurzeln und Voraussetzungen für das Etablieren der Grafen von Moers liegen in viel tieferen und recht komplexen Ebenen der Geschichte.


 

Der historische Verein für den Niederrhein publizierte die Rezension zur o. g. Schrift im Jahrbuch 1950/51. (*2) Der Rezensent, J. Ramakers aus Brand bei Aachen widmete sich dem  oben beschriebene Werk und schuf einen Verriss in einer Gründlichkeit, wie er im Wissenschaftsbetrieb nur selten anzutreffen ist. In seiner eigenen Ausarbeitung machte auf gründliche Weise auf die gesellschaftlichen, kirchlichen, herrschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen aufmerksam, die - seiner Ansicht nach - im rezensierten Werk nicht richtig, nicht vollständig oder erst gar nicht thematisiert wurden. 

 

 

 

(*2) Annalen des historischen Vereins für den Niederrhen, Heft 149/50 Verlag Schwab Düsseldorf, Seite 285

 

Die Ausführungen der Rezension werden hier, bei den vorliegenden Beschreibungen weder zitiert, noch sinngemäß wiedergegeben. 

 

Die hier nun folgenden  Aussagen bauen lediglich auf einigen Aspekten aus der Rezension auf, führen diese im Prinzip dort einige Schritte weiter darüber hinaus, wo es um die Thematik der Grafschaft Moers geht.  Dieser Text basiert auf eigenen Kenntnissen und Recherchen, insbesondere aber auf den Schlussfolgerungen, die sich aus den Befunden zu einem logisch konsistenten Bild zusammenfügen lassen.

 

Im Jahr 1939 erschien eine Publikation mit dem Titel:

 

"Der Niederrheinische Raum, seine geschichtliche Gestaltung im Lebenskreis von Mensch und Boden bis zur Zeit Ottos des Großen". (*1)

 

Diese Schrift liegt dem Autor dieser Seite zwar leider nicht vor, dessen Rezension allerdings schon, die sehr aufschlussreich ist.

 

Verfasst wurde diese Schrift von Frau Elisabeth Thiemann und stellt als Grundlage für das Entstehen der Grafschaft Moers die geologischen Veränderungen des niederrheinischen Raumes , die zur Zeit der ersten Jahrtausendwende stattgefunden haben, ins Zentrum der Überlegungen. Andere maßgebliche Voraussetzungen blieben offenbar (der Rezession zufolge) in dieser Schrift am Rande - und das wohl anscheinend nur recht oberflächlich oder gar falsch- behandelt. 

 

***

 

Es steht außerhalb allen Zweifels, dass die Rheinverlagerung, die um das Jahr 1.000 stattfand, eine der Voraussetzungen dafür gewesen ist, dass später einmal die Grafschaft Moers entstehen konnte. Die Rezension gibt leider keine Auskunft darüber, ob die Autorin auch die geologischen Veränderungen intendiert hatte, die nicht von der Rheinverlagerung ausgingen, sondern auch die, die auf menschliches Einwirken der geologischen Verfassung dieses Raumes zurückzuführen sind. (Rodungen , Trockenlegungen und Eindeichungen). Doch das ist an dieser Stelle nicht so relevant, denn es ist klar, dass die Besiedlungsfähigkeit des Raumes der Grafschaft Moers in unabdingbarer Weise damit verknüpft gewesen sein muss, gleichgültig, ob es (auch) Thema dieser Schrift gewesen ist, oder nicht.

 

Das Urbarmachen der Gebiete, die besiedelt und beackert werden sollten, wird zumeist nur mit dem Roden der (Ur-) Wälder in Verbindung gebracht, die sich hier am linken Niederrhein befunden haben. Von mindestens gleich großer Bedeutung war jedoch das Trockenlegen dieses, über riesige Teile nur morastigen Grundes. Die frühen Siedler legten offenbar schon vor dieser ersten Jahrtausendwende unzählige Kanäle zur Entwässerung an und in vielen Fällen geschah dieses in Tateinheit mit der Anlage von Wehrgräben, die rund um die eigenen Gehöfte angelegt wurden. (Hufenhof in Repelen, Paschenhof in Repelen, Wolfskuhlen in Budberg, Averdunks- und Winkelshof in Neukirchen und viele andere mehr)

 

Wollte man dort siedeln und wirtschaften, dann war das bei den Höfen, die nicht auf Donken oder Terassen lagen, ohne diese vorbereitenden Arbeiten schlicht nicht möglich. 

 

Hofanlagen, die auf diese Vorarbeiten nicht angewiesen waren und die schon vor dem hier behandelten Zeitraum existierten, gab es nachweislich auch schon und einige Beschreibungen dazu finden sich in römischen Quellen.

 

(*1 Das Reich und Mitteleuropa, Hrsg. von Martin Spahn, Band 5) F. Dümmler, Bonn und Berlin 1939, VII 150 S)


 

  Kloster Werden 1581 (Bildquelle Wikipedia)

 

 

 

Moerser Schloss

 

Bildquelle: Wikipedia

Motte Burg Wohldenberg

 

Bildquelle: www,alle Burgen 



Über die Herkunft der Grafen von Moers erteilt die Unterseite "Die Abstammung des Grafen" Auskunft.

 

 


 

Ein solches Projekt, wie das Errichten einer Burganlage, das der Nachfolger des Dietrich, Herr von Moers (*1160) aus dem Haus Vianden-Salm initiiert hat, verschlang riesige Summen. Das gilt selbstverständlich auch für den Umstand, dass es sich beim ursprünglichen Wehrbau der Burg in Moers, lediglich um einen einzelnen Wehrturm (Motte) gehandelt hat. Untersuchungen am Moerser Schloss ergaben ein Baumaterial aus Tuffstein, das aus dem Eifeler Raum herbeigeschafft werden musste.  Die Kosten für das Baumaterial, für dessen Transport, für dessen bauliche Verarbeitung zum Wehrturm und auch die Aufwendungen für die anderen baulichen Gewerke bei der später entstandenen Burg, wie z. B. Zimmermannsarbeiten waren für jemanden, der erst noch über das erteilte Lehen ein Vermögen zu erwirtschaften hatte, nicht finanzierbar. Auch das Aufschütten des Geländes zum Mottenhügel, das da in unmittelbarer Nachbarschaft zum Moersbach gelegenen unabdingbar war, um nicht zum sumpfigen Gelände den Wehrturm zu versenken, ist gewiss eine aufwändige Arbeit gewesen. Dabei wird es so gewesen sein, dass der neue Graf von Moers auf Frondienste seiner Untertanen zurückgreifen konnte und damit für einen großen Teil der Arbeiten keinen finanziellen Aufwand gehabt hat. Die Beschaffungs- und Transportkosten alleine schon überforderte auf jeden Fall einen jeglichen normalen bäuerlichen finanziellen Haushalt, so dass ein ortsansässiger Bauer als Bauherr definitiv nicht in Frage kommt.

 

Völlig klar ist, dass der Erbauer der Burg, bzw. Motte Moers, auf hoheitliche Weisungsbefugnisse gegenüber der moersischen Bevölkerung zurückgreifen hat können müssen. Nicht anders, als zuvor schon geltende Weisungsbefugnisse kommen dafür infrage. Die Inanspruchnahme von Frondiensten der dortigen Einwohnerschaft durch einen Hinzukömmling, der nicht mit einer entsprechenden hoheitlichen Ermächtigung dazu ausgestattet war, ist undenkbar, da es in der Konkurrenz zu den Diensten des amtierenden Lehensherren gestanden hätte, der zuvor dieses Gebiet als sein Eigen betrachtete und die Rechte und Möglichkeiten des schon vorhandenen Lehensherren beschnitten hätte. Gleiches gilt für das ausgeübte Recht der Errichtung einer Wehranlage in Moers:

 

Das Burgbaurecht

 

Bereits im fränkisch-merowingisch-karolingischem Recht und auch noch in der ottonischen und staufischen Zeit des Reiches war es nicht ohne Weiteres möglich, eine Wehranlage zu errichten. Dazu bedurfte es zwingend der Zustimmung des jeweiligen Herrschers.

