Des Grafen Abstammung * Dietrich I. von Moers


Seit Generationen ist über die Abstammung des Grafen Dietrich I.  gerätselt und spekuliert worden. Reichlich haben sich Heimatforscher mit dieser Frage befasst. Irrungen und Wirrungen waren ncht selten und auch der Autor dieser Seite war von Fehldeutungen nicht frei. (Siehe rechts)

 

Das zu lösende Problem und letztlich alles erklärende Faktum, liegt in der Beantwortung der Frage:

 

Brachte die Sippe den Grafentitel bereits mit, als sie nach Moers kam, oder erwarb sie diesen erst in Moers?

 

Das Urkundenbuch zur Grafschaft schien zuerst die Antwort dazu nicht zu beinhalten. Die ersten Erwähnungen nennen den Titel "Graf" und später sind es plötzlich "Edelherren", bis sich nach und nach und dann auch schlussendlich die Bezeichnung "Graf" fest etablierte.  In der feudalen Hierarchie und Funktion auf einer ähnlichen Stufe, wie die Bezeichnung "Graf", jedoch in der Art des Erwerbs des Titels ist der Begriff "Edelherr" unterschiedlich. Dieser Unterschied liegt in der Person, die das Lehen vergab. Ist es ein Abt eines Klosters? Ist ist jemand aus dem weltlich-feudalen Bereich?

 

Regalien, die von Klöstern vergeben wurden (Lehen) wurden von "Regalen" von der Art "Herren von" oder "Edelherren von" und eben nicht von Grafen verwaltet.

Und im Bezug auf Moers ergab sich bei der Sichtung des Urkundenbuches ein in sich nicht schlüssiges Bild. 

 

(Neben diesen beiden Varianten ist noch eine weitere bekannt, die aber zum Ende des 13. Jahrhunderts schon nur verhältnismäßig selten anzutreffen war: Die "Edelherren", die als lehensfreie Gutsbesitzer und freie Herren. -Das Haus Batenburg war im 13. Jahrhundert offenbar noch einer dieser eher selteneren Fälle - Als "Edelfreie" waren sie gegenüber ihrem Landesherrn nicht verpflichtet, bekamen aber dennoch das Recht zur Verwaltung eines ihnen anvertrauten Raumes. Aus dem Adelssystem verschwand diese Form deshalb sehr oft, weil die ehemals freien Gutsbesitzer, die "Edelherren" sich zum Zweck Ihres Schutzes vor Feinden in die Lehensherrschaft ihres Fürsten oder Herzogs begaben, um mit diesen zusammen eine stärkere Macht darzustellen. Sie gaben ihr Eigentumsrecht auf und erhielten im Gegenzug das Lehen ihrer ehemals eigenen Besitzungen von ihren Landesherrn und die damit verbundene Schutzwirkung.)

 

Da die Umbenennung vom Grafen zum Edelherren in der Geschichte ein eher nicht auszumachender Akt ist, und zwar einer, der gewiss auch -im Bezug auf Moers - in den Urkunden seinen Niederschlag gefunden hätte, lag die Vermutung zunächst nahe, Betitelung des "Edelherren" sei die im Grunde richtigere und die Angaben zur "Grafenschaft" in Moers, sei das Resultat von Urkunden, die erst viel später (weit nach dem eigentlichen zugrundeliegenden Ereignis) abgefasst oder - "nacherstellt" - wurden und dabei auf den Status ("Graf oder Edelherr") zum Zeitpunkt der Niederschrift der Urkunde einen Bezug haben. Doch, wie sich zeigen wird, ist diese Vermutung falsch!

 

Die jeweilig angegebenen Titelformen geben anscheinend den zur ihrer Zeit gültigen Status (im Zusammenhang der jeweilige Funktion, in der die in den Urkunden angegebenen Personen auftreten) tatsächlich wieder und genau darin liegt auch einer der konkreten Schlüssel zur Frage zur Herkunft der Grafen von Moers!

Die Beschreibungen im Urkundenbuch des Hermann Keussen zur Herrlichkeit Krefeld und der Grafschaft Moers zu den Jahren 1287 (#159) und 1294 (#185) führen auf eine völlig falsche Spur. Ausgangspunkt der Überlegungen muss es sein, wie die „Edelherren von Moers“ zum Grafengeschlecht aufstiegen. In der fest gefügten feudalen Ordnung des Hochmittelalters stand es fest, dass der Titel des Grafen nur von königlichen Gnaden verliehen werden konnte. Im Prinzip schied damit der Bischof des Erzbistum Kölns als Verleiher des Adelstitels aus, da ihm dieses Recht verwehrt war.

 

Ebenso falsch, wie voreilig gab es dazu kurzzeitig im Internet eine Unterseite zu dieser Homepage, die eine Herkunft aus dem Bereich Kleve unterstellte. Nach weiterem Erkenntnisgewinn und nur wenigen Tagen wurde dieser Beitrag wieder gelöscht. 

 

 

Diesem Irrtum ist der Autor dieser Seite nicht als erster aufgesessen, wie das nachstehende Bildchen zeigt. (Bei Bedarf bitte vergrößern)

 

 

Zu der Überlegung, dass einer der Verdächtigen, der Kölner Bischof für das Etablieren des Grafengeschlechtes ausschied: Er, der Bischof in Köln konnte ein Personal bestimmen, das funktional dem entsprach, was auch einen Grafen ausmacht, nämlich die Wahrung der Interessen seines Lehensgebers. Doch diese „Personal“ trug eben nicht die Adelsbezeichnung „Graf“, sondern  „Herr von....“.

 

Dieses traf zwar zeitweise auch auf die Herren vom Moers zu, doch es kam dann später zu der sich verfestigten Bezeichnung "Graf". Da dieses im zeitlichen Umfeld der Zugehörigkeit zur Grafschaft Kleve (siehe die beiden Urkunden 159 und 185) geschah, kam es zu dem Trugschluss einer Abstammung der Grafen von Moers aus dem Haus Kleve.

 

* * *

 

Auch Prof. Dr. Carl Hirschberg bot für diese Unstimmigkeit in der Betitelung der Herren/Grafen von Moers in seiner „Historischen Reise durch die Grafschaft Moers“ (1905) keine überzeugende Antwort an. Die Betitelungen folgen keinem kohärenten zeitlichen Ablauf. Es geht in den Urkunden hin und her und dafür müsste im Grunde durchaus eine plausible Erklärung zu finden sein. (Und so war es dann auch: Auch darüber soll diese Seite Aufschluss geben.)

 

Eines war völlig klar: Die von einem anderen Historiker angebotene Lösung des Rätsels der Herkunft des Adelstitels konnte nicht stimmen:

 

Anzunehmen, das in Moers ansässige Haus der „Herren von Moers“ habe sich den Grafentitel gewissermaßen eigenmächtig zugelegt, ist völlig absurd. Das Mittelalter war durchaus nicht der rechtsfreie Raum, auch wenn das Rechtssystem in weiten Teilen noch keinen schriftlichen Niederschlag gefunden hatte. Und gerade und insbesondere war die Frage der Zugehörigkeit zur feudalen Oberschicht keine, die man sich en passant zulegen konnte. Der Zirkel feudaler Herrschaft war schon lange ein völlig hermetisch abgeschlossener Bereich. Seit Jahrhunderten war nach überliefertem Recht die Verleihung von feudalen Titeln zutiefst und fest verankert und schon lange vergeben.  Der Anspruch, den man damit zum Ausdruck gebracht hätte, wäre wohl regelrecht lebensgefährlich gewesen. Mit dem Grafentitel des Grafen von Moers war ja ein hoheitlicher Anspruch verbunden, den man einem anderen mit einer solchen Eigenmächtigkeit direkt streitig machte.

 

Der Grafentitel als Herrscher über eine Grafschaft ist ja nicht nur ein Adelstitel, sondern ist in jener Zeit (bei einem eigenen Grafschaftsbesitz) immer auch die Darstellung eines Rechtsbezuges zum jeweiligen Lehensgeber. 

 

(Es gab auch die Möglichkeit der Titelvergabe ohne eine Verbindung zu einem Areal, das als Grafschafft vom Grafen verwaltet wurde und es waren dann "Beamte" des Titelverleiher, die am Sitzt des Verleihers des Adelstitels tätig waren. <Aber dieses war ja etwas, was bei den Grafen von Moers nicht zutraf.<)

 

Es konnte daneben auch vollkommen ausgeschlossen werden, dass ein ortsansässiger und alteingesessener Edelherr, der sich einfach des Grafentitels bemächtigt hatte, in die Kreise eindringen konnte, in die die Grafen von Moers seit frühester Zeit gelangten.



Ein Herr von Lebedur unternahm schon im 19. Jahrhundert den Versuch, die Herkunft des Grafengeschlechtes Moers heraldisch, also über die Wappenkunde abzuleiten. Er kam, wie Staatsarchivdirektor Dr. Bernhard Vollmer in Düsseldorf 1929 in einem Vortrag darstellte, zu dem Ergebnis, dass dessen Ableitung, die in die Richtung Vianden führte, "eine weiter zu stützende Annahme" sei. 

