Kuckuckshof & Hartmannshof

Budberg

 

 

Fährt man von Rheinberg über Budberg nach Orsoy, zweigt rechts am Ortsausgang von Budberg die Straße "Peldenweg" Richtung Vierbaum ab. Der erste Abzweig dann rechts, der im spitzen Winkel nach Budberg zurückführt, ist das Sträßchen "Am Kuckuck".

 

Genau genommen, ist schon die Bezeichnung "Straße" eine Übertreibung, denn es ist eigentlich nur ein Feldweg, 

                               Name, Haus und Hof

 

                             Der Name "Kuckuck"

 

Der Versuch, den Hof Kuckuck ausfindig zu machen, gleicht der Suche nach einem Phantom. 

 

Über den Hof, um den es hier geht, war bislang noch nicht viel in Erfahrung zu bringen.

 

Dass aber die Verortung korrekt ist, dann, wenn sich der Familienname am Budberger Flurnamen orientiert, daran kann kein Zweifel bestehen.

Dieses erschließt sich aus den Kirchenbüchern, aus denen sich die nachbarschaftlichen Verbindungen erkennen lassen. Die Bezüge betreffen beispielsweise intensiv die Bauern aus der Honschaft "te Pelden", die direkt benachbart ist. 

 


Doch ein konkreter Hof, ein bestimmtes Haus oder  eineso bezeichnete eine Katstelle, der, bzw.  die sich auf dieser Flurbezeichnung bezieht, war bislang nicht zu finden. Die Chronik Budbergs, die von Gerhard Köhnen 1971 verfasst wurde, weist keinen Hof und keine Katstelle dieses Namens  aus. (Er erhebt für seine Aufzählung aber auch  nicht den Anspruch auf Vollzähligkeit.)

 

Gäbe es nicht eine Urkunde vom 9. und 10. Juli 1719, man müsste an der Existenz eines solchen Hofes zweifeln. Doch diese Urkunde listet die Namen der Mahlgenossen der Lohmühle aus "Veir Baumer Heydt" auf. In dieser Liste findet sich der Name "Geret Kukes". Die dort verzeichneten Personen unterlagen dem "Mahlzwang", was soviel besagt, als dass sie sich nicht irgendeine Mühle für das Mahlen ihres Korns aussuchen konnten, sondern eben an diese Mühle gebunden waren. Ein anderer Name, der hier auch von Interesse ist und der dieser Genossenschaft angehörte, lautet "Kest Hartmann".

 

Die Ortsbezeichnung "Veir Baumer Heydt" in der Urkunde muss erstaunen, denn nach der schon genannten Chronik war die Vierbaumer Heide 1719 noch vollkommen unbesiedelt. Erst in den 70er Jahren des 18. Jh. wurde der sandige und karge Boden der Heide für die Besiedelung durch Emigranten aus der Pfalz erschlossen. 

 

Warum dieses Dokument diesen Bereich der Heide anführt, erschließt sich also nicht unbedingt. Die Namen, die dort aufgeführt sind, müssen wohl mit Höfen in Verbindung gebracht werden, die rund um die Heide lagen. In diesem Zusammenhang kommen drei  weitere Namen aus der besagten Liste ins Spiel und die lauten: "Tilman auf dei Schans", "Caspar ter Pelden" und "rent Catlack". Bei all diesen lässt sich verifizieren, wo sie Höfe hatten. 

 

Der Name "auf dei Schans" ergibt eine präzise Auskunft über die entsprechend Örtlichkeit, die sich heute durch den Straßennamen "Spanische Schanzen" bestimmen lässt. Der Name "te Pelden" steht für eine Bauernschaft, die auf etlichen historischen Karten verzeichnet ist und die Namenspatin für die Straße "Peldenweg" war. Der 3. Name "Katlack" ist der eines Bauernhofes, der in Vierbaum anzusiedeln ist und unweit des heutigen "Peldenweges" liegt. Dieser Name wird wiederum mit der Bezeichnung "Kuckuck" in Verbindung gebracht, denn er diente der Beschreibung zum Flurnamen "Kuckuck" in der es heißt, "nicht weit vom Kalackshof, zwischen Pelden und Orsoyer Berg lautet die Flurbezeichnung "an de Kuckuck".