 

 

Gegen den Willen des amtierenden Herrschers war das Errichten von Wehrbauten unmöglich. Da es nach dem Investiturstreit zu einer indifferenten Lage des königlichen Hoheitsrechts gekommen war, bestand im Prinzip in der Zeit des Entstehens der Moerser Burg kein wirksames königliches Vetorecht. 

 

Aber es gab in jener Zeit ein am Niederrhein geltendes hoheitliches Recht, das über weite Teile durch die Erzbischöfe von Köln ausgeübt wurden. In die Zeit des Interregnums fällt auch die Amtszeit des Erzbischofs Konrad von Hochstaden, der eine ganz wesentlich Rolle bei Werden der Grafschaft Moers und dem simultanen Niedergang des Hauses "Herren von Friemersheim" inne hatte. In eben genau diese Zeit fällt auch die Entstehungszeit der Moerser Burganlage als Nachfolgebau der Motte. Das Plazet zum Bau der Burg wurde zweifellos von Konrad von Hochstaden, dem Vetter des Burgerbauers Dietriech I. von Moers erteilt. Vieles spricht dafür, dass jener Konrad sogar der Initiator des Baus war, da er nachweislich den Burgenbau im Erzbistum vorantrieb und sein besonderes Augenmerk auch diesem Gebiet, südlich des Herzogtums Kleve widmete. Das ist bemerkenswert, denn der Baugrund lag in einem Gebiet, das zwar kirchlich dem Bischof von Köln unterstand, nicht jedoch in weltlicher Art. Auf diese Besonderheit ist also hier einzugehen.

 

Konrad von Hochstaden, der Erzbischof, war, wie eine genealogische Untersuchung zutage förderte, ein Cousin des ersten bekannten Moerser Grafen Dietrich/ Theoderich I. Dieser  Dietrich I. Graf von Moers war wiederum der Sohn des Dietrich von Moers, der dem Haus Vianden-Salm entsprungen war. Der Erzbischof Konrad, der in der Zeit des Interregnums der mächtigste Mann des Reiches war, besaß soviel Machtfülle, dass er es war, der die Könige jener Zeit, zu denen auch Gegenkönige den gleichen Machtanspruch besaßen, auf den Thron verhalf. 

 

Die Könige, bzw. Gegenkönige Heinrich Raspe (Regentschaft 1246-47) und Wilhelm von Holland (1248-1254) waren gewissermaßen Könige von Konrads Gnaden. Und, man darf sich nicht wundern, mehr oder weniger entfernte Verwandte des Erzbischofs Konrad. (Und damit zugleich auch Verwandte des Grafen Theoderich = Dietrich von Moers). Es kann getrost davon ausgegangen werden, dass die Ausweitung des Moerser Gebietes und das Schrumpfen und letztendliche Verschwinden der Herrlichkeit Friemersheim maßgeblich auf das Wirken des Erzbischofs und "seiner" Könige zurückzuführen ist. 

 

Der Kölner Erzbischof hatte als kirchliche Oberhoheit des Kölner Erzbischofsstuhl über das Kloster Werden erhebliche Machtbefugnisse theologischer Art und auch schon vor der Zeit von Konrad von Hochstaden die weltliche Macht über das Kloster Werden, Lehensgeber der Herrlichkeit Friemersheim, beträchtlich ausgebaut. 

Da also die machtpolitischen Instrumente vorhanden waren, nahm der Bischofssitz in Köln auch Einfluss. Dieser Einfluss wird an vielen Stellen der Urkundenbücher von Hermann Keussen und von Josef Theodor Lacomblet deutlich. Besonders auffällig ist dieses für den hier beschriebenen Bereich Moers/Friemersheim festzustellen.

 

Zu den Begünstigten dieser machtpolitischen Einflussnahmemöglichkeiten des Kölner Bischofsstuhls auf das Kloster Werden wurde eben in erheblichen Ausmaß das Grafengeschlecht derer von Moers. Leidtragende hingegen waren für das, was den Moerser Grafen zufloss, das Adelsgeschlecht von Friemersheim. Dieses lässt sich deutlich aus den vorhandenen Urkunden deutlich herauslesen aus der Zeit von Konrad von Hochstaden, aber auch aus der Zeit seiner Vorgänger und Nachfolger.

 

Auffällig bei diesen Episoden aus der Zeit des Konrad von Hochstaden ist im Übrigen das Wirken des Grafenhauses "von Budberg", das eine erhebliche administrative Rolle dabei gespielt hat. Damit ergibt sich (unter großen Vorbehalten des Nachweises) eine familiäre Verbindung des Seitenbetreibers zu diesen Vorkommnissen, da mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das Haus Budberg (Hohenbudberg) zur Sippe des Seitenbetreibers gehört haben könnte. Auf die Rolle des Hauses "von Budberg" ist an gesonderter Stelle einzugehen.

  

 

Zur Geschichte des Hauses Budberg, von dem sich ein Zweig abspaltete, sich dann "Kerlen" nannte und offenbar später in den Ortsteil Atrop der heutigen Stadt Rheinhausen verzog, existieren zwei weitere Unterseiten:



Der Werdener Abt aus Moers ?


 

 

Im Kloster Werden hatte Graf Wilhelm I. Graf von Moers die Möglichkeit des Zugriffs auf die Akten der Urbaren des Klosters. Ebenso bestand die Zugriffsmöglichkeit auf die Schenkungsurkunde, die den Herrschaftsbezirk der Herren von Friemersheim als Besitzung des Klosters Werden auswies. 

 

Die Historiker sind sich sicher, dass die "Friemersheimer Schenkung", die Karl der Große auf dem Werthschen Hof vollzogen haben soll, nicht stattgefunden hat und die dazu ausgestellte Urkunde eine Fälschung ist. Doch dieser Umstand ist für unsere Belange hier irrelevant, denn die Schenkung (ob im Jahr 799 rechtskräftig stattgefunden, oder nicht) hat letzten Endes doch eine Rechtskraft erlangt. Dieses geschah mit der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Besitzverhältnisse durch König Zwentibold, der als König von Lothringen (Ober- und Niederlothringen, also auch für Friemersheimer und Moerser) bestätigte. Zu der Originalität dieser Bestätigung herrscht kein Zweifel. König Zweintibold war mit den Häusern Vianden und Salm (nicht in der Blutlinie) verbunden.

 

In einer Reihe von Publikationen ist der Umgang mit dieser Schenkung im Kloster Werden dargestellt. Stellvertretend für alle diese Beschreibungen und besonders aussagekräftig ist die Ausarbeitung von Doris Ricken, die unter dem folgenden Link nachzulesen ist.

Dort ist dargestellt, dass das, was da als Schenkung dem Kloster Werden zugeflossen ist, im Kloster nicht als Monoblock verwaltet wurde. Die Besitzungen des Klosters und damit auch der Inhalt der "Schenkung" wurde nicht als ein einheitlich zu betrachtendes Gebilde verwaltet, sondern war inzwischen in zwei unterschiedliche Einheiten aufgeteilt worden.

 

Der eine Teil war die Besitzung des Klosters selbst und der andere verstand sich als sogenanntes "Abtsgut". Zum Letzgenannten gehörte dann die Besitzung Friemersheim. Diese Differenzierung fand bereits im 10. Jahrhundert statt und die Interpretation über die damit verbundenen Rechte ließ offenbar einigen Spielraum. Ob sich aus der Begrifflichkeit "Abtsgut" lediglich ein "Nießbrauchrecht" (Nutzungsrecht) oder gar ein Besitzrecht ableiten lässt, ist an dieser Stelle nicht zu klären. In der Praxis wird diese Frage üblicherweise auch keine Rolle gespielt haben, da die Ausübung eines Besitzrechtes in Form eines Vererbens oder Weitergebens ja deshalb nicht stattfand, weil Äbte das Amt der Klosterleitung im allgemeinen nicht abgaben, sondern bis zu ihrem Lebensende innehatten. Nachfolgende Lehensherren wurden dann die Abtnachfolger. So hat es sich auch im Fall von Wilhelm I. von Moers auch für das Kloster Werden verhalten, der offenkundig in Werden verstarb. Jedoch für Moers galt irgend etwas anderes, da dieses Gebiet nach seinem Tod einen neuen Besitzer aufwies.

