Kurz vor Weihnachten 1843, am 20.12.1843 geschah in Vinn ein großes Unglück.
Der Grafschafter Bauer Schmitz
notierte dazu in seinem Tagebuch:
" im Dezember
ist ein gramses (?) Unglück
geschehen ein großes neu
erbautes Haus das zu einer
Anstalt dienen solte ist in
einen kurzen augenblick
alles bis auf den Grund zu
sammen gestürtzt worunter
11 Menschen ihren Tod fanden
Männer u Jünglinge
Dies geschah an dem Tage wo
sie die Gespinner ausrichteten
und waren bald fertig damit
da traf sie dis schnelle Unglück
Der Ort ist die Fild genant. "
(Vor diesem Eintrag im Tagebuch findet sich die Jahreszahl 1844. Das erklärt sich jedoch einfach aus der Nachträglichkeit des Eintrags, der erst im Folgejahr stattfand.)
Die Anstalt, die hier gemeint ist, ist die Einrichtung, die der Pädagoge Franz Luwig Zahn an den Filder Benden errichten ließ, um Gymnasiasten zu unterrichten und zu beherbergen. 1832 schon hatte er von Adolf Diesterweg die Position des Seminardirektors am Moerser Lehrerseminar übernommen und weitete mit dieser Anlage sein Tätigkeitsfeld aus und schuf mit dem dahinter liegenden spätklassizistischen Gebäude, das heute Averdunkshof genannt wird, eine standesgemäße eigene Heimstatt. 1837 oder 1840 (Die Quellenangben weiches voneinander ab) hatte Franz Ludwig Zahn das Gut Filt aus dem Nachlass des Moerser Bürgermeisters von Essen erworben und wurde zum Bauherr dieser Erziehungs- und Lehranstalt.
Bildquelle: Wikipedia
1841 begannen die Arbeiten an den beiden großen Bauten) die dem Beherbungs- und Lehrbetrieb dienten. (rechts und links der Zahnschen Villa)
Das dazugehörige Martinsstift, das hier noch nicht zu sehen ist, entstand (nach Angaben der Stadt Moers, Geschichtsstationen) erst 1890.
Zur Unterscheidung der nahezu identischen Bauten erhielten sie die Bezeichnungen
"Haus Wartburg" und "Haus Rheinland"
Bildquelle: Stadt Moers, Geschichtsstationen
Auch für diese Einrichtung war Publicity wichtig.
Doch bevor der Lehrbetrieb aufgenommen werden konnte, geschah es.......
Eines der beiden großen Zwillings- Gebäude (hinter dem Martinsstift, das hier im Vordergrund zu sehen ist) stürzte an diesem Unglückstag in sich zusammen.
(Ansicht Richtung Osten, aus der Perspektive der privaten Sternwarte des Herrn Zahn, auf dem Averdunkshof)
Über den Hergang der Ereignisse war in einer Ausgabe des Moerser Monats nachzulesen:
Aber auch ein trauriges Ereignis überschattete die Geschichte von Haus Fild: Am 20. Dezember 1843 gegen 14 Uhr stürzte das zweite, fast vollendete Gebäude der Erziehungsanstalt wie ein Kartenhaus zusammen. Elf Bauhandwerker kamen ums Leben. Sie hinterließen ihre Frauen und 20 unversorgte Kinder. In seinen Erinnerungen sprach Pastor Franz Ludwig Zahn die Vermutung aus, dass beim Mauern eines Bogens im Kellergewölbe ein Fehler unterlaufen sein musste. Einer der Bauarbeiter hörte ein unheimliches Knistern und sprang von oben vom Gerüst herunter. Er starb ebenso wie die anderen zehn Maurer und Schreiner, für die die herabstürzenden Trümmer zum Grab wurden. Riesige Anteilnahme verbreitete sich in der Stadt. überall wurde Geld für die Angehörigen der Opfer gesammelt; in den Zeitungen erschienen Aufrufe zur Hilfe. Dr. Zahn war zu jener Zeit auch Leiter der "Dorfchronik" und des "Grafschafter". Ob es wegen des Unglücks zu einer Gerichtsverhandlung kam, darüber gibt es keine Berichte.
Bernhard Scholten ging den schweren Gang zur Steinstraße 1, zum mittelalterlichen Rathaus neben dem Mattorn (1491 erbaut, 1955 abgerissen) , um dort dem Bürgermeister Friedrich Adolph Vinmann zu vermelden, dass nachmittags um 2 Uhr das Unglück in Vinn geschehen ist und veranlasste die Ausstellung der vielen Sterbeurkunden.
Elf Todesopfer gab es also zu beklagen und die Sterberegister der Stadt Moers und der Gemeinde Repelen geben zum Datum 20.12.1843 Auskunft über die Namen:
Wilhelm Feldgens * ca. 1817
aus Moers Vinn, ledig, Sohn des Dietrich Feldgens und der Jennken Schürmann
Balthasar Elfrath * ca. 1796
aus Krefeld-Linn, verheiratet mit Margarethe Witten, Wohnhaft in Bockum
Wilhelm Beck * ca. 1811
geboren in Krefeld, verheiratet mit Regina Sparla, wohnhaft in Bockum
Wilhelm Dahmen * ca. 1809
geboren in Alpen, Ehemann der Elisabeth Schmitz, wohnhaft in Repelen
Johann Keusemann * ca. 1799
geboren in Repelen, Ehemann der Margarethe Duven, wohnhaft in Moers
Gerhard Kleinspick * ca. 1814
in Kapellen geboren und dort wohnend, verheiratet mit Margaretha Wefers
Johann Waldwinkel * ca. 1789
aus Kapellen, in Kapellen wohnend, verheiratet mit Catharina Schmitz
Mathias Waldwinkel * ca. 1825
aus Kapellen, Sohn des zuvor genannten Johann Waldwinkel und der Margaretha Hunsmann
Friedrich Philipsen * ca. 1809
aus Kapellen, Ehemann der Margarethe Bergs
Peter Schmitz * ca. 1800
aus Moers, ledig, Sohn von Heinrich Schmitz und Agnes Bongardt
zu Repelen findet sich ein Eintrag
Wilhelm Dahmen * ca. 1813
geboren in Alpen, in Repelen wohnend, Ehemann der Elisabeth Schmitz und Sohn von Diedrich Dahmen und Sophia Wöllenweber
Zu Wilhelm Feldgens findet sich im Hochemmericher Kirchenbuch der nebenstehende Eintrag. Verzeichnet ist auch der Grund seines Ablebens und sein Beruf: Zimmerer.
Die genauen Angaben zu den Geburtsdaten und die Schilderungen der Schicksale der Hinterbliebenen warten noch auf ihr Auffinden.
Mehr über die Geschichte des Averdunkshofes in Vinn erfährt man über den nebenstehenden Link.
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Titelbild: Gramanshof, Moers-Kapellen / Vennikel