 

Damit ist klar, dass der o. g. "Geret Kuckuck" ein Produzent von Korn gewesen ist, dass er an der Lohmühle mahlen lassen musste und dessen Bleibe sich am südöstlichen Ende Budbergs, also in Vierbaum  befunden haben muss. 

 

Wann sich die Flurbezeichnung "Kuckuck" etablierte, war bislang für den Autor noch nicht genau zu ermitteln, doch - so sieht  es bislang zumindest den aus  - scheint es in der Zeit um die Wende des 17.zum  18. Jh. der Fall zu sein. 

 

Für die Entstehung dieser Flurbezeichnung gibt es im Übrigen nicht nur die äußerst naheliegende Assoziation zu dem entsprechenden Vogel. Ursächlich für die Namensgebung kann auch ein mittelalterlicher Brauch sein, bei der es um die Festlegung von Grenzen ging. "Bei Grenzbegehungen hatten an besonders unübersichtlichen Stellen Jungen auf einen Baum zu klettern und >Kuckuck< zu rufen.  Angesichts des Faktums, dass der Bezirk, um den es hier geht, direkt an Orsoyerberg angrenzt und damit an einen anderen Herrschafts- und Religionsbereich, ist diese Deutung mindestens ebenso plausibel, wie die Annahme, der "Cuculus canorus" habe deshalb als Namensgeber Pate gestanden, weil er dort "gerufen" habe. (Das wir er in Budberg gewiss wohl auch an anderer Stelle getan haben.)

 

Wie auch immer, bei dem Hof dürfte es sich um ein sehr kleines Gehöft gehandelt haben. Zunächst lag die Vermutung nahe, der Hof habe seinen Namen klassischerweise nach der Flurbezeichnung in Budberg bekommen. Doch aus den gefundenen Familienzusammenhängen lässt es sich durchaus eher schlussfolgern, der Name Kuckuck sei von außerhalb eingebracht worden und das Gelände im  Osten Budbergs habe seinen Flurnamen erst mit dem Auftauchen der Menschen bekommen, die so hießen.

 

Die Bestimmung der Herkunft bedarf noch der genauen Klärung, sprich u. a. auchder Sichtung der Hofakten, die noch auf ihre Erledigung wartet.

 

                                        Die Familie I

 

                     Die Familie Kuckuck - Hartmann

 

Wie links beschrieben, taucht unvermittelt der Name "Kuckuck" in  Budberg auf. Noch vor der in der linken Spalte genannten Urkunde, die 1719 einen "Geret Kuckuck" anführt, begegnet uns im Budberger Kirchenbuch ein "Goert Kuckuck". Dieser ließ 1714 als erstes seiner Kinder Anna Mergriet taufen. Es folgten darauf 1715 Jan Hendrick, 1717 Arnoldt, 1719 Agenetha, 1720 Petrus, 1723 Gerdruth, 1730 Sibilla (in der Schreibweise "Koekoek"), 1734 Johann und zuletzt 1737 Jenneken.

 

Bei den ersten Taufeinträgen trifft man zunächst nur den Namen Kuckuck an, während sich bei den späteren zu dieser Familie, die Bezeichnung "Kuckuck, gen. Hartmann" etablieren. Der letzte Eintrag verzeichnet dann nur noch den Namen "Hartmann".

 

Es ist eigentlich in jener Zeit Tradition gewesen, dass mit der Einheirat eines Mannes auf einen Hof, jener seinen Geburtsnamen entweder sofort aufgab, oder dass dieser sich fortan mit seinem Geburtsnamen mit dem Zusatz "genannt sowieso" bezeichnen ließ. Hier liegt hier also eine Abweichung vom Üblichen vor und natürlich stellt sich die Frage, weshalb das in diesem Fall so war. Die naheliegende Erklärung dürfte wohl diese sein, dass sich Goert Kuckuck gegen die Aufgabe seines ursprünglichen Namens zu erwehren versuchte, sich aber schließlich den Sitten zu beugen hatte. Denkbar wäre es freilich auch, dass eine 2. Ehefrau mit dem Namen "Hartmann" in das Leben des Goert getreten war. Doch dagegen spricht das Fehlen eines Sterbefalls bei den Einträgen im Budberger Kirchenbuch, das mit einer ersten Ehefrau des Herrn Goert Kuckuck (oder Hartmann) in Budberg in Verbindung gebracht werden könnte.