 

Es standen sich nunmehr die Interessen des Hauses der Herren von Friemersheim und die Interessen der Moerser Grafen gegenüber. Letztere begnügten zunächst sich mit dem kleinen Bezirk "Moers", jedoch bestimmt nicht ohne weitere Ambitionen.  Berichte darüber, dass dieser Interessenkonflikt zu einer Auseinandersetzung geführt hat, sind nirgends verzeichnet. Und das muss eigentlich erstaunen.

  

 

Doch wer war denn nun dieser geheimnisvolle Wilhelm I. von Moers, der als Abt in Werden fungierte:

 

Kam er aus Moers?

 

Mit der wünschenswerten letzten Sicherheit lassen sich diese Fragen leider nicht beantworten, doch es gibt sehr plausible und monokausale Annahmen.

 

Mit dem Errichten der Motte als erste Wehranlage in der Nähe des "Buitederps" entstand um das 1200 ein erstes neues Herrschaftssymbol für eben eine - in Moers neu vorzufindende Herrschaftssippe. 

Diese Motte war gewissermaßen der Grundstein für den Niedergang des Hauses Friemersheim.

 

Die Familie von Vianden - von Salm hatte einen Sohn, der 1160 geboren wurde und den Namen Dietrich "Herr" von Moers getragen hat. In Moers hat jener aber offenbar nicht gelebt. Doch mit größter Wahrscheinlichkeit zeichnet er verantwortlich für den Bau der ersten Wehranlage "Motte" in Moers. Damit bestand ein Verwaltungsbedürfnis dieser Besitzung "Moers". Es ist einigermaßen plausibel, dass es dann eben jener Wilhelm I. von Moers war, der diese Aufgabe übertragen bekommen hat. Moers könnte aus den Besitzungen des Klosters Werden herausgelöst worden und der Familie Vianden-Salm überlassen worden sein.

 

Um etwas konkreter zu machen: Alles spricht dafür, dass dieses genau so geschehen ist. 

 

Wilhelm I. von Moers ist offenbar überhaupt nicht der Sippe "von Moers" hinzuzurechnen, sondern erhielt diesen Titel "Graf von Moers" als Territoriumsverwalter eines neuen Besitztums  für den eigentlichen neuen Besitzer dieses Gebietes.

 

Das würde dann auch den ersten Teil der seltsamen Abfolge unterschiedlicher Adelsbezeichnungen erklären. 

Dietrich, Herr von Moers als Eigentümer und simultan dazu Wilhelm I. Graf von Moers als beauftragter Sachwalter, der dann als Abt in Werden, Moers eben als Graf verwaltete und dem Haus Vianden-Salm nicht als Familienangehöriger hinzuzurechnen ist. 

 

Moers, als Besitztum des Hauses Vianden-Salm, das ein neues! Eigentumsrecht an Moers besaß, hatte 

Dietrich von Moers, der eben nicht in Moers, sondern im Umfeld des Konrad von Hochstaden und auch schon dessen Vorgänger von Müllenark und von Berg (die allesamt miteinander näher oder entfernter verwandt waren)  zu finden war. Die ausgeprägte Kooperation des Dietrich, Herr von Moers (*1160) mit den Kölner Erzbischöfen  lässt sich deutlich aden vorhandenen Urkunden herauslesen. Die engste Verbindung zwischen dem Dietrich von Moers aus dem Haus Vianden-Salm, und einem der Erzbischöfe, war jedoch die, mit Konrad von Hochstaden, seine Cousin.

Jener, der Erzbischof verfügte auch über die eigene Besitzung "Buderg-Hohenbudberg", in der Nähe von Moers, wo er sich der Dienste der Angehörigen der Familie "von Budberg" sicher war und diese auch intensiv nutzte.

 

 

Die Besitznahme von Moers

 

 

Das Dorf Moers, das noch keinen bekannten eigenen Herrensitz besaß, geriet in den Fokus des Adelshauses Vianden-Salm als ein Gebiet, dass den Kindern Dietrich und Catharina als Erbe zugedacht wurde. Catharina, auch Karin genannt, geboren 1155, trug wie ihr Bruder Dietrich den Namenszusatz "von Moers, nahm die Möglichkeit, ihren mit-ererbten Besitz als Domizil zu nutzen, wohl nicht war, da sie den Ritter Wessel von Strünkede heiratete. Dietrich hingegen dürfte sich vorwiegend in Köln aufgehalten haben.

 

Auf welche Weise Moers zur Besitzung des Hauses Vianden-Salm kam, ist nicht konkret zu bstimmen, jedoch spricht ungeheuer viel dafür, dass der Onkel dieses Geschwisterpaars, Gerhard von Vianden die entscheidende Rolle bei dieser neuen Besitzvergabe gehabt hat. Als Abt des Klosters Prüm, also des Klosters, dass mit Karl dem Großen die Rolle der Verwaltung der Reichsgüter übernommen hatte, standen diesem die entsprechenden Möglichkeiten offen. In diesem Zusammenhang sind etliche Einträge in den Urkundenbüchern von Keussen und Lacomblet sehr interessant, da sie auf Flurbezeichnungen Bezug nehmen, die als "Königsland" genannt werden. Die hier gemeinten Urkunden betreffen dabei dann Areale, die im hier behandelten Bereich liegen und zum Gegenstand verschiedener Transaktionen wurden. Auch mehrere Rittergüter tragen den auffälligen Namen "Königshof", der ja eigentlich üblicherweise mehr im Sinne einer Residenz verwendet wird. Solches gilt beispielsweis auch für das Rittergut Haus Frohnenbruch in Hörstgen, das eine Reichsunmittelbarkeit innehatte. Auch Friemersheim ist als ein solcher in den Urkunden verzeichnet. 

 

 

Von welchem König ist also dann hier die Rede? 

 

Hier gab es keinen König, der hier residierte. 

 

Das, was hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verantwortlich ist, dass ist ein archaisches Besitztumsrecht aus uralter fränkischer Zeit, bevor sich das Zentrum des fränkischen Herrscherhauses vom Niederrhein in den Raum Eifel-Ardennen verlagerte, in dem dann u. a. Karl der Große, Mitte des 8. Jahrhunderts geboren wurde. Er, Karl der Große, als Nachfahr niederrheinisch-fränkischer Könige nahm von der Möglichkeit, königlichen Besitz, der damit auch Besitz des Reiches war, zu verschenken, beispielsweise auch bei der Werthschen Schenkung "Herrlichkeit Friemersheim) an das Kloster Werden. Und, selbst dann wenn es nicht Karl gewesen ist, wie die Historiker überzeugt sind, so ist es dann einer seiner Nachkommen gewesen, der über den Besitz des Reiches in Form einer Schenkung so verfügte, wie mit einem eigenen Besitz. Man kann wohl getrost davon ausgehen, dass man zu verschenken nur das in der Lage ist, was einem gehört.

 

Und diese Besitztümer des Reiches aus vorkarolingischer Zeit wurden in der Abtei Prüm, dem Gerhard von Vianden, dem Onkel von Dietrich (Theoderich) und Catharina von Moers vorstand, verwaltet. Es steht massiv zu vermuten, dass Gerhard von Vianden (*um 1124) diesen Eigentumswechsel für Moers vollzog. Als Sachwalter der Reichsgüter wird er vermutlich dieses Moers dem Haus seines Bruders Friedrich II. von Vianden (*um 1122) überlassen haben. Dass dieses Überlassen unentgeltlich geschah, ist eher unwahrscheinlich. Naheliegender ist es, dass das finanzstarke Haus Vianden-Salm die Besitzung aus dem Prümer Fundus käuflich erworben hat. Ob dabei der damals herrschende.  dabei eingebunden gewesen ist, ist nicht zu verifizieren, aber nicht unwahrscheinlich.

 

Doch da gab es ein Problem: 

 

Moers, lag im Bereich eines bereits von Karl dem Großen (oder von einem seiner Nachfolger) verschenken Gebietes "Herrlichkeit Friemersheim"und war damit ein Lehen des Klosters Werden. Es sei denn...

Moers gab es damals zwei mal! Das gilt auch heute noch. 