 

Es ist anscheinend Zeit für eine Rehabilitation des Herrn von Lebedur

(Leopold Karl Wilhelm August Freiherr von Lebedur)

 

Wappen der Grafschaft Moers

 

Bildquelle: Wikipedia

Wappen des Grafen von Vianden

- Brabanter Löwe -

 

Bildquelle: DE.ACADEMIC.RU 


Der Versuch, die Herkunft des Moerser Grafengeschlechtes zu ergründen, ist sicher keine leichte Aufgabe. Dieses ist nicht nur mit einer recht dürftigen Datenlage zu begründen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die noch vorhandenen Urkunden oft lediglich Abschriften älterer Originale sind oder in einigen Fällen Dokumente sind, die als Originale erst einige Zeit nach den beschriebenen Ereignissen verfasst wurden. Und dennoch - die Lösung erschien im Bereich des Möglichen. Und - um genau zu sein, die Lösung des Rätsels, woher die Moerser Grafen kamen, ist im Grunde bereits nahezu alleine mit den Möglichkeiten des "Urkundenbuchs zur Herrlichkeit Krefeld und der alten Grafschaft Moers", des Hermann Keussen zu finden.

 

Bei den Recherchen zum Thema wurde einiges immer deutlicher: 

 

Ohne Kenntnisse des feudalen und klerikalen Habitats und der in dieser Zeit herrschenden Auseinandersetzungen der niederrheinischen Potentaten, ist ein Verstehen des Auftauchens der Grafschaft Moers eigentlich unmöglich. Diese Zeit unzähliger Kriege, Fehden und Schlachten als eine Phase der Anarchie zu verstehen, ist sicher nicht ganz falsch. Diese bedingte das Entstehen zahlreicher, oft wechselnder Bündnisse, die das eigen Gewicht im Machtpoker der Zeit vergrößern sollten. Kriege, in der Art, wie es sie zu Beginn der Grafschaft Moers gab, hatte es auch schon in der Vergangenheit gegeben. Sie gehörten gewissermaßen zum Unkulturgut deutschen Lebens spätestens seit der Völkerwanderung. Doch mit dem Autoritätsverlust des Kaisertums, den Kaiser Heinrich IV. hinzunehmen hatte, als der Papst ihn an seiner Burg Canossa buchstäblich in die Knie zwang, erstarkte der Klerus und stieg der Expansionshunger der Landesfürsten nochmals beträchtlich an. 

 

Noch bedeutsamer war es, die Familienhintergründe ausfindig zu machen. Ohne zu wissen, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis die Personen zueinanderstanden, die in den Urkundenbüchern angeführt werden, bleiben die Bedeutungen dieser Urkunden in weiten Teilen unverständlich. Mit diesem Wissen um die familiären Verbindungen wird es mit einem Mal klar, warum beispielsweise die eine Person einer anderen als Testat zur Verfügung stand. 

 

Mit dieser Einsicht ausgestattet, bestand die Absicht, die Daten zusammenzutragen, die mit dem Grafengeschlecht Moes vom ersten Ercheinen, bis hin zum Jahr (ca.) 1500 familiär und genealogisch in Verbindung standen. Dafür war anfangs ein Zeitraum von 1- 2 Wochen eingeplant. Diese Arbeit nahm mehrere Monate in Anspruch und es wurden etwa 2.600 Personen in einem Ahnenblatt eingetragen, die zum Verständnis der Bedeutung der Urkunden ganz erheblich beitrugen.

 

Etwas anderes wurde (nach einem genaueren Hinsehen) auch klar: Es ist eindeutig, in welchem Abhängigkeitsverhältnis die ersten in Moers residierenden Grafen oder Herren von Moers standen, als diese Grafschaft entstand. Diese Abhängigkeit lag im Fürstbistum des jeweiligen Bischofs in Köln und derjenige Bischof, der zur entscheidenden Figur wurde, war Konrad von Hochstaden *1198 - 1261. Es ist eine Personalie, auf die wir noch gründlich einzugehen haben. 

Er hatte eine herausragende Rolle im damaligen Hegemonietreiben inne. Und der Zeitgenosse des Grafen Dietrich I. von Moers stand in einer erstaunlich engen Verbindung mit diesem Grafen, der auf dem Gebiet der Latifundien der Klosters Werden siedelte, ohne dass die Grafschaft als ein Lehen des Bistums in Köln, oder des Klosters Werden verstanden werden kann. Graf Dietrich war - was man den vorhandenen Quellen - entnehmen kann, kein Lehensnehmer Kölns sondern muss offenkundig eher als ein Vasall des Erzbistums bezeichnet werden. Den Eindruck, die Moerser könnten Lehensnehmer des Klosters Werden gewesen, könnte man gewinnen, wenn man sich beispielsweise das Werdener Lehensregister aus dem Jahr 1332 anschaut. Auch hier ist, neben vielen anderen Theoderico domino de Muerse genannt. Doch diese Interpretation greift zu kurz: Seit dem Auftreten der Grafen in Moers hat das Grafengeschlecht aus dem Werdener Besitz weitere Güter übernommen und das dann als Lehensnehmer -speziell dieser Güter-, die neben dem Eigenbesitz des Grafengschlechtes in Moers standen. 

 

Die oben angeführte Abhängigkeit von Köln dagegen, geht alleine schon aus der Urkunde des UB I. mit der Nummer #146 hervor Hier heißt es im Jahr 1281:

 

"Friedrich von Morse gelobt wegen des Unwillens, den er sich vom Kölner Erzbischof Sifried zugezogen hat, binnen Jahresfrist der Kölner Kirche eine Rente von 10 Mark, auf Allodialgut angewiesen, als Erblehen aufzutragen." 

 

Das ist sicher keine Formulierung eines reumütigen Büßers im theologischen Sinn, sondern eine demütige Geste gegenüber demjenigen, der ihm "vorsteht". Bei dieser Textzeile handelt es sich um eine, in der es weder um Dietrich I. von Moers ging, noch um den Bischof von Hochstanden. (Zu dieser Zeit lebten der o. g. Konrad von Hochstaden und auch Dietrich I. ja nicht mehr.) Aber die Abhängigkeit des Nachfolgers des Grafen Dietrich (Sein Bruder Friedrich) vom Kölner Bischofsstuhl (in der Amtszeit des Siegfried von Westerburg) existierte da noch. 5 Jahre später dann, nach der Schlacht von Worringen  im Jahr 1288, veränderte sich das hoheitliche Recht nach Kleve, aufgrund der vorangegangenen Erklärung des Grafen von Moers. Dieser erklärte die Grafschaft Moers zum Unterlehen des Grafen von Kleve. (Anm. des Autors: Zum Herzogtum Kleve avoncierte dieses Herrschaftsgebilde erst 1417). 

 

Der Beistand, den das Moers Grafengeschlecht mit seinen Rittern bei der Worringer Schlacht 1288 dem Erzbischof leistete- in Allianz mit dem Grafen von Geldern, von Luxemburg, Nassau, Altena-Isenberg, mit den Herren von Plettenberg, von Valkenburg, Walram von Jülich, Herr von Berg und Dietrich LUF II. Graf von Hülchrath und Tomburg - ist ein ebenso deutliches Anzeichen für die Bindung von Moers an den Bischofsstuhl in Köln. Die Art der Bindung an Köln, die es bis zur Worringer Schlacht gab, erhellt beträchtlich das Geschehen zum Entstehen der Grafschaft Moers.

 

Das, was wie ein Widerspruch wirkt, war in Wirklichkeit kein solcher, sondern entsprang einem Kalkül. Die scheinbare Abwendung vom Fürstbistum in Köln (durch die Erklärung zum Klevischen Unterlehen) einerseits, hin zur Grafschaft Kleve, die sich in die Angelegenheiten der Worringer Schlacht nicht einmengte und andererseits die Beteiligung der Moerser Grafschaft an dieser Auseinandersetzung als Alliierte des Bistums, diente eindeutig dem Zweck, dass im Fall einer Niederlage dieser Allianz die Grafschaft Moers nicht an die Kriegsgegner fallen sollte. Und in diesem Zusammenhang ist eine Regelung besonders bemerkenswert und aufschlussreich: Nicht die gesamte Grafschaft wurde 1287 per Deklaration zum Unterlehen der Grafen von Kleve. Diese Umorientierung stand im Kontext mit der bevorstehenden Schlacht im Limburger Erbfolgestreit, die vor den Mauern des Klosters Knechsteden bei Worringen stattfand. 

Bei dieser Erklärung dazu, dass die Grafschaft Moers ein Unterlehen des Hauses Kleve sei, existiert eine ausgesprochen bemerkenswerte Ausnahme, die im weiteren Text noch zum Thema wird. Die Besitzungen in Hohenbudberg und Uerdingen wurden ausgespart. Dabei hat Hohenbudberg, dem die Gerichtsbarkeit über Uerdingen unterstand, offenbar die größere Bedeutung, als das größere Uerdingen. Die Gründe für diese Sonderregelung sind nicht einwandfrei erkennbar, scheinen jedoch mit dem Eigenbesitz des Erzbischofes in diesem Ort im Zusammenhang zu stehen, den es dort schon seit dem Jahr 1003 gab. (UB# 159) Hohenbudberg, in dessen Angelegenheiten Konrad von Hochstaden auffällig oft eingriff,  besaß offenkundig eine besondere Bedeutung, ebenso wie das unproportional häufige Auftreten der Ortsbezeichnung Budberg (Hohenbudberg) im Urkundenbuch, Band 1.)  Auch dieser Frage, weshalb dieser kleine Ort - Budberg - eine Sonderregelung unterlag und so häufig in den Urkunden auftaucht, galt es - wenn möglich - aufzuklären. 