 

Mit Ausnahme des Sohnes Johann Kuckuck, alias Hartmann, der sich dann wohl schon  durchgängig Johann Hartmann nennen ließ, sind mir bislang keine verifizierbaren Heiraten bei den Kindern des Goert bekannt geworden. In den gesichteten Unterlagen ist zwar ein Arnold zu finden gewesen, doch dieser Arnold ist dem gleichnamigen Hof in Binsheim zuzuordnen 

 

Zumindest beim Johann (Jan) -meinem 5-fachen Urgroßvater ist die Ehefrau bekannt. Es handelt sich um Katharina Rauen, die etwa 1728 in Eppinghoven (Dinslaken) geboren wurde. Bei diesem Ehepaar sind drei Kinder bekannt. Der erstgeborene Sohn wurde nach dem Namen des Großvaters benannt und erhielt den Namen Geurd. Es folgte 1770 Gertrud Elisabeth Hartmann und 1774 Wilhelm. 

 

Gertrud Elisabeth bekam eine Beschäftigung als Magd und es gibt triftige Gründe für Vermutungen darüber, wo sie als Magd arbeitete. Aber dazu später mehr. Jedenfalls brachte Gertrud Elisabeth unverheiratet im Alter von 23 Jahren einen Sohn zur Welt. Es ist der Wilhelm Hartmann * 1793, der später als Ehemann der Gertrud Lüllen in den Lüllenhof (siehe dort) einheiratet.

 

Ehelos blieb diese Gertrud Elisabeth nicht. Sie heiratete später einen verarmten Adeligen. Es war der Tagelöhner Johann von Dreesch *1751. Es ist nicht das erste Auftreten des Namens "von Dresch" im Leben des Wilhelm. (siehe das folgende Kapitel: "Wilhelms Vater")

 

                        Der Name "Hartmann"

 

Die Eheverbindung, die Goert Kuckuck eingegangen ist, dürfte nach den bisherigen Erkenntnisse eine Frau Hartmann betroffen haben, die auf dem Gut "op der Hardt, im südlichen Bereich von Vierbaum gelebt haben muss.. Sie konnte deshalb mit einem genau zu bestimmenden Wohnort ausfindig gemacht werden, weil es die Urkunde vom 5.5.1755 zur Erlaubnis zur Aufnahme einer Hypothek über 1.000 Taler gibt, mit dem das Gut belastet wurde..

 

 Der Name Hartmann leitet sich also vom Flurnamen "Hardt" ab. Doch in Budberg gab es gleich 2 davon. Es waren die große und die kleine Hardt. Und in beiden Arealen kamen anfangs der Recherche Gehöfte in Betracht, die als neuer Wohnsitz des Goert Kuckuck gedient haben konnten.

 

 

 

 

 

 

 


Auf dieser Seite geht es also um 2 Wohnstätten der Kuckucke. Es ist die, der Familie Kuckuck und als zweite, die des Zweigs, der sich auf dem Hof, nahe Lohheide etablierte.

 

 


Der Name "Kuckuck" war mit der Namensveränderung des Goert in" Hartmann" keineswegs in Budberg ausgelöscht. Dafür dürfte die Linie des Geret Kuckuck verantwortlich sein. 1721 wird eine Christina Cuccucks als Taufpatin in Baerl genannt, so wie 1751 ein Jakob Kuckes (vielleicht ein Bruder der Christina?)  als Taufpate. Eine Tringen Kukucks bringt 1736 unehelich eine Tochter Agnes zur Welt und sogar 1796 ist noch die Heirat des Johannes Kuckuck (oder Bremmekamp) verzeichnet. Doch bei all diesen Personen wird es sich nicht um Abkömmlinge des Gert Kuckuck handeln und der  Aufbau einer genealogischen Tafel dieses Zweigs bereitet noch große Probleme.