Es ist einmal das Moers, das dem Leser sofort in den Sinn kommt. Und es gibt das Moers, das als "Strommöers" bekannt ist. In den Urkunden taucht dieser Ort häufiger unter der Bezeichnung "Moers" auf und war zumindest in späterer Zeit einmal ein Lehen des Klosters Deutz. In der Zeit der Friemersheimer Schenkung befand sich diese Gut jedoch noch unter den Besitzungen des Klosters Prüm.

Was das dann für die Geschehnisse um den Erwerb von " Moers" zu bedeuten hat ist unklar. Zum Einen könnte es so geschehen sein, dass das Erbe, das die Geschwister Gerhard und Catharina von Moers aus dem Haus Vianden-Salm erhielten, aus diesem "Strommoers" bestanden hat und die Verlagerung des Stammsitzes des Hauses Moers in das "eigentliche Moers", so wie wir es kennen (in der Nähe des Buitenderps), erst im Rahmen des Ankaufs des Geländes vonstatten ging, der in der Urkunde '#72 von 1237 ging. 

 

"Abt Otto von Werden verkauft an Graf Dietrich von Moers und Friedrich von Moers die in Mörs gelegenen, zum Gut von Asterlo gehörenden Güter des Klosters , welche jährlich 4 Malter Weizen, 4 Malter Hafer und 20 Schillinge ertragen haben, für 37 Mark 6 Schillinge."

 

Dagegen spricht, dass bereits um 1200 dort eine Motte errichtet wurde. Diese wäre dann gegenbenfalls schon ein Baupropjekt der Herren von Friemersheim gewesen. Da die Wehranlage in dieser Urkunde unerwähnt ist. Vermutlich dürfte es sich um ein anderes Gebiet gehandelt haben und Teil der stetigen Expansion der Grafschaft durch Hinzukauf war. 

 

Was hingegen eindeutig ist, dass ist die Tatsache, dass dieser Verkauf auch wiederum die Ertragskraft des Hauses der Herren von Friemersheim geschwächt hat. 

 

Dem oben beschriebenen Denkmodell steht ein anderes gegenüber, das als wahrscheinlicher zu gelten hat und gewissermaßen ein Spiegelbild des ersten ist: Das, was da nach den Unterlagen der Friemrsheimer Schenkung als "Moers" bezeichnet ist, war - so zumindest bei der Inbesitznahme von Moers durch die Familie Vianden-Salm", als Strommoers angesehen worden und das, was heute als Moers bezeichnet wird, existierte in diesem Sinne überhaupt noch nicht (oder war unter einer anderen Bezeichnung Inhalt der Schenkung - mache Ortsangaben in der Urkunde sind bis heute unentschlüsselt) bis es zu diesem Eigentumsübertrag kam. 

 

Diese vielleicht etwas seltsame Theorie ist dabei im Licht der geologischen Veränderung zu betrachten, auf die eingangs bereits umfangreich eigegangen wurde. Dieses hier als "präexistente Land", das seine Besiedungsfähigkeit erst nach der Zeit Karls des Großen (im Rahmen der Rheinverlagerung) aufwies, konnte (bis auf die Donk Buitenderp, das mit Sicherheit zu Zeiten Karls des Großen einen anderen Namen getragen haben muß!) demnach nicht Bestandteil der Schenkung gewesen sein. Diese Schenkung bestand nicht aus Orten, so wie sie heute zu verstehen sind, sondern aus Einzelgehöften und den damit verbundenen Ländereien, die subsummiert auch unter den "Sammel"-Begriffen "Suafheim", "Astarlohon" u. a. firmierten.  Ob sich dann erst der Ort "Moers", wegen der Anrainerschaft zur Moerse entwickelte, ist selbstverständlich nicht mehr zu verifizieren. Doch eben genau dafür spricht sehr Vieles. 

 

Wie auch immer - auf irgend eine Weise sind zweifelsfrei die Grafen von Moers in den Besitz von Moers gelangt und dieses, ohne in Konflikt mit dem dort schon vorhandenen Lehensnehmern den "Herren von Friemersheim" in Konflikt zu geraten. Die Frage, wie das geschehen ist, ist letztlich sekundär. Wichtig ist hingegen diese völlig - gegen alle Erwartungen sprechende - Konfliktfreiheit, die irgendeine Ursache gehabt haben muss, die zweifelsfrei durch das Wirken einer "hoheitlichen Kraft" hergestellt wurde, die über den hier involvierten Parteien anzusiedeln ist! Nicht nur bei den Lehensnehmern aus Friemersheim, sondern auf der Seite des Lehensgeber "Kloster" werden hätte es ansonsten zwingend -vorsichtig ausgedrückt - Proteste gegen diese Neu-Ansiedlung geben müssen! Wo diese vielleicht auszumachen sein könnten, wurde beschrieben, aber es gibt dabei auch noch andere Denkvarianten, auf die man an dieser Stelle nicht weiter spekulativ eingehen muss.

 

 Mehr über Friemersheim ist übrigens zu erfahren über den folgenden Link:

 

                    DAS ALTE FRIEMERSHEIM

 

Die anderen Ortschaften der Schenkung waren in ihrer Größe zu unbedeutend. Lediglich Moers, und an dieser Stelle ist das Dorf Moers gemeint, das man dann später Buitenderp nannte, ist offenkundig von einer gewissen Bedeutung und Anziehungskraft gewesen. Immerhin lag Moers an einem damals noch schiffbaren Gewässer (Moerse) und darüber hinaus ist mit einer verhältnismäßig großen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich schon zu Zeiten von Wilhelm I., Graf von Moers, sich dort eine Kirche befunden hat. Über die Entstehungszeit der Kirche im Dorf Moers ist leider nichts bekannt, es ist jedoch nicht ganz so unwahrscheinlich, dass sie nur unwesentlich später entstand, als die Repelener Kirche (7. Jahrhundert). Die römisch-katholische Kirche hatte im hier behandelten Raum recht früh Fuß gefasst, was wiederum mit dem vorherigen Vorhandensein des römischen Kastells im benachbarten Asberg in Verbindung zu bringen ist. 

 

Sollte sich bereits zu der Zeit, in der Wilhelm I. in Werden als Abt residierte, in Moers eine Kirche befunden haben, so würde sich neben den soeben beschriebenen Aspekten auch noch ein klerikaler Bezug zwischen dem Kloster Werden und dem Buitenderp Moers ergeben.

 

***

 

Faktum ist, dass es in jener Zeit einer für alle sichtbare Präsenz am beanspruchten Ort bedurfte. Diese bestand in jener Zeit durch das Vorhandensein einer Burg oder anderen Wehranlage. Das war nicht nur ein Bauwerk mit der entsprechenden Funktion, sondern ganz maßgeblich ein Bauwerk mit der entsprechenden Symbolkraft zur Besitzerschaft. Ohne eine deutlich sichtbare Verteidigungsbereitschaft des besessenen Gebietes war ein Besitzanspruch nicht zu demonstrieren und zu bewahren.

 

Ein Faktum ist es auch, dass die Verbindungen, die zwischen dem Kloster Werden und Moers existierten, von einer vorzüglichen Güte gewesen sein müssen. Die Inanspruchnahme von Moers durch das Moerser Grafengeschlecht, obwohl es sich um einen Besitz des Klosters (der Aufteilung der Werthschen Schenkung nach zufolge) selbst gehandelt haben müsste, hatten sich keineswegs zu einer Verschlechterung des Verhältnisses der Protagonisten zueinander geführt (s. o). Im Gegenteil ! 

 

Noch fast 30 Jahre nach dem Tod des Abtes Wilhelm I. und damit dem Ende seiner Einflussnahmemöglichkeiten kam es zu dem oben beschriebenen Verkauf von einigen Gütern aus dem Besitz des Klosters an das Moerser Grafengeschlecht.  Präziser ausgedrückt heißt das, dass diese Güter von da an nicht mehr "Eigentum" des Klosters waren und dass die Grafen von Moers fortan selbst  als Lehensgeber fungierten. Der kontinuierliche Gebietszuwachs, den die Moerser betrieben, spricht eine deutliche Sprache nicht nur über das einander zugewandte Verhältnis des Klosters zum neuen niederrheinischen Grafenhaus, sondern auch über die finanzielle Verfassung der Moerser. Aus der mickrigen Grafschaft ausreichend Mittel zu generieren, um die bemerkenswerte Ausweitung der Besitzungen zu finanzieren, wirkt sehr eigenartig und wenig überzeugend, wenn nicht auf Mittel aus anderen Quellen zurückgegriffen werden konnte. Diese dürften in der wirtschaftlichen Potenz des Ursprungshauses Hauses Vianden auszumachen sein.