 

Die Herren und Grafen von Moers - in Moers

 

Das, was wie eine ungeschickte Formulierung aussieht (von Moers in Moers) hat seinen Grund. 

Der Sippenname "von Moers" hat, wie auch dem Urkundenbuch nachzulesen ist, eine Vorgeschichte außerhalb der Lokalität Moers. 

Die Frühzeit von Moers steht spätestens seit 1150 im Zusammenhang mit der Herrschaftsbezeichnung "Graf von Moers", ohne dass sich aus den Urkunden ablesen lässt, dass es eine passende Familie auf Moerser Grund gegeben hat. Es ist offensichtlich, dass diese Erwähnung mit der Urkunde Nr. #28 einen Bezug hat zu Wilhelm von Moers, der als erster Graf von Moers,  im Urkundenbuch in der Urkunde #30 als Abt des Klosters Werden genannt ist. 

 

Kloster Werden

Bildquelle: Kathpedia.com

 

Es ist aber nicht der erste Eintrag im Urkundenbuch,

der auf einen Wilhelm von Moers hinweist. 

 

Der Blick ins Namensregister  des Urkundenbuches verrät, dass dieser Wilhelm von Moers als Abt des Klosters Werden bei einer Urkunde für das Jahr 1003 zeitversetzt eingebunden war. Entstanden ist diese Urkunde bedeutend später, nämlich in der Zeit, als Abt Wilhelm von Moers das Kloster Werden führte.

In diesem Dokument geht es um  Tausch von Besitzungen.

 

"19. Mai 1003, Rheinberg. - Der Kölnische Ritter Wezelin mit seiner Gattin Meinburg überlassen ihre Besitzungen in Mehrum, Stockum, und Götterwick dem Stifter des Deutzer Klosters Erzbischof Heribert precarisch gegen dessen Hof in Hohenbudberg", heißt es in Lacomblets Transkription. 

 

(Die Vokabel "precarisch" steht dabei offenbar für einen Zustimmungsvorbehalt und ein Widerrufsrecht bei der Nutzung des Objektes in Form der Weitergabe durch den neuen Inhaber, Anm. des Autors)

 

Diese Textstelle weist den Namen des Wilhelm von Moers, Abt des Klosters Werden nicht aus.

Wie ausgeführt, ist dieser Name lediglich im Namensregister zu diesem Dokument verzeichnet,

so dass sich daraus klar wird, dass der Abt des Klosters Werden Graf Wilhelm von Moers

- als Sachwalter der Angelegenheit der Herrlichkeit Friemersheim, lediglich als Chronist fungierte.

Einen Grafen von Moers gab es im Jahr 1003 also nicht. 

 

 

 

 

Von einem gewissen Gewicht ist diese Textstelle dennoch.

Auch hier ist der Ort Hohenbudberg im Zentrum der Aussage.

Auch hier ist es der Erzbischof von Köln, der zu den Akteuren gehört

und (damit greifen wir etwas vor) ist es das Kloster Deutz,

das bei der Aufklärung der Verhältnisse eine gewisse Rolle spielt.

 

 

Nimmt man die Informationen des Hermann Altgeld aus seinem Werk "Geschichte der Grafen und Herren von Moers" (erschienen 1845) hinzu, dann erfahren wir, dass das Turnierbuch des 11. Turniers 1179 in Köln ein Wilhelm, Graf von Moers zu den Teilnehmern gehörte. Diese Namensnennung findet sich dann auch bei dem Turnier in Worms, das 1209 stattfand. 

Nicht nur dieser Autor schließt es aus, dass dieser Wilhelm von Moers mit jenem Wilhelm von Moers gleichzusetzen ist, der als Abt im Kloster Werden von 1152 - 1160 amtierte.

Der Autor Hermann Altgeld führt außerdem noch einen Aldeber, Graf zu Mörßberg an, der jedoch zweifelsfrei mit der Grafschaft Moers nicht in Verbindung zu bringen ist. 

 

Der Anfang in Moers

 

Zur Entstehung der Grafschaft gehört zwingend (zumindest für den hier behandelten Fall) die Anwesenheit des entsprechenden Grafen. 

 

Diesen finden wir dann in Moers endlich in der Person des Grafen (Theoderich) Dietrich I. von Moers, der gemäß der aktuellen Geschichtsschreibung 1262 verstorben ist. Verschiedenen Quellen zufolge  (private Genealogien) sei dieser Dietrich um das Jahr 1195 oder um das Jahr 1200 geboren. 

 

Und mit diesem verbinden sich die zentralen Fragen zur Entstehung der Grafschaft.

 

Wie war es möglich, dass sich auf dem Territorium eines bereits vergebenen Lehens (Friemersheim) eine andere und zweite adlige Sippe etablieren konnte, die sich von Anfang an als Grafen bezeichnete, ohne das Lehen als "Herren von Moers" oder als "Grafen von Moers" dazu vergeben bekommen zu haben? Eine solche Lehensvergabe ist ja nicht überliefert und ein solches Lehen ergäbe eine Überschneidung mit der schon bestehenden Herrschaft der Herren von Friemersheim. 

 

 

 Und das dann, ohne mit den bereits dort vorhandenen administrativen Lehensnehmern (Herren von Friemersheim) in Konflikt zu geraten.  Auch die klerikale Oberhoheit, der Bischofsstuhl in Köln, legte bei dieser Etablierung der Grafen von Moers kein Veto ein, sondern kooperierte in enger Weise mit dieser Sippe und erlaubte dann auch noch später die Ausweitung des Besitzanspruchs des neuen Adelshauses zu Lasten eines konkret-nachweislichen eigenen kurkölnisches Gebietes. 

( Herrlickeit Krefeld & Burg Cracau -Krefeld)

 

*

Die nächste Frage lautet folglich:

 

Woher kam Dietrich I., der Graf von Moers?

 

*

Und drittens:

 

Weshalb wurde für einen definierbaren Zeitraum von der Betitelung "Graf" abgewichen und die in Moers agierenden Personen aus dieser Familie dann in einer kaum zu definierenden wechselhaften Weise mitunter "Herren von Moers" genannt?

 

Um diesen Fragestellung auf den Grund zu gehen, ist die Umstrukturierung des Namensregisters aus dem Urkundenbuch des Hermann Keussen hilfreich.

 

Bei den Namen, die in dieser modifizierten Register herangezogen wurden, sind alle Einträge vermerkt, die im Urkundenbuch mit dem Namen "Graf Dietrich I. von Moers" /" Dietrich I. Herr von Moers" und letztlich (nur) "Herr von Moers" (ohne Vornamensnennung) anführen.

 

Dieses chronologisch sortierte Register führt die o. g. Namen mit den entsprechenden Urkundennummern an, weist in der 2. Spalte das dazugehörige Jahr aus, gefolgt von der 3. Spalte mit der Art der Betitelung. In der 4. Spalte sind die Orte angeführt, in der die Urkunden (sicher oder mutmaßlich) ausgstellt wurden, sowie die Orte, um die es in den Urkunden geht.

 


Aus dieser Zusammenstellung lassen sich einige wichtige Aspekte ablesen:

 

1. Der Zeitraum, in dem die Sippe "von Moers", als Herren von Moers bezeichnet wurde, umfasst im Prinzip nur den Zeitraum von ca. 1150 - 1233. Nach diesem Jahr existieren noch drei weitere Urkunden, die auf diese Adelsbezeichnungsform zurückgreifen.

In den Jahren 1282 und  1302 und 1307 findet sich diese Form jeweils noch einmal.

 

Bei der Urkundennummer #149 (1282) ist der Originaltext der Urkunde nicht angeführt, sondern (wie bei der überwältigenden Mehrzahl der Einträge auch) lediglich eine Kurzfassung angegeben. Auch der Name "Herr von Moers" ist hier nicht expressis verbis genannt. Es ist denkbar, dass sich der Orignaltext auf einen "Herrn von Moers" bezieht, auf den rückbezüglich verwiesen wurde. (Das bedarf noch der Klärung, da auch das Urkundenbuch des Dr. Theodore Lacoblet für dieses Jahr dem Seitenbetreiber keine Auskunft erteilt.)

 

Die Urkunde mit der Nummer #214 aus dem Jahr 1302 ist da anderer Natur. Hier gibt es einen deutlichen Gegenwartsbezug (Gegenwart des Jahres 1302) 

 

Die letzte Urkunde, um die es bei dieser Frage geht, ist die, die die Nummer # 227 trägt und für die Analoges zu dem zu gelten hat, was schon für die Nr. 214 beschrieben ist. 