 

Als Abkömmling des Goert Kuckuck in direkter Linie, bin ich recht froh darüber, dass er eine Ehefrau, namens Hartmann fand und seinen ursprünglichen Namen preisgab.

 

Es ist auch  gut, dass die Gemeinde Budberg sich entschloss, der Straße (siehe Foto oben) den Namen "Am  Kuckuck" zu geben  und nicht "Zum Kuckuck".

 



Die Karte rechts gibt die räumliche Orientierung

 

 

Oben sieht man das Flurstück "Am Kuckuck" 

  - darunter die große und kleine

    Hardt

 

Stehen Flur- und Familienname "Kuckuck" in Verbindung, so lebten Geret Kuckuck und seine Abkömmlinge dort.

Gört Kuckuck, vielleicht ein Bruder des Geret, hat mit seiner Familie auf dem Hof "op der großen Hardt" gelebt.

 

Und dort hat gewiss auch sein Enkel Wilhelm Hartmann das Licht der Welt erblickt haben.

 

Das Gut ob der Hardt

 

Anders als beim Hof Kuckuck, ist über "op der Hardt" in Budberg recht viel dokumentiert.

 

Als erste gefundene Erwähnung  ist die Belehnung  von 1613 eines Heinrich von Diepenbrock von der Impel mit dem Gut erwähnt.

 

Am 19.9.1633 findet die Belehnung des Gutes zu Gunsten eines Adolf von Goor, Rentmeister und seiner Ehefrau Elisabeth statt. Das Ehepaar hatte das halbe Gut "op der Hardt" von der Familie Diepenbrock/Impel abgekauft. 

 

 - Dr. Heinrich Blanck, Ehemann der Elisabeth Goor übernimmt die Belehnung,

  denn Elisabeth von Goor is   unverkennbar Witwe geworden und hat sich neu

  verheiratet.

 

- Für das Jahr 1645 findet sich im Urkundenbuch der Herrlichkeit Krefeld und

  der Grafschaft Moers der folgende Eintrag:

 

  Die kurkölnischen und oranischen Schultheißen und die Schöffen von

  Niederbudberg bezeugen den Verkauf von Hof  und  Gut "op der Hardt" aus

  den Händen des Dr. Blanck an  Bartholomäus Cassal in Rheinberg. Damit

  gelangte der  Besitz in die Sippe der Ritter von Baerl.

 

------- doch alle diese Fundstücke belegen nicht, wer auf dem Gut lebte ----------

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die andere Hälfte

 

Im Jahr 1647 findet der Verkauf des halben Gutes "op der Hardt" zu Gunsten des Rektors des Klosters S. Barbara in Rheinberg, eines  P. Gabriel  Breuwers statt. Hier handelt es sich wohl um die zweite Hälfte des Gutes, das 1633 nicht mitverkauft wurde. 1659 geht diese Belehnung an Johann Bossart de Zamora, in seiner Funktion als Rektors des o. g. Klosters über. Es folgen etliche weiter Belehnungen, aus  denen sich die Abfolge der Rektorenschaft des Klosters ablesen lässt.


Das waren dann die Menschen, über die hier berichtet wird, wie eben Gört Kuckuck mit Ehefrau und seinen vielen Kindern. Es war der Jan Hartmann, mit seiner Ehefrau Katharina Rauen, die in Eppinghoven geboren wurde. Es war die Gerdrut Elisabeth Hartmann, die 1793 unverheiratet Ihren Wilhelm gebar. Es war der Wilhelm Hartmann, den wir später auf dem Hof Lüllen in Repelen wiederfinden.


Wilhelms Vater (?)

 

Den Lesern mag die Frage, wer denn nun der unbekannte Vater des Wilhelm Hartmann war, auf den ersten Blick müßig und belanglos erscheinen. Doch nicht nur für den Seitenbetreiber bringt die Beschäfti-gung mit dieser Frage erhellende Schlaglichter auf die Verhältnisse der damaligen Zeit. Auch anderen vermittelt das Gefundene etwas von der Zeit vorangegangener Generationen.          