 

Kurzum, die Frühgeschichte der Grafschaft weist eine ganze Reihe von Eigenartigkeiten auf, die nach einer Erklärung verlangen. 

 

 

Wappen der Stadt Moers

 

Bildquelle: Wikipedia



 

Das Wappen von Vianden

(Bildquelle: de.accademic.ru)


 

Bei den Wappen der Grafen ist der brabantische Löwe nicht Bestandteil, im Gegensatz zu den Wappen der beiden Grafschaften, bei denen auf beiden der Löwe vorhanden ist. 

 

Was wir auf dem Moerser Wappen neben den Farbbändern sehen, das ist das Sinnbild der Motte in Moers, die auf den Anfang der Neu-Gründung einer Grafschaft der Moerser Besitzung verweist.

 


Der Friemersheimer Schwund

 

Während die Grafen in Moers kontinuierlich ihre Gebiete und Besitzungen ausbauten und vermehrten, litten die Junker von Friemersheim offenbar zumeist unter Finanzknappheit. Von diesen Schwierigkeiten erfahren wir, dass sie verhältnismäßig kurz nach dem Ableben des Abtes Wilhelm I. recht heikel wurden. Die Friemersheimer Edelherren waren, wie die Grafen von Moers (dort zumindest seit 1288) Lehensnehmer. Doch diese waren in Lehensabhängigkeit vom Kloster Werden und die Moerser, wie mehrfach erwähnt, nicht. Nun sind Vergleiche zu den Konditionen der Lehen im Prinzip unmöglich, doch festzuhalten ist, dass der Fronhof Friemersheim und der Borgsche Hof schon früh in Verzug bei der Leistung gegenüber dem Klosters Werden gerieten. Die Moerser Grafen hatten hingegen ausreichend Mittel, gegen Pfandgabe Beträge an die Nachbarn aus Friersheim zu verleihen. Dokumente über die Problemsituationen in Friemersheim sind für die Jahre 1285 und 1344 überliefert. 1350 und 1360 prozessierte sogar der dann amtierende  Abt von Werden gegen Friemersheim wegen nicht beglichener Schulden des Hofes Asterlagen, das zum Friemersheimer Fronhofsbezirk gehörte. 

 

Den traurigen Höhepunkt (und für die Grafen in Moers glücklichen Zeitpunkt) erreichte das Haus Friemersheim im Jahr 1366, als das Lehen Friemersheim von den Grafen von Moers übernommen wurde.

 

Vorangegangen war schon der Verkauf des Schlosses Lauersfort an die Moerser Grafen. Aus Geldnot verkauften die Friemersheimer zuvor auch schon Armbrüste, Betten und die Brauausrüstung des Friemersheimer Schlosses ( Werthscher Hof ). Die Käufer waren ? Man ahnt es schon - Die Grafen in Moers.

 

Für die Friemersheimer endete die Landeshoheit 1392 mit dem Verkauf des Erbrechtes an die Moerser Grafen.   (*3, Link zur Quelle)

 

Man muss aufgrund der Akten- und Urkundelage davon ausgehen, dass weniger eine tatsächliche  Unfähigkeit der Friemersheimer Herren in Geldangelegenheiten die Ursache dafür gewesen ist, dass sie ihre Besitzungen verloren, als ein methodisches Vorgehen in Sachen Ruinieren der Friemersheimer durch das Werdener Kloster, um die Grafen von Moers zu begünstigen. Die Affinität zwischen Köln und (damit auch des Werdener Klosters) und Moers auf der einen Seite  ist doch recht deutlich. 

 

Vielleicht ist das wohlwollende Verhältnis zwischen dem Kloster Werden und dem Erzbistum als ein strategisches Unterfangen zu verstehen, mit dem sich das Erzbistum der benachbarten und für die Klosterbesitzungen von Werden bedrohliche Nachbarschaft der Grafen von Berg und von der Mark erwehrte. Latent und durch Urkunden belegbar, bestand die Gefahr, dass sich die Grafschaft Berg oder die Grafschaft Mark, sich des Klosters bemächtigten, das sich in der rechtsrheinischen Diaspora befand und damit einmal mehr das Machtgefüge auf den linksrheinschen Raum in Form der Friemersheimer Lehen des Klosters ausweiteten.  Mit dem Bau der Burg in Moers war ein deutliches Gegengewicht zum rechtsrheinischen Gebiet derer von Berg etabliert. Was lag näher, als den Cousin des Erzbischofs, Dietrich I. von Moers mit dieser Aufgabe zu betrauen? Die Herren von Friemersheim, die ja lediglich Regale der Äbte von Werden waren und damit dem jeweiligen Äbten in Werden unterstanden, stellten auf jeden Fall ein solches Gegengewicht nicht dar. Doch damit bewegt man sich letztlich nur im Raum von Mutmaßungen.

 

Es scheint damit, mit der von Köln und Werden betriebenen Umschichtung im Friemersheimer Raum sehr berechtigt, die Frage aufzuwerfen, ob eine Rehabilitation der Friemersheimer Herren notwendig ist.

 

Der Rechtsstreit 1285

 

Insbesondere eine Urkunde aus den Werdenern Urbaren müsste stutzig machen und heftige Zweifel daran auslösen, die Friemersheimer Herren seien die ökonomischen Versager gewesen, als die sie bislang gelten. 

 

Exakt in dem Zeitraum, in dem ein verstärkter Einfluss des Bistums Köln auf das Kloster Werden nachweisbar ist, kam es zu der oben schon genannten Auseinandersetzung zwischen dem Kloster und den Friemersheimer Lehensnehmern. In der Sammlung des Klosters, unter dem Urbar I. 374-8, n 13 ist die Entscheidung dieses gerichtlichen Disputs hinterlegt.  Das Urkundenbuch des Hermann Keussen vermerkt dazu unter den Daten 3. Juli 1285, dass der Verzug im Jahreszins, den die Friemersheimer nach Werden zu liefern hatten, keineswegs so eindeutig ist, wie es in der bisherigen Geschichtsschreibung festgemacht wurde. 

 

Im Kern geht es bei der Rechtsstreit um die Frage des Umfangs der zu entrichtenden Naturalien und Beträge, deren Größenordnung davon abhängig war, welche Höfe denn nun zu dem Lehen Asterlagen gehörten und welche nicht. Von den beklagten Asterlagern existiert die Einrede, die der Prokurator des Ritters von Friemersheim hervorbrachte. Nach seinem Plädoyer sei der Ritter "nur zu 103 1/2 Malter Weizen verpflichtet, da er 10 1/2 Malter von 3 1/2 Mansi nicht zu entrichten braucht, das sie nicht zu den Gütern des Abtes gehören." Weiter führte er aus "die 30 Sol. Andree beanspruchen die von Lembeke, die damit vom Abte belehnt sein wollen. Der Ritter bekennt sich nur schuldig für 5 Mark, 18 Malter Hafer und 18 Malter Weizen, die er zu Remigii entrichten soll."

 

Welche der beiden Parteien nun tatsächlich im Recht gewesen ist, ob nun der Abt von Werden dessen Forderungen selbstredend höher angesiedelt waren und der sich von seinem Prokurator vertreten ließ, oder der Friemersheimer Ritter, ist natürlich aus heutiger Sicht nicht wirklich abschließend zu klären.

 

Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass der Friemersheimer eine konkrete Angabe dazu machte, warum er den Forderungen nicht im vollem Umfang nachkommen müsse. Dahinter steckt einwandfrei ablesbar eine fundierte abweichende Auffassung über das Maß einer gerechtfertigten Forderung. 