 

Nimmt man nun diese 3 letzten Einträge heraus, die nochmals die Form "Herr von Moers" aufgreifen, dann bleibt eben der schon oben genannte Zeitraum von 1150 - 1233 übrig. Für die verspäteten weiteren Einträge mag es durchaus vernünftige (menschliche) Gründe geben, weshalb es diese Reminiszenzen an die Zeit vor 1233 gab. 

 

Der unbedarfte Leser mag sich fragen, warum ist das wichtig?

 

 

 

Nun, diese Art der Betitelung erlaubt eine Aufschlüsselung über die Übertragung der ausgeübten Funktion und diese bedarf der näheren Erklärung, die mit der dem nächsten Abschnitt abgegeben wird.  Verbunden ist diese "Funktion" immer mit dem Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich die betreffenden Personen befinden, bzw. hat einen Bezug darauf, dass es ein Abhängigkeitsverhältnis nicht gegeben hat.  

 

Diese Auswertung förderte zutage, dass für den Zeitraum 1150-1233 ein Abhängigkeitsverhältnis von einem Landesherrn nicht existierte. 

Ab etwa 1233 wurde der Grafentitel zum (fast) beständigen beständigen Namensbestandteil. 

Damit stellt sich - wie beschrieben - ab dieser Zeit ein Abhängigkeitsverhältnis zu einem Landesherrn dar. Dieses Jahr liegt in der Amtszeit des Erzbischofs von Konrad von Hochstaden, der (s. o.) als Erzbischof den Grafentitel nicht vergeben konnte. Doch Konrad von Hochstaden übte in dieser Zeit auch eine Funktion aus, die weit über das alleinige Amt des Bischofs hinausging. Eine Funktion, die ihn in die Lage versetzte, auch Adelstitel zu verleihen. 

 

Was die Zeit vor 1233 angeht, so ist zu konstatieren, dass die Bezeichnung "Herr von" nicht als Funktion eines Regalen eines Klosters angesehen werden kann. Das erschließt sich unzweifelhaft aus dem Faktum, dass die Grafen und Herren von Moers über alle Zeiten die "Reichsunmittelbarkeit" besaßen. Das bedeutet, dass es sich bei dem von den Herren von Moers beherrschten Gebiet um einen Eigenbesitz gehandelt hat, ohne dass dieses Grafengeschlecht im Moers ihren Ursprung hatten. Daraus folgt, dass dieses Adelsgeschlecht das Gebiet, über das sie herrschten, auf irgend eine Weise "erworben" haben muss.

 

 


Hier ist festzuhalten, dass die Möglichkeit den Grafentitel zu tragen, nur dann bestand, wenn zu jener Zeit dem Betreffenden (oder einem seiner Vorfahren) der Titel durch königliches Recht - wohl meist durch den König selbst - verliehen wurde. 

 

Das bedeutet, dass eine Interpretation zur Entstehung der Grafschaft Moers, die in der Literatur gefunden wurde, als völlig unrealistisch zu bewerten ist.

 

Anzunehmen, das in Moers ansässige Haus der „Herren von Moers“ habe sich den Grafentitel gewissermaßen eigenmächtig zugelegt, ist völlig absurd. Das Mittelalter war durchaus nicht der rechtsfreie Raum, auch wenn das Rechtssystem in weiten Teilen noch keinen schriftlichen Niederschlag gefunden hatte und die Zeit des Hochmittealters von anarchischen Zügen gekennzeichnet war. Und gerade und insbesondere war die Frage der Zugehörigkeit zur feudalen Oberschicht keine, die man sich en passant zulegen konnte. Der Zirkel feudaler Herrschaft war schon lange ein völlig hermetisch abgeschlossener Bereich. Seit Jahrhunderten war nach überliefertem Recht die Verleihung von feudalen Titeln zutiefst und fest verankert und schon lange vergeben.  Der Anspruch, den man damit zum Ausdruck gebracht hätte, wäre wohl regelrecht lebensgefährlich gewesen. Mit dem Grafentitel des Grafen von Moers war ja ein hoheitlicher Anspruch verbunden, den man einem anderen mit einer solchen Eigenmächtigkeit direkt streitig machte.

 

Der Grafentitel als Herrscher über eine Grafschaft ist ja nicht nur ein Adelstitel, sondern ist in jener Zeit (bei einem eigenen Grafschafts-Lehens-Besitz) immer auch die Darstellung eines Rechtsbezuges zum jeweiligen Lehensgeber. Einen solchen Bezug kann man jedoch für die ersten Grafen von Moers - als belehnte Grafen -nicht ausfindig machen. 

 

(Es gab auch die Möglichkeit der Titelvergabe, ohne eine Verbindung zu einem Areal, das als Grafschafft vom Grafen verwaltet wurde und es waren dann "Beamte" des Titelverleihers, die am Sitzt des Verleihers des Adelstitels tätig waren. >Aber dieses war ja etwas, was bei den Grafen von Moers (oder vielleicht doch in dem einem Fall = s. Werdener Abt Wilhelm, Graf von Moers =)  - eigentlich nicht zutraf.

 

Es konnte daneben auch vollkommen ausgeschlossen werden, dass ein ortsansässiger und alteingesessener Edelherr, der sich einfach des Grafentitels bemächtigte, in die Kreise eindringen konnte, in die die Grafen von Moers seit frühester Zeit gelangten.

 

Damit zurück zu der Auswertung und zu dem Versuch einer anderen Art der Kontextualisierung,:

 

Es ist der Versuch, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wo die genannten Grafen oder Herren von Moers ihren Wohnsitz, ihren Lebensmittelpunkt oder ihr Wirkungsfeld innehatten, bevor die Zeit ihrer Anwesenheit auf Moerser Gebiet eintrat.

 

Die Aufstellung bereitet ein Reihe wichtiger Erkenntnisse.

 

A)

Von Beginn an bis zum Zeitraum, der rund um das Jahr 1250 beginnt, ist ausschließlich die Verwendung des Grafentitels gebräuchlich.

B)

Für den gleichen Zeitraum existieren keinerlei Hinweise darauf, ein Graf von Moers sei auf dem Gebiert von Moers oder Friemersheim zugegen gewesen.

C)

Ebenfalls für diese Zeitspanne gilt, dass alle gefundenen Urkunden im sachlichen oder räumlichen Umfeld des Erzbistums Köln ihren Ursprung haben. (Lediglich 2 Urkunden betreffen die Herrlichkeit Friemersheim selbst und betrafen damit das Gebiet, auf dem die Grafschaft entstand. Es waren aber solche, die entweder in Friemersheim oder im Kloster Werden entstanden und das, ohne eine aktive Beteiligung eines Grafen aus Moers, sondern nur dessen Namen beinhalten.

D)

Ab dem Zeitraum, ab dem sich eine Anwesenheit eines Grafen von Moers auf dem Gebiet von Moers, oder zumindest im Bereich der Herrlichkeit annehmen lässt, (spätestens um 1150) werden mehr und mehr Angelegenheiten aus dem Bereich der späteren Grafschaft zum Inhalt der Urkunden mit denen die Grafen von Moers selbst befasst waren.

E)

Simultan zum mutmaßlichen Auftreten der Grafen von Moers in Moers findet die Verwendung der Adelsform "Herren von Moers" Verwendung, ohne dass dieses in einer nachvollziehbaren Kontinuität geschehen sei und die dann erst nach dem Jahr 1233 endet. 

 

Was ist nun daraus abzulesen? 

 

a)

Das weist für die Zeit, in der es zur Präsenz der Grafen von Moers auf Moerser Grund kam, ganz massiv in die Richtung, wo Konrad von Hochstaden den Bischofsstuhl seit dem Jahr 1238 innehatte. Nach Köln!  Desweiteren liegen Urkunden vor, die Dietrich von Moers auch noch nach der Inbesitznahme des Moerser Gebietes als einen engen Vertrauten des Konrad von Hochstanden auszeichnen bei Transaktionen, die außerhalb des Grafschafter Raumes liegen. Und die Urkunden, die vor der Inbesitznahme eines Moerser Territoriums ausgestellt wurden, weisen einen Dietrich von Moers als Grafen, oder Herrn von Moers in Köln auch schon zu der Zeit aus, als Konrad von Hochstaden noch nicht das Erzbischofsamt innehatte. In diese "vor-Konrad-von Hochstaden-Zeit" also fällt die Phase, in der die Moerser als "Herren von Moers" bezeichnet wurden und in der diese Sippe in Moers nicht nachweisbar ist. Es ist daher naheliegend, diese Sippe als eine zu identifizieren, die entweder die Amts-Verwaltung über Moers durch den Bischof in Köln (oder von einem anderen Lehensgeber)  in der Zeit vor Konrad von Hochstaden übertragen gekommen hat, oder eben als eine solche, die bereits einen Eigenbesitz im Moerser Bereich innehatte. Von einem Eigenbesitz des Bischofsstuhls im Bezirk der Werthschen Schenkung ist jedoch nur das Gebiet bekannt, das im Hohenbudberger und Uerdinger Raum lag. Wäre die Moerser Sippe noch zu Kölner Zeiten zum Sachwalter der Kölner Angelegenheiten auf Hohenbudberger Besitzungen des Bischofs geworden und hätte sich auf diese Weise die Adelsbezeichnung "Herren von..." zugelegt, so wäre wohl kaum die Bezeichnung "Herren von Moers" daraus erwachsen, sondern "Herren von Budberg".  Nach logischen Erwägungen bleibt im Grunde damit nur die andere Alternative übrig: Die Bezeichnung "Herren von Moers" als Sachwalter der Moerser Angelegenheiten im Auftrag eines Kosters. 