               

                                                                                                             Darüber hinaus verdeutlicht die Beschreibung  dieser

                                                                                                                  "Arbeit", wie Ahnenforschung aussehen kann:

 

 

Zur Zeit der Zeugung  des Wilhelm  Hartmann (1793) waren französische Revolutionstruppen am Niederrhein. Die Soldaten zogen von Ort zu Ort am Niederrhein, drangsalierten die Städte, Dörfer, Höfe und Menschen. 1795 beispielsweise besetzten sie Moers und pressten der Stadt, besser gesagt, ihren Bewohnern, reichlich Geld ab. Nicht wenige der französischen Soldaten hinterließen in dieser Zeit am Niederrhein ihre genetischen Spuren. Dieses wissen wir u. a. aus entsprechenden Kirchen-bucheinträgen, bei denen verzeichnet ist, dass der Vater des Täuflings ein französischer Söldner  gewesen ist. (Ob mit der Angabe der Mutter, es sei ein Franzose gewesen, immer di richtige Auskunft erteilt worden war, lassen wir an dieser Stelle einmal offen). An dem häufigen Vorhandensein dieser bilateralen Kooperationen  besteht jedenfalls kein Zweifel und über eine besondere Rücksichtnahme der fremden Truppen wissen die Augenzeugenberichte auch nicht sehr viel auszusagen.

 

Die ersten Überlegungen des Verfassers gingen in eben diese Richtung, wurden jedoch dann wieder  verworfen. Der Hintergrund dafür ist in der Charakteristik der entsprechenden Kirchenbucheinträge zu sehen. Gerade der Umstand, dass in diesen Unterlagen nachzulesen ist, dass es mitunter ein französischer Staatsbürger war, der die Bevölkerungszahl am Niederrhein anhob, macht deutlich, dass es keine besondere Hemmnisse für die frische Mutter gab, genau diese Angabe zu machen. Manche dieser Einträge machen sogar Angaben zum französischen Namen des Vaters, andere geben diese Information nicht preis. Es ist davon auszugehen, dass wohl etliche dieser Zeugungsprozesse nicht auf ganz  freiwilliger Basis des weiblichen Parts geschahen. Dieses dürfte sich dann in dem Fehlen des Namens des französischen Delinquenten niederschlagen, da es bei diesen Vorgängen eher selten ist, dass der Gewaltanwender seinen Namen nennt.

 

So, oder so, wäre der Vater des Wilhelm französischer Nationalität gewesen, so müsste man durchaus erwarten, dass dieses im Kirchenbuch, ob nun mit oder Name verzeichnet wäre. Dem ist aber nicht so.

 

Günther Ellenberger, der im 19. Jahrhundert die Kirchenbücher von Baerl, Repelen, Hochemmerich und Homberg auswertete, vermerkt bei einigen seiner Einträge, dass die Vaterschaft von Kindern lediger Mütter, bestimmten Männern zugeschrieben wird., ohne dass dieser Name als definitiver "Vater" verzeichnet ist.  Gleiches findet man sogar auch bei verheirateten Frauen, die sich offenbar einem anderen Erzeuger zugewandt hatten. Der Verfasser geht davon aus, dass diese Vermerke nicht zwingend den Kirchenbüchern entnommen worden sind. Solche Angaben dürften oft lediglich in der Öffentlichkeit „unter der Hand“ kolportiert worden sein. Hervorzuheben ist dabei, dass selbst nach diesen außerehe-lichen Zeugungsprozessen der wirkliche Vater oft nicht im Verborgenen blieb.

 

Beim Geburtseintrag des Wilhelm ist nichts dergleichen zu finden. Das alleine ist natürlich nicht aussagestark. Denn mit dieser Eigenart der Taufnotiz steht Wilhelm wahrlich nicht alleine da.

 

Das Fehlen dieser Angabe wirft jedoch die Frage nach der Ursache des Fehlens auf. Soweit zu überblicken, gibt es einige triftige Gründe dafür, warum der Taufeintrag so aussieht, wie der Pastor ihn für Wilhelm  eintrug. Die simpelste Erklärung ist die, dass der Samenspender tatsächlich unbekannt war. Die Bandbreite der Szenarien reicht von der freiwilligen Vereinigung bis hin zum Gewaltprozess. Diese Thema wird an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt.

