VOM TOD DES STEUEREINNEHMERS MEVIS WOLTERS

 

Text übernommen aus der Seite

"Familiengeschichte Empelmann" *

* sehr lesenswert !!

 

     http://www.historische daten.de/genealogie/deutsch/Familiengeschichte_Empelmann.htm#_Toc110532765

 

 

 

 

Nach alten Verhörprotokollen lässt sich das Geschehen beim tödli­chen Schuss auf den Steuereinnehmer M. Wolters rekonstruieren. Mevis Wolters war zusammen mit Hendrich Schmitt, den man Bodberch nannte, Steuerpächter für das laufende Jahr 1617. Er hatte das Steuerprivi­leg gegen einen vorher festgesetzten und sofort zahlbaren Betrag dem Landesherrn abgekauft, und konnte nun in seine eigene Tasche die Steuern eintreiben. In schlechten Jahren, bei Kriegseinwirkung und Naturkatastrophen, waren die Möglichkeiten den Einsatz wieder zu er­wirtschaften und darüber hinaus noch Gewinn zu machen sehr problema­tisch. Im Gegensatz zum Landesherren waren die Steuereinnehmer Pri­vatunternehmer und brauchten sich keine Zwänge im Umgang mit der Be­völkerung aufzulegen. Gerade in schlechten Jahren wurde daher oft mir rüden Mitteln versucht die ausstehenden Geld- und Naturalabgaben von den Bauern zu erzwingen. Ein gutes Verhältnis zum Steuereinneh­mer konnte dabei dann auch von Nutzen sein. Die Berufsgruppe der Ac­cisepächter war also verhasst und gleichzeitig umschmeichelt, zumin­dest aber in Dauerkonflikte mit der Bevölkerung verwickelt. Im Ver­gleich mit der heutigen Zeit lässt sich der damalige Steuereinnehmer mit einer Inkassofirma vergleichen, nur dass damals jeder, der nicht auf Grund von Privilegien Steuerbefreiung genoss, zur Kasse gebeten wurde. Die Einnehmer kamen oft persönlich bei den Bauern vorbei um zu kassieren oder, blieben Zahlungen aus, zu mahnen, zu drängen und zu pfänden. Eine solche Situation fand sich im Herbst 1617 als Mevis Wolters, der Einnehmer, seine Herkunft ist nicht genannt, mit seinem Sozius in der Grafschaft unterwegs war um Rückstände einzutreiben. Eines seiner Besuchsziele war auch der Impelmanhof, der Steuern so­wie Dienstleistungen ausstehen hatte, das sogenannte "Mühlenfahren".

 

An diesem Samstag, es war der 28.Oktober 1617, war das Herannahen des Einnehmers schon bemerkt worden und Hendrich Maß traf unterwegs Arnd Impelman, der in Budberg bei Johann zu Wolfkuhlen wohnte, mit geschultertem Gewehr. Maß knüpfte ein Gespräch an und fragte Arnd wie es ihm ginge und erhielt zur Antwort `Halb und halb'. Er be­fürchtete Arnd Impelman könnte mit Mevis Wolters in Streit geraten, bot sich darum an dessen Gewehr zu tragen. Arnd empfand das als al­bern und sagte `das theten nur die gecken'. Mühlenfeld's Frau hatte Arnd ebenfalls gesehen und ihn gefragt, auf wen er denn das Gewehr tragen würde, und zur Antwort erhalten, dass `ein gut Gesell wohl ein Ruhr tragen möge'.

 

Es war also etwas unüblich, dass ein Bauer außerhalb direkter Kriegs­gefahr, Jagdvergnügens oder Schützenbruderschaft mit einer Feuer­waffe herumlief.

 

In der Stadt Rheinberg traf Arnd dann seinen ebenfalls bewaffneten Bruder Wilhelm. Es war Nachmittag, Wochenausklang, und die Landbe­völkerung, die nahe der Stadt in einzeln stehenden Gehöften lebte, traf sich dort mit Freunden zum gemeinsamen Schwatz und Trunk. Ein dritter Bruder, Gerhard, war ebenfalls in der Stadt gewesen und hatte dort zwei Hamen gekauft und seine beiden jüngeren Geschwi­ster ermahnt bald nach Hause zu kommen und den Wagen zu schmieren um Holz für Herkenbusch, den damaligen Rheinberger Bürgermeister zu fahren. Der Bürgermeister galt als recht trinkfreudig und so hatte er an diesem Samstag eine kleine fröhliche Zecherrunde um sich ge­sammelt, darunter auch die Steuereinnehmer Mewis Wolters und Hendrich Schmitt, den sie Budberch nannten. Mit zu dieser Trinkrunde zählte auch *  Arnd Lull, ebenfalls Bürger der Grafschaft Moers, der von den Zechern hereingebeten worden war. Da nach altem Brauch bei Sonnenuntergang, das war an diesem Tag um ca. 17.00 Uhr, die Stadt­tore geschlossen wurden, strömten die Auswärtigen kurz vor siebzehn Uhr aus der Stadt. Dort vor dem Tor, oder vielleicht auch schon vor­her in der Stadt, hatte es einen Disput zwischen den Empelmans Söh­nen und den Accisepächtern gegeben; anschließend hatten die Im­pelmans aus Übermut oder aus Wut mit ihren Gewehren in die Luft ge­schossen.