 

 

b)

Die Wechselhaftigkeit in den Adelsbezeichnungen endet unter der Reichsregentschaft dieses Konrad von Hochstaden, die er durch die Verleihung der Reichsregalien von Friedrich II. erhalten hat.

Jener Konrad von Hochstaden hatte die klerikale Oberhoheit über das Kloster Werden, mitsamt seiner Besitzungen am Niederrhein und besaß selbstverständlich auch dort Weisungsbefugnisse.  Ob der Bischof von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, oder nicht, oder ob dieses überhaupt notwendig war, Dietrich das Territorium in in Moers in einer Grafenfunktion zukommen zu lassen, ist nicht bekannt, aber auch nicht wahrscheinlich.

Bekannt ist hingegen der bischöfliche Eigenbesitz auf Friemersheimer Grund in dem Dorf Hohenbudberg, wo auch sein Adlatus, Ritter Rembodo von Budberg eine Heimstadt besaß. Jener wiederum leistete etliche Zeugenschaftsdienste bei Kontrakten nicht nur des Bischofs, sondern auch des Dietrich I. von Moers.

 

Bei der allgemein bekannten und gut dokumentierten Neigung des Erzbischofs, Anverwandte in hohe weltliche und kirchliche Funktionen zu heben, lag es nahe, dass der mit ihm bereits in Köln eng kooperierende Dietrich I. von Moers, ein solcher gewesen sein könnte, wenn nicht sogar sein müsste. Das legte die Richtung fest, wo weiter zu recherchieren war.

 

c) 

Die zuvor stattfindende Diskontinuität in den urkundlichen Adelsbezeichnungen wäre damit auch erklärbar. Doch das wird erst dann genauer verständlich und nachvollziehbar, wenn weitere Kenntnisse hinzukommen, die hier bislang noch nicht beschrieben wurden aber im weiteren Textverlauf noch ausgeführt werden.

 

Zum durchsetzungsfreudigen und über alle Maßen einflussreichen Erzbischof in Köln bietet der nebenstehende Link einen guten ersten Eindruck. Weitere Beschreibungen folgen aber noch.


 

Doch bleiben wir erst einmal bei dem Grafen von Moers, der seinen Platz in Moers einnahm.

 

Es kann als sicher gelten, dass der Grafentitel ein nicht erst durch die Kölner Episode erworbener ist, sondern ein solcher, der aus altem einem grafschaftlichen Herrschaftsbesitz entsprang  Eines der Güter - so ist es zumindest anzunehmen - ist uns sogar namentlich bekannt. Es ist eine Besitzung im Raum Limburg und wird als "Aeverhof" und als "Moerser Mannlehen" bezeichnet. (UB # 322 aus dem Jahr 1329) 

Das zuvor ausgeführte Kapitel weist diesem Dietrich (Theoderich) als jemanden aus, der aber auch auf dem Gebiet von Moers bereits einen Eigenbesitz gehabt haben muss, bevor er nach Moers gelangte.

Es gibt also eine vollkommen vernünftige Erklärung dafür, warum die Ansiedlung in Moers eben nicht zu dem Konflikt mit den Herren von Friemersheim führte, den man ja eigentlich hätte unterstellen müssen. Schließlich sollte eine Parallelverwaltung durch die Herren von Friemersheim einerseits und andererseits durch die Grafen von Moers klassischerweise ohne Reibungspunkte nicht möglich angesehen werden. Der erste Graf von Moers war also nicht der Graf von Moers qua Amt, sondern "Graf qua Herkunft" und siedelte in dem "Verwaltungsbezirk" der Herren von Friemersheim auf eigenem  (erblich oder käuflich erworbenem) Grund. 

 

Dieses ist beileibe nicht nur eine bloße Annahme. Hier helfen Blicke auf die Inventarlisten des Klosters Werden zu den Besitzungen in der Herrlichkeit Friemersheim und insbesondere einer auf den Eintrag im Urkundenbuch mit der Nummer # 5 aus dem Jahr 893.

 

Hier heißt es, "Güterverzeichnis der Abtei Prüm (in der Bearbeitung des Exabtes Cesarius -1222) Unter 97 Dusburhc: Es in Embrike mansus I ad nataelem domini solvit unciam I., de lino libram 1 in ebdomana, facit dies II. Sunt ibi mansa apsa III (== wroinde == Hufen)". Auch für den Nichtlateiner ist erkennbar, dass die Reichsabtei Prüm in der Eifel eine Besitzung im Friemersheimer Raum hatte. (Embrice = Hochemmerich) Einige Ortsangaben sind nicht mehr entschlüsselbar, doch an dem Grund im Hochemmericher Raum, den die Abtei Prüm innehatte, besteht kein Zweifel. Genau dieser Eintrag führt uns murmaßlich zu den Wurzeln der Moerser Grafen, die eine unmittelbare Verbindung zur Abtei Prüm hatten. Diese Abtei stand in der Zeit, des Auftreten der Moerser Grafen in Moers, unter der Verwaltung eines Abtes, der aus dem Grafenhaus "von Vianden" stammt und der für unsere Betrachtungen noch wesentlich werden wird.  (Gerhard von Vianden * um 1124) 

 

Der zweite Blick hat den Verzeichnissen des Klosters Werden zu gelten, die mehr verraten, als man vermuten möchte. Beginnt man mit dem Inhalt der Urkunde zur Werthschen Schenkung (unabhängig davon dass es sich bei dieser um eine nachgewiesene Fälschung handelt) dann hat man schon eine Vielzahl von Ortsangaben, die zur Herrlichkeit Friemersheim gehörten. Je weiter man in der Zeit voranschreitet, desto konkreter und ausführlicher werden die Angaben zu den Orten. Sieht man dann etwas genauer hin, dann fällt auf, dass beispielsweise für die Jahre 1332 - 41 Lehen aufgeführt sind, die sich nicht auf Ortschaften, sondern auf die Personen in den genannten Ortschaften beziehen. Geht der Blick dann wieder zurück in die Zeit um 900 (UB#7) so sehen wir Ortschaften zu denen Größenangaben gemacht werden. Doch dieses frühe Verzeichnis weist die Orte, so wie sie heute verstanden werden, überhaupt nicht aus.

Das ist eine Quelle eines fundamentalen Missverständnisses, das bis heute unaufgeklärt geblieben ist. 

Schenkung und Register zur Herrlichkeit Friemersheim weisen keine Ortschaften im heutigen Sinn aus, sondern lediglich einzelne Höfe, die sich auf dem Gebiet mit der Bezeichnung befinden, wie wir sie heut als Ortschaft kennen. Der Inhalt der Schenkung (ob nun von Karl dem Großen vollzogen - oder nicht) sind keine Schenkungen von Ortschaften, sondern nur von Bauerngütern, die eine Ertragskraft besaßen und sich innerhalb der Gebiete befanden, die dort genannt sind. Vielfach sind diese Ortsbezeichnungen deckungsgleich mit dem Namen der dortigen Lehensnehmer des betreffenden Bauerngutes. Doch das trifft nicht in jedem Fall zu. In speziellen Fällen sind im gleichen Bezirk mehrere Lehensnehmer mit verschiedenen Namen. Dann wird in der Regel alles das, was unter dem Ortsbegriff zu finden ist, in den Registern subsummiert unter dem Ortsnamen.

 

Es ist zu befürchten, dass diese Beschreibung recht schwer nachzuvollziehen ist und deshalb hier der Versuch, das aus einer anderen Warte zu beschreiben:

 

Die Herrlichkeit Friemersheim ist keineswegs, wie bisher geglaubt, ein homogenes Gebilde. Lediglich einzelne, wenn auch viele Höfe in dem Bereich, der später zur Grafschaft Moers wurde, stellten den Grundbesitz der Herrlichkeit dar. In Wirklichkeit war es eine Art von "Flickenteppich mit Löchern". Und die "Löcher", das waren die Besitzungen, die dem Kloster erst gar nicht geschenkt werden konnten, weil sie Besitzungen anderer Häuser waren oder, was tatsächlich noch existierte, Höfe freier Bauern waren, sich also nicht in einer Lehensabhängigkeit befanden. Es fehlen also auch die Güter, die sich bereits in einer anderen Lehensabhängigkeit befinden.

Dazu sehen wir uns diese Listen etwas genauer an. Für den Bereich Neukirchen finden wir den Hof Laerfurt, den Hof Londong und den Hof Wiesfurt. Was wir aber vergeblich suchen, ist beispielsweise der Inneboldhof, der -soweit bekannt - auch schon in der karolingischen Zeit existiert haben dürfte. Wir finden in den Registern auch nicht den Hof Averdunk, der ein ähnliches Alter wie der Londongshof haben dürfte. Den Averdunkshof finden wir deshalb nicht, weil er ein Lehen des Ritters von Baerl war. (Später ein Lehen des Xantener Stiftes) Aber auch den Hof des Ritters von Baerl suchen wir vergeblich, der zwischen den Friemersheimer Besitzungen von Halen und Pelden lag. 