 

Es handelt sich primär also nicht um die Nichtfähigkeit, sondern um die Nichtwilligkeit der Zahlungen, die auf einer eigenen Rechtsauffassung beruht. Sekundär kann dabei natürlich auch eine tatsächliche Nichtfähigkeit zur Zahlung gestanden haben.  Haben die Höfe, die nach Auskunft des Ritters von Friemersheim nicht zum Lehen gehörten, ihren Zins tatsächlich ohnehin schon im Rahmen eigener Verpflichtungen abgeliefert gehabt, dann standen diese Erträge dem Friemersheimer ja nicht zur Verfügung. Hätte es keinen Anlass gegeben, diese Rechtsauffassung zu vertreten, so wäre dieser Einwand niemals vom Friemersheimer Lehensnehmer hervorgebracht worden. Schließlich ist es seit je her recht sinnlos und in aller Regel auch völlig erfolglos, nicht haltbare Behauptungen einfach in den Raum zu stellen.

 

Über die Koalition, die sich zwischen dem Bistum in Köln, dem Werdener Kloster, und den Grafen von Moers ergeben hatte, ist zuvor schon einiges beschrieben, ohne diese,  die  in vielen Urkunden dokumentiert  ist, vollständig dargestellt zu haben.

 

 

Kommt es dann zu einem solchen Rechtsstreit wie diesem,

bei dem Kläger (Kloster Werden) und der Richter (das Erzbistum)

offenbar das gleiche Ziel verfolgen, dann ist der

Ausgang des Verfahrens keine große Überraschung.

 

 

 

 

Der Kölner Offizial entschied gegen den Ritter Gerhard von Friemersheim.

 

Ein aussichtsloser Kampf ist ein zermürbender

und führt notgedrungen irgendwann zur Kapitulation. 

 

 

Die in den Urkunden der Historiker Lacomblet und Keussen angeführten Streitereien machen deutlich, dass den Herren von Friemersheim nach und nach die wirtschaftliche Basis dafür entzogen wurde, die Erträge zu erwirtschaften, die zur Erbringung der Lehenspflichten (Zehnten) für das Kloster Werden zu entrichten waren. So findet sich im Urkundenbuch beispielsweise für bereits für das Jahr 1288 ein Verkauf aus den Werdener im Lehen Friemersheim zu Gunsten der Moerser Grafen Dietrich und Friedrich für 37 Mark und 6 Schillinge. Damit verbunden waren die Mindereinnahmen von jährlich 4 Malter Weizen, 2 Malter Hafer und 20 Schillinge. Der Schwund an Höfen und Grund war beträchtlich und es harrt dabei noch die Aufgabe, zu überprüfen, welche Rolle dabei die Grafen von Budberg gespielt haben, die einige Zeit später Ländereien in beträchtlichem Ausmaß und Umfang und auf Friemersheimer Gebiet liegend, an das Erzbistum Köln schenkten. 

 

Bereits nachgewiesen ist hingegen, dass sich die Herren immer mehr verschuldeten. Und wer waren die (Haupt-)Kreditgeber:  --   Die Grafen von Moers 

 

Versuche und Erfolge, sich anderweitig mit Kreditmitteln zu versorgen,

die gab es auch, doch- wie das Klagelied des Herrn von Friemersheim belegt,

zu sehr schlechten Konditionen. 

 

Auch Veräußerungen aus dem Eigenbesitz der Herren von Friemersheim bewahrten dieses Haus nicht vor dem Ruin. (Urkunde 210, Band I: Die Ehel. Ritter Wilhelm und Hadwig von Friemersheim und deren Kinder Gerhard, Heinrich, Wilhelm, Sweder, Christine, Hadwig und Guda verkaufen vor den Schöffen von Friemersheim und Kapellen dem Kloster Kamp 30 Morgen Land zu Achterrath. 30.9.1301)

 

Im Jahr 1300 tritt noch einmal ein Ritter von Friemersheim in einer Urkunde in Erscheinung. Bei dieser Urkunde vom 22. Februar ist ein Wilhelm von Friemersheim Zeuge zu einem Zehnten, der der Abtei Kamp geschenkt wurde. Ein weiterer Zeuge ist ein W. Preut.

 

Ein für die Herren von Friemersheim sicher sehr trauriger Augenblick ist der Tag des 27.6.1315 gewesen, als er sich mit dem Abt von Werden darüber zu einigen hatte, dass er nur noch die Hälfte des Schlosses zum Lehen habe (Grund und Boden wurden in 2 Hälften geteilt) und ihm untersagt wurde das Schloss weiter zu befestigen. Dahinter wird sicher die Sorge des Abtes gestanden haben, der Ritter Wilhelm von Friemersheim würde sich gewaltsam seinem Ruin entgegenstellen.

 

 Damit war der Niedergang des Hauses Friemersheim zwar schon lange besiegelt, nicht jedoch abgeschlossen. 1320 kam es zu einem weiteren Substanzverkauf. Es ging um die Güter in Littelmolefeld (?) mit der "anschießenden?" Mühle. (als Zeuge dabei: Dietrich von Murse) (# 277)

 

***

 

Das Friemersheimer Exil

 

Das hier behandelte Gebiet umschreibt im Wesentlichen 3 Herrschaftsbezirke.

 

Moers, Kleve und das Erzbistum Köln.

 

Den Grafschaften Moers und Kleve stand das Erzbistum gegenüber und das zuletzt genannte übte die klerikale Macht über alle diese Grafschaften aus. Es hatte aber eben auch eigene Besitzungen, die direkt südlich an den Bereich der Werthschen Schenkung anschloss und von dort aus, weit in den Süden reichte und von dort aus, bis an die Besitzungen von Mainz und Limburg reichte. Es war kein wirklich einheitliches Gebilde in der Zeit des Hochmittelalters, denn neben dem in sich geschlossenen Gebilde existierten Exklaven, wovon eine die bereits erwähnte von Rheinber/Orsoy war. An der südlichen Grenze der Werthschen Schenkung, die als das Lehen der Herren von Friemersheim vom Kloster Werden aus verwaltet wurde und das sich zum Kernland der Grafschaft Moers wandeln sollte, erstreckte sich im 11. und 12. Jahrhundert jedoch eine recht klar ausgebildete Grenze. Das südlichste Ende der (späteren) Grafschaft Moers wurde von dem Dorf Rumeln gebildet. 

 

Nur einige wenige Kilometer weiter in Richtung Süden befand man sich bereits auf dem Hoheitsgebiet der Kölner Bischöfe, wenn man sich von Rumeln aus in Richtung Kaldenhausen bewegte. Dort hatten weder die Herren von Friemersheim, noch die Grafen von Moers irgend ein Bestimmungsrecht.

 

Dennoch siedelten die Herren von Friemersheim, die nach der Übernahme ihr Lehen Friemersheim verloren hatten, mutmaßlich in Kaldenhausen. . Wann genau diese Umsiedlung stattfand, ist noch nicht genau bestimmt. Theoretisch könnte dieses Geschlecht auch schon in der Zeit, als sie noch über das Lehen Friemersheim verfügte, bereits eine Erwerbung auf dem Territorium des Erzbistums Köln vollzogen haben. Aber die Frage, die sich dann hier aufdrängt, ist die: Warum sollten sie das getan haben? Schließlich hatten diese ihren eigenen Bezirk, auf dem sie wirtschafteten. Eine andere Frage ist die nach dem Einverständnis des Bistums Köln, das dieses dafür hätte erteilen müssen. Der Umzug eines "Regalen - Herr von Friemersheim" von dem von ihm selbst beherrschten Gebiet in ein anderes, wirkt doch ausgesprochen eigenartig. 

 

Was bekannt ist, ist der ungefähre Zeitraum, wann die Herren von Friemersheim auf bischöflichen Grund nach Kaldenhausen umzogen. Es war keinesfalls später als im 14. Jahrhundert. Das dort bezogene Domizil trug und trägt auch heute noch den Namen "Haus Kaldenhausen". Bekannt ist diese alte Gemäuer auch unter dem Namen "Preuthenhof".

 

Der Name Preuth oder auch Preuten hat sich bis in die Gegenwart erhalten. Ein Blick in die Kirchenbücher des Kirchspiels Friemersheim verrät, dass auch dort dieser Name nicht unbekannt ist und dort mit einer doch bemerkenswerten Bedeutung. 

 

Im Heiratsbuch der Kirche in Friemersheim findet sich beispielsweise zum Datum 14. Oktober 1663 der Eintrag der Ehe des Ewalt Gottfried von Neukirchen, genannt Nyvenheimb. 