 

Den Namen des Vaters nicht anzugeben, deshalb, weil man ihn wirklich nicht kennt, ist mehr als nachvollziehbar, doch für das Verschweigen dieses Namens gab (und gibt es auch heute noch) gute Gründe. Die vermutlich wichtigsten von ihnen sind das Schamgefühl, Schweigegeld, der Wille, den Erzeuger nicht zu kompromittieren (beispielsweise um eine bestehende Ehe nicht zu gefährden, ohne den Beweis der Vaterschaft führen zu können) oder auch ganz schlicht Angst.

  

Die Angst, die hier gemeint ist, ist die der Mutter vor dem, der für das Kind als Erzeuger verantwortlich ist. Es ist in diesem Zusammenhang keine sehr gewagte These, dass es nicht selten zu nicht ganz freiwilligen Begegnungen zwischen Dienstherren und von ihnen abhängigen weiblichen Bediensteten gekommen ist. Was sollte denn schon so eine arme Magd machen, wenn der Bauer daherkam….?.  Und wie sollte sie dann ausgerechnet ihren Brötchengeber dann auch noch "verleumden?"

 

Einer dieser Fälle ist aus Baerl recht gut belegt, weil er ein äußerst tragisches Ende nahm und auf genau diesen wird im behandelten Thema noch näher einzugehen sein. Es wird dieser tragischen Geschichte sogar ein eigenes Kapitel gewidmet, das mit dem Titel „Der dreifache Kindesmord“ , bei dem der Name "von Dresch" wieder auftaucht, in der Sidebar hinterlegt ist. 

 

Doch nun damit zurück zur Vaterschaft:

Hier gehen wir nun ins Detail.

 

Zeitgleich tauchten in Baerl bzw. Budberg die Namen "von Dresch" und "Kuckuck" auf.  Während die Herkunft des Gört Kuckuck unklar ist, wissen wir, dass Wilhelm von Dresch von der anderen Rheinseite kam. Jener hatte sich den Besitz des Rittergutes in Baerl bei Erbstreitigkeiten eingeklagt und trat die Nachfolge der Ritter von Baerl an. Seine 1. Ehefrau  (Dorothea von Haften) entsprang dieser Adelsfamilie.

 

Wilhelm von Dresch war in Baerl ein hochangesehener Mann. Gleiches kann man von seinem Sohn nun überhaupt nicht behaupten, denn jener war offensichtlich überhaupt nicht konfliktscheu, brach alle Konventionen und lebte im Streit mit dem Pastor und seinen Nachbarn. Ein ausgesprochenes Geschick in Vermögensangelegenheiten kann man ihm auch nicht unbedingt nachsagen. Über einen spektakulären Vorfall, in dem Friedrich Wilhelm von Dresch verwickelt war,  wird auf einer Unterseite gesondert berichtet. Das Rittergut war aber schon bei seiner Geburt sehr heruntergekommen  und es ist aktenkundig, wie es 1733 zu beschreiben war:

 

"Das genannte Haus ist aus Holz erbaut, mit Stein ausgeflochten, ganz verfault und verfallen, die Scheuer mit Stroh gedeckt und die Wände geklidert;  nur nach gründlicher Reparatur hat es einen Wert von 500 Rhtr."

 

Es wurden dann dort - bei dieser Beschreibung -  auch noch die dazugehören Katen und Ländereien aufgezählt, so dass sich ein Gesamtwert vom 1.091 Rhtr. ergab. Das Abwirtschaften des Besitzes, des vormals stolzen Anwesens der Ritter von Baerl, alleine der Familie von Dresch zuzuschreiben, wäre nicht  gerecht. Einiges an Ländereien dieser Besitzung ist im Rhein bei der Verlagerung dessen Laufs schon vor langer Zeit im Wasser versunken. Und etliche Kontributionszahlungen an fremde Besatzungstruppen haben zweifellos dem Vermögen sehr zugesetzt. Ganz zu schweigen von den Verwüstungen, die die vielen fremden Söldner über Jahrhunderte und insbesondere im 30 -  jährigen Krieg  anrichteten. 