 

Es kann also auch wichtig sein, sich anzusehen, was nicht ! vorhanden ist, derweil es eigentlich vorhanden sein müsste. 

Diese "Lückenhaftigkeit" ist gewiss kein Zufall, sondern eine Beschreibung dazu, dass nicht alle Bezeichnungen, die heute ausschließlich als Ortschaften begriffen werden, in vollem Umfang alle in dieser "Ortschaft" tatsächlich dort vorhandenen Güter umfasste.

Wir erinnern uns an die Zersplitterung des Grund und Bodens im Reich, das aus den unterschiedlichsten Gründen Eigentumsrechte schon in der vorkarolingischen Ära im vollen Gange war und zur Folge gehabt haben muss, dass viele Höfe, gewissermaßen (mangels Besitz an ihnen) überhaupt nicht "schenkungsfähig" waren. Auch die spätere Schenkung des Fürstbistums Köln durch Kaiser Otto I. weist diese Charakteristik auf. Bei diesem Herrschaftsgebilde handelt es sich um einen "Block mit Löchern", um es etwas volkstümlich zu beschreiben. Und Ottos Absicht, das Fürstbistum Köln an der gesamten linken Niederrheinseite, im Süden beginnend am Besitztum des Erzbischofs von Mainz, bis hin im Norden, angrenzend an die Grafschaft Kleve, zum homogenen Fürstbistum zu machen, war schon nicht zu verwirklichen. Zwischen dem nördlichen und südlichen Ende "steckte" beispielsweise die Werthsche Schenkung, die Rheinberg vom übrigen Kurkölnischen Raum abschnitt.

 

Mit diesem Wissen ausgestattet vertiefen wir unser Hinsehen auf die Urkunde mit der Nummer #7, die um das Jahr 900 entstand. Was es hier zu entdecken gibt, das sind die Größenangaben zu den Werdener Besitzungen, die Interessantes verraten: 

 

(auszugsweise)

Friemersheim (offenbar mit diversen Höfen) 30 Mansi

Asterlagen 12 Mansi *

Essenberg 8 Mansi *

Rumeln 20 Mansi *

Oestrum 9 Mansi *

Atrop 7 Mansi *

Bergheim 9 Mansi *

Asberg 10 Mansi *

 

                  Moers 5 Mansi *

 

(* Manse ist eine Flächenmaß das einer Hufe entspricht. Eine Umrechnung in Morgen ist deshalb etwas problematisch, weil es für Hufen unterschiedliche Umrechnungsverhältnisse gibt. Der mutmaßlich anzusetzende Maximalfall für eine Hufe entspricht einer Größe von 30 Morgen. Für die Angabe zu Moers würden folglich für 5 Mansi 150 Morgen Land anzusetzen sein. Das wäre selbst bei dieser Maximalansetzung des Multiplikators von 30, nicht einmal die halbe Hofgröße des Averdunkshofes in Neukirchen in Zeiten seiner Maximalausdehnung.  Bezogen auf Friemersheim kommen wir vergleichsweise beim gleichen Faktor auf 900 Morgen.)

 

Aber die reale Größe interessiert uns hier nicht. Wichtig sind die Größenverhältnisse zu den angegebenen Orten untereinander, die, kartographisch gesehen, in einem nicht korrekten Maß das abbilden, was die eigentliche Größe des Gebietes (im heutigen Sinn) ausmachte. Das, was unter Moers diesem Register nach zu verstehen ist, ist also beispielweise 6 mal kleiner Friemersheim und mehr als drei mal kleiner als Rumeln.

 

Diese Maßstäbe öffnen die Augen dafür, dass nicht der gesamte Bereich von Moers ein Lehen des Klosters Werden gewesen sein kann. Genau dieses hat seine Entsprechung zu den Besitzungen die die Abtei Prüm für sich reklamieren konnte. Wenn es das nicht war, und die Ansiedlung des ersten Grafen von Moers auf einem Gebiet vollzog, das nicht der Lehensobrigkeit von Werden unterstand, dann wird es plausibel, dass der "neue" Grundbesitzer weder zum Lehensnehmer des Klosters Werden werden konnte (*), noch dass es zu den Konflikten einer Parallelherrschaft der Herren von Friemersheim und den Grafen von Moers kam. 

 

Die Angaben, die sich hier darstellen, dürfen also nicht als Größenangaben der "Orte" verstanden werden. Sie spiegeln nur den Hof-Besitz des Klosters wider und dieser ist eben für Moers ein erstaunlich kleiner und es drängt sich die Vermutung auf, dass es diesen verhältnismäßig kleinen Wert deshalb gab, weil es im gleichen Bezirk weitere Höfe gab, die eben ein anderes Besitztumsrecht hatten, als das klösterlich Werdener. Wenn wir uns daran erinnern, das das frühe Register des Klosters Werden einen Besitz in "Embrice" ausweist, so mag diese Ortsangabe nur ein Annäherungswert gewesen sein, der sich auf den Friemersheimer Bezirk bezog und vielleicht tatsächlich den bewirtschafteten Grund in Moers darstellte. Das ist zwar nur Spekulation, aber gewiss keine abwegige, wenn ein Graf von Moers, der von "auswärts" kam, auf Moerser Grund siedelte und dabei einen direkten Bezug nach Prüm aufweisen kann. Die Aufklärung dazu erfolgt noch. 

 

Die Beurteilung der Größe der "Orte", wenn überhaupt dieser Begriff zulässig ist, ist allerdings keine rein mathematisches Aufgabe und es ist etwas heikel, eine solche Rechnung aufzumachen. Das ist deshalb so, weil sich die Grundbesitzangaben auf die vorhandenen bewirtschafteten Flächen beziehen, die auch deshalb ein kleines Maß haben können, weil die geologischen Möglichkeiten, ein Mehr an bewirtschafteter Fläche nicht zulassen. Ein Gebiet, das beispielsweise ständig von Überflutungen bedroht ist, ein solches, bei dem die Bewirtschaftung deshalb nicht möglich oder sinnvoll ist, weil es ein ertragsschwaches Heideland ist, oder ein anderes, das als Bruchlandschaft oder Moor die Tauglichkeit zur Bewirtschaftung nicht ausweist, wird eine geringere Anzahl an Bauernhöfen, bzw. eine geringere Fläche eines Hofes gehabt haben, als ein ertragsstarkes fruchtbares Land. Es gilt daher vorsichtig bei solchen Vergleichen zu sein. Doch diese "Missverhältnisse" zwischen diesen Orten, die im Prinzip in etwa die gleichen geologischen Verhältnisse aufgewiesen haben sollten, sind bemerkenswert. 

 

*

Was aber auf jeden Fall festzuhalten bleibt, ist das Faktum, dass alle Angaben zu vermeintlichen Orten, die in den frühen Urkunden entweder als Schenkungen oder Bestzungen in Form von Lehen ausgewiesen sind, in der Realität nur den Besitz einzelner Höfe oder Hofverbünde (z.B. Dörfer, Bauernschaften, Honnschaften oder Haupthöfe mit Salhöfen) darstellten, da ja nur diese die ökonomisch relevanten Faktoren waren. Zwischen diesen Höfen lagen Wälder, Bruchlandschaften, Heiden oder eben auch mancherorts Hofgüter, die offenbar nicht dem Besitz des Klosters Werden hinzuzurechnen waren.  

 

Um es noch etwas deutlicher auszudrücken: Moers, so wie es nach einem heutigen Verstehen zu bewerten ist, war vermutlich nicht in vollem Ausmaß Bestandteil der Herrlichkeit Friemersheim, sondern nur partiell und bezogen auf ein Gut oder mehrere Güter, die ihm innewohnten und ein Lehen des Klosters Werden waren. Die Interpretation, dass, wenn in der Werthschen Schenkung auch Moers genannt ist, ein "Moers im heutigen Sinn" zu verstehen ist, ist eine, die zu sehr aus einer heutigen Sichtweise gedacht ist.

 

In der Urkunde aus dem Jahr 893, in der König Zwentibold die Werthausener Schenkung rechtverbindlich legitimierte, befindet sich nicht nur die Aufzählung der betreffenden Höfe, sondern auch die Namen der beteiligen Betreiber oder Besitzer der Höfe mit Detailangaben über deren mitunter verteilenten Besitzungen. Auffällig ist hier, dass Höfe oder Besitzungen nicht gelistet sind, von deren schon vorhandenen Existenz ausgegangen werden muss. Es ist nicht verwegen, von einem Sachverhalt auch für den Bereich von Moers auszugehen. 

