Dreifacher Kindesmord in Baerl

Im Jahr 1732 ereignete sich in Baerl ebenso Spektakuläres, wie Tragisches.

 

Im Zentrum des Geschehens stand eine Magd. Es handelte sich um Mechteld Holtzstegh. 

 

Sie arbeitete bis 1732 auf dem Gut des Friedrich Wilhelm von Dresch und war die Mutter von mindestens einem Kind ihres Dienstherren. Dieses Kind hatte noch zwei weitere Geschwister, bei denen die Vaterschaft des Wilhelm von Dresch nicht belegt ist. Einen Ehemann hatte sie nicht, war noch immer ledig.

 

Im o. g. Jahr kamen ihre 3 Kinder zutode und das war -den Quellen nach- das Werk dieser Mechtheld Holtzstegeh. Sie wurde verhaftet, des dreifachen Kindesmodes bezichtigt und in Moers vor Gericht gestellt (siehe Foto oben)

 

Doch sie bezichtigte ihrerseits Friedrich Wilhelm von Dresch, den Vater von mindestens einem Ihrer Kinder und Brötchengeber der Mittäterschaft. (Von ihm selbstverständlich abgestritten)

 

Es kam in diesem Fall deshalb zum Mordprozess, oder besser gesagt, zu zwei Mordprozessen. Der eine, bei der die Magd angeklagt war, fand in Moers statt, der andere in Berlin, in der Residenzstadt des Königs. Dort, in der Hauptstadt Preußens hatte sich Friedrich Wilhelm von Dresch dem Vorwurf der Mittäterschaft beim Dreifachmord auszusetzen. Ihm, als Adligem stand eine Verhandlung in der Gerichtskammer zu, die eben für Adlige zuständig war. 

 

Die Tat konnte ihm "nicht weiter nachgewiesen" werden, auch bei dem Vorhandensein der Aussage der Mechtheld Holtzstegh. Seine Verhandlung endete mit einem Freispruch aus Mangels an Beweisen.

 

Die Verhandlung in Moers nahm ein anderes Ende. Die Angeklagte wurde zum Tode verurteilt.

 

In den Tagebüchern der menonitischen Brüder ter Meer aus Krefeld (Abraham * 1729 und Claes), das in niederländischer Sprache abgefasst wurde, finden sich Schilderungen zu dieser Affaire. Die dort gemachten Angaben sind teilweise unzutreffend und wohl mit einigem  Vorbehalt zu betrachten. So ist dort eine falsche Jahreszahl (1734)  eingetragen und die Rede ist dort davon, die Geschehnisse hätten sich in Kempen zugetragen Doch dass sie sich in Wirklichkeit auf diesen Vorfall in Baerl bezieht, daran besteht kein Zweifel:

 

Wörtlich heißt es dort:

 

Am 17. Februar 1734 (siehe oben) erzählt man sich, dass in Kempen (siehe oben) eine Frau eine Schale mit Feuer unter das Bett gestellt haben soll - auf dem 3 Kinder lagen -, welches in Brand geriet, wodurch 2 Kinder verbrannten und eines noch am Leben sein soll. Am 15. April ist in Moers eine Frau wegen Ehebruchs und (Kindes-)mord im Rhein ertränkt worden. Sie sagte, dass der Junker von Baerl der Vater davon gewesen sei, der am 16. gefoltert wurde. 

 

 

1734 (siehe oben), den 15. April, ist zu Moers eine Frau im Rhein ertränkt worden (es wurde eine Stange aufgerichtet, sie wurde in einen Sack gesteckt, an der Stange war ein Seil, woran der Sack gebunden war und so in den Rhein gelassen und ertränkt) weil sie ihren beiden Kinder, die sie unehelich geboren hatte, getötet hatte. Sie sagte, der Junker von Baerl sei der Vater davon gewesen, der auch lange mit ihr in Moers im Gefängnis gesessen hat und man erzählt, dass er am 16. gefoltert worden sei.

 

Dieser Text beinhaltet also auch den Vorwurf des Ehebruchs, der nicht stimmig ist. Die Magd war genau so ledig, wie der mitbeschuldigte Junker von Driesch. Über die Art, wie die Hinrichtung stattgefunden hat, tauchte bei der Recherche übrigens auch eine davon abweichende Version auf, nach der sie dem Beil eines Henkers zum Opfer gefallen sei. 

 

Der oben zitierte Text ist ein Musterbeispiel für den Effekt,

der sich beim Informationstransport

"via Hören-Sagen" einstellt. Inhalte werden unpräzise,

neue "Zusatzinformationen" (in diesem Fall Ehebruch)

werden hinzugefügt. Die Orte des Geschehens

werden verlagert, auch wenn sie wegen ihrer

Sinnentstellung ihre Plausibilität verlieren.

(Verbrechen in Kempen

unterlagen nie der Moerser Gerichtsbarkeit.)

 

Nach der Chronik von Rheinkamp-Repelen sei die Magd Holtzsteg geständig gewesen. Es ist die Frage, ob dieses Geständnis freiwillig abgelegt, oder erzwungen wurde. Wenn man sogar bei dem Junker von Driesch nicht zimperlich war und ihn einem "peinlichen Verhör" unterzog, so wird von bei Mechteld Holtzsteg wohl kaum mehr Zurückhaltung geübt haben.

 

Für den Seitenbetreiber ist diese Geschichte von besonderem Interesse, denn die Opfer, die drei Kinder die verstarben, waren Halbgeschwister des Mannes, der die 4-fache Urgroßmutter heiratete. Denn später heiratete Friedrich Wilhelm von Dresch  mit über 40 Jahren Trintgen Heisterkamp , die ihm noch vier Kinder schenkte. Eines davon (Johann) wurde der Stiefvater des Wilhelm Hartmann.