 

Nun, die Familie von Dresch verarmte immer mehr und auf dem schäbigen Hof hauste immer noch Friedrich Wilhelm von Dresch und beschäftigte damals eine Magd namens " Mechtelde Holtzstegh". Auch über diese ist auf der o. g. Unterseite noch zu berichten". Jedenfalls gelang es dem Junker Friedrich Wilhelm von Dresch nicht, seinen Besitz zu behalten. 

 

Das Haus und die anderen Besitzungen wurden 1749  zwangsversteigert und der ehemalige Besitzer zog, zusammen mit seinen Kindern, nach Budberg. Über den genauen Ort seines dortigen Verbleibs ist dem Verfasser zur Zeit noch nichts bekannt. Fest steht jedoch, dass eine seiner Töchter auf den "Schneewindhof" einheiratete und einen Derk Schneewind zum Ehemann nahm. Sophie Schneewind, geborene von Dresch hatte mehrere Geschwister. Ein Bruder hieß "Johann". Es ist eben genau der Johann, der die ledige Mutter Gertrud Elisabeth Hartmann, die Mutter des Wilhelm  heiratete. 

 

Elisabeth übte die Vormundschaft für ihren Sohn nicht aus. Das war ihr aus rechtlichen Gründen untersagt. Wilhelm bekam deshalb 2 Vormünder. Diese waren sein Großvater Johann und eine Margarethe von Dresch, die vom Verfasser bislang genealogisch noch nicht eingeordnet werden konnte, aber ja nun zweifelsfrei auch zu der verarmten Adelsfamilie gehört hat.  

 

Die Verknüpfung dieser beiden Familien ist also recht eng. Und auch mit der Wahl der Ehefrau des Johann Hartmann, also Wilhelms Großvaters,  mag sich diese enge Verbindung vielleicht auch schon viel früher abgebildet haben. Denn Johann Hartmanns Ehefrau (also Wilhelms Großmutter) kam auch von der anderen Rheinseite und zwar genau aus der Gegend, in der vormals die Familie von Dresch lebte, bevor diese nach Baerl kam.

 

Es ist damit zumindest äußerst naheliegend, das Gertrud Elsabeth Hartmann als Magd auf dem Schneewindhof in Vierbaum beschäftigt war, wo sie mit Johann von Dreesch, den sie ja später heiratete, in näheren Kontakt kam. Einen weiteren Grund für diese Annahme kann man auch darin sehen, dass nah am Schneewindhof der  Kuckuck-Hof gelegen hat. Es waren, ob nun (große oder kleine Hardt) in jedem Fall Nachbarn in Vierbaum. Auf dem Hof "op der Hardt" ging sie dieser Tätigkeit als Magd nicht nach. Haustöchter wurden nicht als Magd bezeichnet. 

 

Wer denn nun Wilhelms Erzeuger war, bleibt natürlich ungeklärt. Ein Franzose war es wohl eher nicht. Und allzu viele Burschen und Männer des Dorfes und der Umgebung, die namentlich nicht bekannt waren, dürfte es in diesem abgelegenen Ort wohl auch nicht gegeben haben. Allenfalls jemand aus den Räuberbanden, die den Niederrhein damals unsicher machten, könnte zu den "Unbekannten" gezählt werden, wie beispielsweise der 

 

"*pockenvernarbte Scherenschleifer aus Duisburg, der 1795  durch den Ort gezo­gen kam, um den Bauern für geringes Entgelt seine Dienste anbot. Er war recht mager, so um die vierzig Jahre und mit gelblichem Gesicht. Sein pechschwarzes Haar hing in Zöpfe geflochten lang über seinen Rücken herab. Seine eigentliche Mission war jedoch das Ausbaldovern. Zwei Wochen nach dessen Aufkreuzen tauchten fast fremde 20 Männer in der Vierbaumer Heide auf und überfielen den Bauer Anton Werkle."

 

( *Quelle Familiengeschichte Empelmann)

 

Doch den Räubern ging es normalerweise um etwas anderes, als die fleischliche Lust.

 

Wir wissen es also nicht,  doch es gibt da eben einige sehr konkrete Vermutungen....