 

Das Verzeichnis über die Zinshufen des Hofes Asterlagen, das - bezogen auf die Orte - zum Teil noch konkreter wird und vor dem Jahr 1200 entstand, ist auch Moers erwähnt. Die Erträge, die dort angeführt werden, werden sicher eigene Einkünfte sein. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass manche vereinnahmten Beträge gewissermaßen "durchlaufende Posten" waren und vielleicht zum Beispiel - auf Moers - bezogen, teilweise an die Abtei Prüm weitergeleitet wurden, da ja die Abtei in der Eifel im Emmericher Raum Besitzungen hielt. Das alles ist - ohne entsprechende Nachweise - Spekulation. Vergleiche zwischen den verschiedenen Registern, zwischen deren Anfertigung viele Generationen liegen, sind ausgesprochen fragwürdig. Beträchtliche Besitzveränderungen in der Zwischenzeit werden in diesen langen Zeiträumen mit Sicherheit stattgefunden haben, so dass ein Abgleich von Urkunden, deren Entstehung um Jahrhunderte voneinander abweicht, wenig bis gar keinen Sinn ergibt.

 

Was jedoch dokumentiert ist, das ist eine Urkunde aus dem Jahr 1191, in der Theordorus de Moirse als Zeuge einer Urkunde des Abtes von Prüm angeführt wird.  Also noch lange Zeit nach der Ersterwähnung von Prüm im Urkundenbuch des Herrn Keussen. (UB #49)

Leider gibt die Textstelle keine Informationen zum Inhalt der Urkunde an. Es ist aber dennoch erkennbar, dass der Graf von Moers einen - wie auch immer gearteten Kontakt nach Prüm auch noch in diesem Jahr hatte und genau dieser führt uns weiter auf die richtige Spur, die (wie wir noch sehen werden) sowohl zum Erzbischof Konrad von Hochstaden, als auch nach Prüm und Vianden führt.

 

 

* * *

 

Der eigentliche Rechercheanlass:

 

Bevor wir uns der historischen Figur des Erzbischofs von Köln nähern und nachdem im vorangegangenen Abschnitt der Name "von Budberg" aufgetaucht ist, machen wir an dieser Stelle erst einmal einen Schnitt. 

 

Denn es ist bei dieser Recherche, die stattfand, zuerst nicht im Geringsten um die Feststellung der Herkunft der Grafen von Moers gegangen.

 

Dieser Einschub ist nicht rein mutwillig, sondern einer, der beträchtlich zur Klärung der Frage der Herkunft der Moerser Grafen und der Wechselhaftigkeit in der Art der Adelsbetitelung "derer von Moers" beiträgt.

 

Ausgangspunkt war die eigene Familienforschung und dabei speziell der 7-fache Urgroßvater des Autors Jost Kärlen, gen. Hövers (+1702), der mutmaßlich in Winkelhausen geboren wurde. 

Die Familie Kerlen in Winkelhausen wurde von Friedrich Albert Meyer - dem Kenner der Rheinhausener Historie schlechthin - gründlich erforscht. Nach seinen Ermittlungen war die Familie Kerlen, bevor sie sich in Winkelhausen ansiedelte, in Atrop beheimatet. 

Wenn Jost Kärlen, gen. Höverß tatsächlich in Winkelhausen geboren wurde, dann zeigen die Recherchen des o. g. Friedrich Albert Meyer die Verwandtschaft des Autors mit Johann Kerl auf, der im Jahr 1390 mit dem Atropshof in Atrop belehnt wurde. Unter der Maßgabe, dass Jost Kärlen in Winkelhausen geboren wurde, wäre Johann Kerl, Lehensnehmer des Hofes Atrop in Atrop, der 19-fache Urgroßvater des Autors dieser Seite.

*

Doch mit der Geschichte der Atroper Familie Kerlen ist das Ende noch nicht erreicht, da es vor der Belehnung dieser Familie mit dem Hof Atrop einen anderen Wohnsitz der Familie Kerlen gab:

 

- Hohenbudberg -

 

Zumindest stellt Friedrich Albert Meyer diesen Zusammenhang her,

ohne den Nachweis darüber zu führen, dass es zwischen den Hohenbudbergern und den Atropern einen solchen gibt.

Die eigenen Sichtungen verschaffen auch keine endgültige Gewissheit darüber. Vieles spricht dafür, dass es diese Verbindung gibt, manches spricht dagegen.

 

Um mehr darüber zu erfahren, galt es also, sich in die Geschichte der Hohenbudberger Aspekte einzuarbeiten. 

 

Und hier taucht dann der Name "Kerl" erstmalig auf. Der erste Mann dieses Namens war "Rembodo von Budberg, gen. Kerl"

 

Das war also Anlass genug, sich mit dem Namen "von Budberg" näher zu beschäftigen, da Rembodo (mit allen Vorbehalten und einigen Fragzeichen ausgestattet) möglicherweise der 30-fache Urgroßvater des Seitenbetreibers sein könnte. Damit bestand genau so ein Anlass, sich auch der anderen Namen anzunehmen, die mit ihm, Rembodo in Verbindung standen.

 

Diesen Rembodo finden wir in zahlreichen Einträgen in den Urkundenbüchern von Moers, Krefeld und Uerdingen.

 

Für das Jahr 1246 weist das Urkundenbuch der Herrlichkeit Krefeld und der Grafschaft Moers, Ritter Rembodo von Budberg aus , der eine Beurkundung über den Verkauf seines Gutes in Eickenfundern vom Grafen Dietrich von Moers erhält. Vermerkt ist dort, in dieser Urkunde auch, dass dieser Ritter mit dem Willen seiner 5 benannten Erben handele.

 - Hier hilft das Urkundenbuch der Stadt und des Amtes Uerdingen weiter. Dort sind die Namen der erbberechtigten Kinder genannt. Es sind Henrich, Rembodo, Cunradus, Richwinus und Vredswindis. (Eintrag # 20) -

 

Der nächste der Einträge, die im Urkundenbuch zur Grafschaft Moers zu finden sind, trägt die Nummer "83" und bezieht sich auf eine Urkunde vom 28. Juli 1247. In dieser Urkunde geht es um das Kloster Meer, die der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden ausgestellt hat.  Nur einige Seiten dahinter finden wir den Namen Rembodo wieder. Auf der Seite 30, unter der Nummer 89 ist er wieder erwähnt. Hier geht es um das Patronatsrecht  zur Kirche in Hohenbudberg, die sich 3 Höfe in Budberg teilen. Einer der Höfe ist der Hof Budberg (Hohenbudberg), ein anderer ist der des Erzbischofs von Köln. Auch hier ist Erzbischof Konrad von Hochstaden der Beurkundende. Rembodo wird dort nicht als Zeuge genannt. An seiner statt sind es seine Kinder Heinrich und Riquin, die in der Urkunde jedoch expressis verbis als Rembodos Söhne bezeichnet sind.

 

Für das Jahr 1263, wie auch für 1265 tritt Rembodo von Budberg in Urkunden wieder als Zeuge in Erscheinung. (#114 + #117). Im ersten Fall geht es nicht um den Bischof in Köln, sondern um eine Angelegenheit Theoderichs von Moers, 1265 wiederum um eine Transaktion, die zwischen Grafen von Kleve und dem Abt von Werden abgeschlossen wurde, dessen Patriarch der Erzbischof von Köln war

 

Die Liste setzt sich weiter fort mit dem Einträgen # 129, 131 und 132. In dem Abschnitt #129 vom 22.8.1271 geht es  wiederum um das Kloster Kamp auf der einen Seite und um den Hof Strommoers. Auch hier ist es Rembodo, der als Zeuge unterzeichnete. Die Nummer 131 behandelt die Besitzungen in Budberg und in der darauf folgenden Nummer wieder das Gut Stromoers, das ein Lehen des Klosters Deutz war und damit dem Erzbistum Köln unterstand. Den Bischofsstuhl in Köln hatte zu dieser Zeit Konrad von Hochstaden nicht mehr inne, da er bereits 1261 verstorben war. 

 

im Jahr 1309 Bezeugte Rembodo von Budberg, gen. Kerl, zusammen mit Graf Dietrich von Moers die Privilegien der Stadt Xanten. Auch im Jahr 1319 noch spielen bei einer Urkunde Graf Dietrich von Moers und Rembodo von Budberg, gen. Kerl eine Rolle. Beide sind Zeugen im Zusammenhang mit einer Bürgschaft für die Stadt Zutphen.

 

Auch zu dem Grafen von Moers gibt es zahlreiche Urkunden,

die eine Verbindung

mit dem Erzbischof Konrad darstellen.

(unter Auslassung des Zeugennamens Rembodo von Budberg)

 

Drei Jahre nach der Wahl von Konrad von Hochstaden (1238) wurde die Verpfändung einer Vogtei beurkundet. Der Aussteller der Urkunde war Konrad von Hochstaden. Als Zeugen sind bei dieser Urkunde aus dem Jahr 1241 Dietrich von Moers und die Brüder von Budeberg genannt. (Ohne Vornamen-Namensnennung "Rembodo von Budberg")

 

Dietrich von Moers bezeugt im gleichen Jahr noch eine Urkunde in der Kausa "Rees" für den Erzbischof Konrad.

 

Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass Rembodo von Budberg stellvertretend für den Bischof die Rechtsgeschäfte dann geregelt hat, wenn dieser wegen seiner vielen Abwesenheiten nicht präsent war. ( unzählige Kriegszüge, Reisen nach Mainz, Lyon, London u. a.  m..