Danach trennten sich die Wege der Heimwärtsziehenden. Wilhelm Impelman verabschiedete sich von seinem Bruder und ging in Begleitung von Hendrich Schneck auf Budberg zu. Wo das Winterswicker Feld an den Verkensdeyck stieß, trennten auch diese beiden sich. Johan von Mühlenfeld sagte aus, er sei wie andere ganz betrunken ge­wesen und mit einer Gruppe nach Hause gegangen, der sich auch Arnd Impelman angeschlossen hatte. Mühlenfeld drängte die Steuereinnehmer die Nacht in seinem Haus zu verbringen, was Mewis aber ablehnte denn Evert Vogelsancks Ehefrau Petronella sollte ihnen ein "Bedt sprei­ten", wobei er dem Evert Vogelsanck lachend auf die Schulter schlug. Derrich Plissman, vom Nachbarhof der Impelmans, war vom Steuerein­nehmer Schmitt an die Hand genommen worden und mit diesem anschei­nend vorgegangen. Am "Drotenbaum" trennten sie sich und Schmitt ging anscheinend mit dem Haupttrupp weiter. Inzwischen hatte die Gruppe eben Moersisches Gebiet betreten, nahe dem Gut Strommoers, dort di­rekt am Moersbach "an der Plank" wo sich die "Gansweide" befand. Aus dem Dunkel trat auf einmal Wilhelm Impelman auf die Gruppe zu und stellte Mewis Wolters zur Rede. Nur wenige Zeugen, viele davon erin­nerten sich später nicht mehr, erlebten diesen Augenblick mit. Ein recht kurzer Wortwechsel, dann zwei Schüsse, und Mewis Wolters brach zusammen. Zeugen sagten, er habe noch `Weh, weh' gerufen. Nachdem Wilhelm geschossen hatte, griff der zweite Steuereinnehmer Hendrich Schmitt nach dem Gewehr von Arnd Impelman und konnte es ihm entwin­den. Ein schnell abgefeuerter Schuß brannte nur auf der Pulverpfanne ab und rettete Arnd Impelman das Leben (und damit die Existenz sei­ner Nachfahren). Budberch warf im hellen Entsetzen das Gewehr weg und lief davon. Wilde Gerüchte kamen auf: Arnd sollte gesagt haben `Das sei ja der Platz wo man dem Vater die Gerste wegnehmen wollte, da sei es doch Zeit, miteinander ein Tänzlein zu halten'. Andere meinten gehört zu haben, daß Arnd gesagt hätte: `mein Bruder hat Ih­rer einen fest schlafen gelegt, er wolle den anderen daneben legen'. Doch diese Gerüchte fanden keine Bestätigung. Ein paar Helfer brach­ten Mewis Wolters über die Hohe Straße ins Haus von Lambertdem Boten, wo er wahrscheinlich schon tot angekommen war. Die Ehefrau des Derrich Plissman war von * Arnd Lull auf dem Pferd mitgenommen worden. Nachdem er die Frau abgesetzt hatte und auf dem Rückweg wie­der am Haußmanshof vorbeikam, wurde er von Altgenpfort, einem ande­ren Bauern, angerufen einen Trunk zu nehmen und erhielt dort genauen Bericht des Hergangs. Er nahm anschließend Hendrich Maeß mit aufs Pferd und ritt nach Hause. Die Brüder Impelman verschwanden in Rich­tung Wolfskuhlen.

 

Am darauffolgenden Montag wurde unter Aufsicht des Schultheißen von Moers der Körper des verblichenen Steuereinnehmers gerichtlich un­tersucht und dabei festgestellt, dass eine Kugel oben am Arm ins Schulterblatt und die zweite in die Seite unter dem Arm eingedrungen war. Anschließend wurde der Witwe "vergunnt den abgestorbenen christlich zur Erden zu bestatten".

 

Obwohl Gerichtsbücher für diesen Zeitabschnitt vorhanden sind, lässt sich kein Gerichtsverfahren feststellen. Es bleibt im Dunklen, ob es sich hier um Mord, Totschlag im Affekt oder um einen tragischen Un­glücksfall innerhalb des hitzigen Wortgefechtes gehandelt hat.

 

( *  Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Opa des Seitenbetreibers)