 

Der Vollständigkeit halber hier der Text, soweit er zu entziffern ist:

 

"Den 14.10.1663 ist der Hochwohlgeborene Herr Ewaldt Gottfried von Neukirchen, genant Nyvenheimb Erbsaß zu den Schwanspfuhlen undt St. Churfl. Dchlt. (seiner churfürstlichen Durchlaucht) zu Brandenburg in der Vestung Colbergh Wollenorden ... unter Capitain ... mit der auch Hochedlegebohrenen Jungfrau Annen Margarethen von Preuten Tochter zu Caldenhausen ... in den heilgen Ehestand eingesegnet und copuliert worden."

 

Der Verlust eines durchaus bedeutenden Lehens, wie das der Herren von Friemersheim hatte in jener Zeit immer ! auch den Verlust an Vermögen und Einkommen zur Folge. Berichte über verarmte Adelige sind auch aus dem Hochmittelalter hinreichend bekannt. Wie bereits beschrieben, umschreibt die Mediavistik den Übergang der Werthschen Schenkung an die Grafen von Moers als einen Vorgang völligen finanziellen Versagens der Herren von Friemersheim. Und es wäre doch dabei anzunehmen, dass Gleiches, nämlich das Versinken in der Armut, auch für die Friemersheimer die Folge gewesen wäre. Doch das war offenbar nicht so.

 

Was noch eigenartiger wirkt, ist, dass mit dem wirtschaftlichen Niedergang eines Adelshauses, als das man die Sippe der "Herren von Friemersheim" ja bezeichnen muss, auch die gesellschaftliche Stellung und Bedeutung üblicherweise verschwand. Verarmte Adelige waren allenfalls dann noch für Braut- oder Bräutigamschauende noch interessant, wenn noch von irgendwoher ein Erbe zu erwarten war.

 

Hier, im Kirchenbuch Friemersheim, das - genau genommen kirchlich gesehen - nicht für Kaldenhausen zuständig war, finden wir jedoch die größtmögliche Ehrerbietung für die Braut und den Bräutigam, die beide  aus dem Kirchenbereich des Bischofsstuhls Köln stammten. Das Haus, aus dem der Hochzeiter entspringt, ist alter Adel, der sich auch in den Niederlanden wiederfindet. (van Neukirchen, genaamt Nyvenheim)

 

Der Zeitsprung, der hier zwischen der Abgabe des Lehens Friemersheim an die Moerser Grafen und der beschriebenen Hochzeit vollzogen wurde, ist mit rund 250 Jahren gewaltig. Was sich aber dennoch feststellen lässt, ist die Tatsache, dass die "Herren von Friemersheim" keineswegs in die finanzielle und gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit versunken sind. Selbst nach dieser langen Zeit hat der Name von Friemersheim, der sich nun in "Preuten" gewandelt hat, einen vorzüglichen Klang. Es ist leider nicht nachzuweisen, Wann und wie sich dieser Namenswandel vollzog, doch dass es ihn gegeben haben muss, ist als sicher anzusehen. Und hier ist in die Zeit. kurz nach von Konrad von Hochstaden Amtszeit und die Ortschaft Budberg zurückzuspringen, denn schon zu seiner Zeit und an jenem Ort gab es einen Preutenhof. Ob die Herren von Friemersheim ihren Namen "von Friemersheim" (der ja dann im Funktionssinn nicht mehr zutreffend war) im Rahmen der Übernahme eines Preuthofes zu Gunsten des Namens "Preut" aufgaben, oder ob der Wandel durch eine eheliche Verbindung den "Friemersheimern" zufloss, bedarf noch der Klärung. 

 

Die Besitztumsverhältnisse in Budberg (Hohenbudberg), wo es bereits 1308 einen Preutenhof gab, sind dabei nicht so leicht zu durchschauen.

siehe Urkunde 226:

 

...  Klageschrift des Johannes, gen. Proyt, zugleich im Namen seiner Gattin Leverardis gegen Everardus de Boithberg, Sifiridus de Rennenbergh, Wilhelmus de Boiberg und andere,. Das Patronatsrecht auf die Pfarre steht im als dem Inhaber des Knopshofes, der als Heiratsgut seiner Frau durch rechtmäßige Schenkung in seinen Besitz gekommen ist, bei jeder dritten Erledigung zu. Er bittet, durch Urteil festzustellen, daß er dieses Mal das Recht zur Präsentation habe. 

(zur Erklärung: dieses Präsentationsrecht stellte eine Einnahmequelle dar. Anm. des Autors)

 

und weiter:

 

Urteil des Offizials: Da der Patronat den Inhabern des Schenkenhofes, des Hofes Boitbergh und des Knopshofes i Wechsel zusteht, auf deren Boden die Kirche errichtet ist, wie es zur Zeit des Erzbischofes Konrad von Köln (von Hochstaden) durch die Aussagen der damaligen Besitzer Abt Gerardus von Werden, Ritter Rembodo de Boitberg und Goswinus, gen. Knop erhärtet ist, da der Knopshof, dem dieses Mal das Patronatsrecht zusteht, Eigentum der Abtei Werden ist, der gen. Johannes aber in seiner Klageschrift das Lehensverhältnis verschwiegen hat, da der gen. Everardus im Verlauf des Prozesses unter Eid Gegensätzliches aussgesagt, ja zur Zeit der Präsentation im großen Kirchenbann war und sich keineswegs um seine Lösung bemüht hat, seine Zeugen ferner sämtlich unglaubwürdig waren ( hatten die einen doch behauptet gesehen zu haben, daß Conradus durch den Ritter Rembodo präsentiert worden sei. wobei Rembodo, wie sich aus den Prozeßakten ergibt, schon vor 55 Jahren gestorben sei, die Zeugen aber er 40 Jahre alt sind, sodaß man mit Recht sagen kann: "Du bist noch keine 40 Jahre alt und hast Abraham schon gesehen...."  usw. usw. 

 

(Eine weitere Anmerkung des Autors: 

Wer sich bemüht hat, diesem Text gedanklich zu folgen, sollte nicht uninformiert darüber bleiben, dass es in den fraglichen Zeiträumen 2 Rembodos gegeben hat. Der eine trug noch den Namen "von Budberg", der andere, auch wenn er ein Abkömmling des 1. Rembodo von Budberg war, inzwischen den Namen "Kerl" bzw. "Kerlen". Dieses hat die Ahnenforschung zutage gefördert. Die Zeugen waren also durchaus nicht unglaubwürdig und das Urteil sicherlich - zumindest darauf bezogen - falsch, da offenkundig der Kirchenoffizial von einem anderen Rembodo ausging, als die zitierten Zeugen. )

 

***

 

 

von Friemersheim / Haus Kaldenhausen / Preuten

 

Das, was sich durch diesen, von Ehrerbietung strotzenden Eintrag im Kirchenbuch ergibt, ist der Vollzug eines Namenswandels, der mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Fortzug aus Friemersheim vollzog. 

 

Der Name Preuten ist auch schon vor der Übernahme der Herrlichkeit Friemersheim durch die Grafen aus Moers aktenkundig. Doch das Urkundenbuch über die Herrlichkeit Krefeld und die Grafschaft Moers, in der dieser Name verzeichnet ist, lässt sich nicht mit einem Adelshaus in Verbindung bringen.  Zahlreiche Einträge im Band II. des Urkundenbuches sind im Inhaltsverzeichnis aufgeführt, die mit diesem Namen in Verbindung zu bringen, ohne dass Herrmann Keussen, der Autor der Sammlung, in den entsprechenden Einträgen  den Namen expressis verbis anführt. (Die Hinweise auf diesen Namen finden sich lediglich im Namensverzeichnis, das der Sammlung am Ende angefügt is.t)

 

Der Name Preut wird in den genannten Urkunden jeweils mit einer Zeugenschaft der betreffenden Vorgänge in Verbindung zu bringen sein. Auffällig ist, dass die Mehrzahl dieser Einträge solche Vorgänge betrifft, die mit den Grafen von Moers im Zusammenhang stehen. Und sie haben durchweg keinen belanglosen Inhalt. 

Aber - wie beschrieben - diese Textpassagen aus dem Urkundenbuch II weisen den Namen nicht gesondert auf. Als "von Preuten" oder als "von Caldenhausen" tritt dieser Name nicht in Erscheinung. Gleichwohl muss diese Familie eine gewisse Bedeutung gehabt haben, da sie so erheblich oft die Funktion der Zeugenschaft übernommen hat.

 

Irgend ein Rückschluss darauf, dass man dann später, in der Mitte des 17. Jahrhunderts eine Tochter aus dem Hause Preuten mit der Formulierung "hochedelgeboren" und "von Preuten" bezeichnet, lässt sich aus den Einträgen des Urkundenbuches nicht folgern. Die Zeit, die das Urkundenbuch II. zu diesem Namen erfasst, beginnt im Zusammenhang mit dem Namen Preuten 1227 und endet mit dem Eintrag Nr. 188 aus dem Jahr 1295. Alle diese Passagen lassen nicht wirklich darauf schließen, dass die Angehörigen Familie Preuten, die bei den Rechtsakten eine Rolle gespielt haben müssen, adeliger Herkunft waren.

 

Der in diesem Band beschriebene Zusammenhang zur Familie Preuten weist auf eine Familie, die eher dem bäuerlichen Bereich hinzuzurechnen ist. Sie hat dabei allerdings eine gewisse Rolle gespielt, die über die "normale Bauernschaft" hinausragte. Es ist nicht vermessen, anzunehmen, dass diese Rolle darin zu sehen ist, dass die beteiligten "Preutens" der Schriftkunde mächtig waren, da sie ja offenbar alle als Testanten in Erscheinung traten. Mit dieser Fähigkeit ragte man als Bauer in jener Zeit durchaus aus dem Gros der übrigen Bauernschaft heraus. Herausragend war auch das enge Verhältnis zu den Grafen von Moers.

 

Doch von einer adeligen Titulierung waren die Preutens weit entfernt, dabei jedoch den Grafen von Moers auffällig oft zu Diensten. 

 

An dieser Stelle ist ein  Themenwechsel erforderlich.

 

Hier vollziehen wir einen Sprung, hinüber zu dem Namen "von Friemersheim", der sich aus nachvollziehbaren Gründen auch schon im Band I. des Urkundenbuches ausfindig machen lässt, das Hermann Keussen zusammengestellt hat. Dieser Name als Familienname ist in den ersten Bänden dieser Sammlung omnipräsent, verschwindet jedoch mit mit der Abgabe des Lehens an der Herrlichkeit Friemersheim an die Grafen von Moers völlig, komplett und endgültig als Ortsansässige im Raum Friemersheim/Moers. Völlig verschwunden ist dieser Name dann in der nächsten Zeit jedoch nicht. Diesen Familiennahmen findet man später noch an anderen Orten in einigen Einträgen (hauptsächlich als Funktionsträger im klerikalen Bereich, so z. B. in der Person Heinrich von Friemersheim, der eine Pastorenstelle innehatte, dann noch im Band III der Urkundensammlung, ebenso wie ein weiterer Heinrich, der 1532 als "Schultheis zu Soller" angeführt wird. (Die Benennungen "von Friemersheim" könnten dabei jedoch durchaus auch nur eine schlichte Herkunftsangabe sein und möglicherweise mit dem Geschlecht "Herren von Friemersheim" überhaupt nicht in Verbindung stehen. Vielleicht waren es auch Nachfahren eines früheren Abzweigs der Familie. 

 

Da der Name "von Friemersheim" so sang- und klanglos (zumindest aus den Urkundenbüchern) verschwand, dafür aber der Name Preuten als eine durchaus vermögende Familie 1539, als Besitzer eines Hofes in Kaldenhausen mit 137 Morgen Land in Erscheinung tritt  (Urkundenbuch, Band III, # 5282), die dann (siehe Heirat 1663) als hochwohlgeboren Familie bezeichnet wird und da auch bekannt ist, dass die Herren von Friemersheim im 14. Jahrhunderts bereits den Preutenhof, also das Haus Kaldenhausen in ihrem Besitz hatten, haben wir den Befund, dass sich der Name "von Friemersheim" in "Preuten", bzw. "von Preuten" gewandelt haben muss. Sprachlich ergab der Name "von Friemersheim" ja auch gar keinen Sinn mehr, da man mit Friemersheim nichts mehr zu tun hatte. 

 

In der Ahnenforschung ist zwar der Effekt bekannt, dass sich frühe Herkunftsangaben, die sich in Familiennamen widerspiegelten, natürlich auch an spätere Generationen weitergereicht wurden. Doch in diesem Fall, bei dem Fall "von Friemersheim" war es offenbar nicht nur die schlichte Bezeichnung eines Familiennamens, sondern auch eine Herrschaftsbezeicheichnung, die der eines Grafengeschlechtes entsprach und eine Auskunft zum Herrschaftsbezirk zum Ausdruck brachte. Doch genau dieser war verloren gegangen.

 

Kein anderer Schluss ist so naheliegend, als der, dass die "Herren von Friemersheim" diesen Namen mit der Übergabe des Lehens Friemersheim an die Grafen von Moers auch nicht mehr führen durften und aufgeben mussten.

 

Doch obdachlos wurde diese Sippe ebenso wenig, wie heimat- und namenlos. Es ist offenkundig, dass sie den Preutenhof in Kaldenhausen übernahmen und fortan den Namen "Preuten" oder "von Preuten" trugen, nachdem das Bauerngeschlecht Preuten, das mutmaßlich diesen Hof zuvor bewirtschaftet, an anderer Stelle unterkam und dort wiederum vermutlich auch selbst einen anderen Namen annahm. Entsprechend der Sitte, sich nach dem Namen des übernommenen Hofes zu nennen.

 

Das seltene Auftauchen des Namens Preuten in der Urkundensammlung des Hermann Keussen, nachdem die ehemaligen Lehensnehmer "von Friemersheim" ihren Umzug in das Gebiet des Erzbistums Köln vollzogen hatten, darf dabei selbstverständlich nicht verwundern. Diese Familie lebte nicht mehr auf dem Boden und Grund der Grafschaft Moers und Herrlichkeit Krefeld. 

 

Die Herren von Friemersheim hatten offenbar ihr Exil im Haus Kaldenhausen (zumindenest in späterer Zeit) gefunden und unterstanden in kirchlicher Sicht den Kirchspielen von Hohenbudberg oder Uerdingen, wo sich zweifellos weit mehr zu der Familie von Preuten (und vielleicht auch noch  zu dem Namen "von Friemersheim" auffinden lässt, als in Friemersheim und der Grafschaft Moers

 


Weitere (unzisierte) Quellen:

 

Urkundenbuch der Stadt Krefeld und der alten Grafschaft Mörs, Band 1

Keussen, Hermann, 1938, Druck, Gebr. Giehrl, Buchdruckerei München

Urkundenbuch der Stadt und Herrlichkeit Krefeld und der Grafschaft Mörs, Band V.

Keussen, Hermann, 1940, Nachdruck, fotokop wilhelm weihert, Darmstadt

Der Landkreis Moers, Hrsg. Kreisverwaltung, Red. OKD Hübner, Wilhelm

Gerhard Stalling AG, Wirtschaftsverlage Oldenburg 1965

Der Landkreis Moers, Band III, Monograhien deutschtscher Landkreise

Deutscher Kommunal-Verlag GmbH, Berlin Friedenau 1926

 

Geschichtsstationen, Ein Gang durch die Historie der Stadt Moers

 

Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige, Heine, Alexandre,

Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart 1985

 

Rheinhausen im gesichtlichen Werden, Hrsg. Stadtverw. Rheinhausen 1956

Alte Zeiten - Neue Zeiten, 1100 Jahre Rumeln, Wey, Verlag Wey, Anneli 1998

Chronik der Gemeinde Budberg, Köhnen, Gerhard

Buchdruckerei Berthold Roth, Orsoy - Niederrhein 1971

*

Planet Wissen, Geschichte des Adels

 Adel: Geschichte des Adels - Adel - Geschichte - Planet Wissen - Adel - Geschichte - Planet Wissen (planet-wissen.de)

Leben im Mittelalter, Ständeordnung

Der Adel im Mittelalter – Leben im Mittelalter (leben-im-mittelalter.net)