 

Festgestellt werden konnte auch, dass der Name "von Budberg" auch schon vor der Aera des Konrad von Hochstaden in erzbischöflichen Angelegenheiten eine Rolle spielte. So finden wir beispielsweise aus dem Jahr (ca.) 1176 einen Eintrag im Urkundenbuch den Namen "Cunradus, advocatus de Boudberge". Es ist eine verhältnismäßig selten anzutreffende Berufsbezeichnung im Urkundenbuch.  (Ob es sich dabei um einen Angehörigen der Sippe von Budberg handelt, ist unklar, jedoch wahrscheinlich.)

 

Um die Leser nicht weiter zu strapazieren, belassen wir es bei diesen Beispielen. Die Liste ist also nicht vollständig, macht aber ein sehr direktes Verhältnis der drei Protagonisten Dietrich, Konrad und Rembodo untereinander deutlich und damit sind wir wieder bei dem Thema, das wir zuvor mit einem Break abgeschnitten hatten und kommen nun wieder zum Wesentlichen.

 

* * *

 

Grundsätzliches

 

Bevor wir die Detektivgeschichte fortsetzen, die uns zum Ursprung des ersten Grafen von Moers führt, haben wir uns erst einmal einigen grundsätzlichen Aspekten zu widmen, die zu Verständnis des Entstehens der Grafschaft unerlässlich sind. 

 

 

Der Rhein / die Moerse

 

Damit sind wir bei einem Kapitel angelangt, das sicher auch einen maßgeblichen Einfluss auf das Entstehen der Grafschaft gehabt hat. Und dieses betrifft die geomorphologischen Veränderungen, die sich in der Zeit ab etwa 1200 ergeben haben. Damit sind nicht nur die Veränderungen des Rheinlaufs gemeint, sondern auch das Verlanden des Rheinnebenarms Moerse. Dieses Verlanden hat die hydrologischen Gegebenheiten im Bereich der Herrlichkeit Friemersheim insbesondere im Moerser Raum verändert. Dieser Rheinarm ist offenbar einmal über seine gesamte Länge von Uerdingen aus - durch Moers führend - bis hin zur Mündung im Hauptverlauf des Rheins bei Strommoers schiffbar gewesen. Und in der Zeit, bevor oder als die Grafschaft Moers entstand, haben sich zweifellos Möglichkeiten ergeben, weitere Teile des Landstrichs urbar zu machen, da sich die Chance bestand, Bruchland zu entwässern. Es ist möglich, dass durch diese Perspektive das Interesse an dem dortigen Grund in der Zeit des Entstehens der Grafschaft größer wurde und sich nicht nur auf die zuvor schon existente klein Siedlung Moers bezog. Wahrscheinlich gab es durch diese Veränderungen für eine Ansiedlung des Moerser Grafengeschlechtes dort mehr besiedlungs- und bewirtschaftungsfähigen Raum, als zuvor.

 

* * * 

 

Von Grafen, Herren Regalen und Regalien

 

Zunächst wollen wir auch erst einmal der Frage nachgehen, was denn überhaupt ein Graf ist.

Eine weit verbreiteten Überzeugung ist hier auszuräumen:

Vielfach wird geglaubt, ein Graf sei der Besitzer der Grafschaft, Besitzer aller Lehensgüter, die sich in der Grafschaft befinden. Das ist falsch und das gleich in einem doppelten Sinn.

 

Das, was einen Grafen im Mittelalter im üblichen Sinn ausmacht, ist die Überlassung hoheitlicher Aufgaben für seinen Lehensherrn (König, Fürst oder Herzog). Zu diesen Aufgaben gehörten in erster Linie die Administrative und Judikative und Exekutive. Dabei ging es um die Vergabe von Unterlehen aber auch um andere Rechte, wie z. B. Holzrechte, Fischereireche, Wildbann, Wegegeld, Zollerhebung, Weiderechte und um den "Rottzehnten" (gewissermaßen "Rodungskonzessionen"). Wie weit die Rechte reichten, ist in den Einzelfällen unterschiedlich, da es u. a. in Teilbereichen durchaus auch Vorbehalte der Landesherrn gab. 

Die Vergabe von Unterlehen war also mit Erträgen verbunden, die zumeist als "Zehnt" bezeichnet wurde. Diese stellten die finanzielle Existenzgrundlage der Grafen dar, neben den erwirtschafteten Erträgen aus dem Eigenbesitz in der Grafschaft, wenn es - wie normalerweise üblich, einen derartigen gab. Die Grafen selbst waren gegenüber ihrem Lehensgeber, dem Landesherrn, in aller Regel gleichermaßen Zinspflichtig und standen dafür unter dem Schutz des Landesherrn. Erwachsen ist der Grafenstand aus ehemals eigenständigen Gutsbesitzern, die eine Notwenigkeit erkannten, sich eines solchen Schutzes zu vergewissern und dafür das Eigentumsrecht an eigenen Besitzungen an den Landesherrn abtreten.

Der Grafentitel war ein verliehenes Namensrecht, das im Mittelalter im allgemeinen durch den König zuteil wurde. Ein Graf war also eine Art von Beamter und das ihm verliehene Recht hat die (Ober-) Bezeichnung "Regalien". 

Es war also in aller Regel so, dass Grafen in ihrer Grafschaft auch einen lehensfreien Eigenbesitz hatten, der einem aus Erbschaft zugefallenen alten Besitztum entsprang. In den meisten Fällen war ein solcher familiärer alter Eigenbesitz jedoch im 11. Jahrhundert schon in die Lehenshoheit des Landesherrn übergegangen und die Eigenguts-Gutsbesitzer hatten sein Eigentumsrecht an den Landesherrn übertragen (bei gleichzeitiger ("Rück-")Übertragung des Lehensrechts an den dann ehemaligen Besitzer. 

Für diesen Eigentumsübertrag erhielten sie also die nunmehrigen Lehensnehmer die militärische Schutzgarantie des Landesherrn. 

(Diese Zug-um-Zug-Geschäfte waren der Grund für die erhebliche

Grundbesitzkonzentration im gesamten Feudalsystem des gesamten Mittelalters.)

  

So und in dieser Weise gleicht der Graf demjenigen örtlichen Landesherrn, der als "Herr von" bezeichnet wird. Funktional gibt es eigentlich keinen Unterschied. Jedoch in der Stellung desjenigen, der die Regalien erteilt dann schon. Äbte, Bischöfe, Stifts-Kanoniker setzten für die Wahrung ihrer Belange in ihren Besitzungen "Herren von..." ein, da jenen das hoheitliche Recht zur Verleihung des Grafentitels nicht zustand. Da es bei Fürsten und Bischöfen Überschneidungen (Fürstbischöfe) Überschneidungen gab, konnte auch ein "Regale" eines Fürstbistums theoretisch auch den Titel des Grafen erlangen, wenn die Titelvergabe im königlichen Auftrag erteilt wurde.

 

Diese Adelsbezeichnungen waren erblich.

 

Mit anderen Worten, der Begriff "Regale" ist (mit einer Ausnahme) der Sammel- und Oberbegriff für "Graf" und "Herr von.." "Graf" und "Herr von..." sind funktionell synonym.

 

Neben diesen beiden Formen vom Grafen gab es noch weitere und in der Frühzeit der Ausbildung des Feudalsystems sind diejenigen bekannt, die man als Bauernadel bezeichnet. Auch diese tragen die Bezeichnung "von" im Namen und diese Vokabel ist keineswegs eine Verballhornung, so wie sie heutzutage mitunter vorkommt. Diese Landadeligen, wofür beispielsweise auch die Namen "von Averdunk" oder "von Germendonk" stehen, waren (zumindest ursprünglich) freie Bauern, die die Interessen auch derer mit vertraten, die im näheren Umfeld lebten. Auch diese Funktion war in einem gewissen Sinn erblich, da die ausgeübte Funktion sich an die örtliche Bedeutung des Betreffenden anknüpfte, die sich insbesondere durch die Größe seines Besitzes definierte. Mit dem Schwund an Besitzungen verlor sich hingegen doch oft die regionale Bedeutung und damit auch repräsentierende Funktion der Familie. Damit verbunden war dann zumeist  auch das Verschwinden des Namenszusatzes "von". In Einzelfällen ist die Bezeichnung "von" im Sinne einer Abstammung aus diesem Bauernadel, allerdings als Namensbestanteil weiter tradiert worden.  

 

Zumeist ging jedoch die Bedeutung des Bauernadels über den gleichen Prozess verloren, der schon zuvor auch schon für die Besitzungen der Grafen beschrieben wurde. Die Möglichkeit, durch die Abgabe eines eigenen Besitzes und sich in eine Lehensabhängigkeit zu begeben, war mit einer Schutzfunktion des Landesherrn (dann hier der Graf) verbunden , die eine wichtigere Funktion besaß, als der eigene Grundbesitz. Genau dieses korreliert mit der Gewalttätigkeit jener Zeit, in der es wichtiger war, Leib und Leben zu schützen, als das eigene Besitztum am selbst bewirtschafteten Grund.

 

Zu der oben angeführten Ausnahme gehören die Edelherren, die archaisch aus dem Bauernadel erwachsenen - Kleinfürsten, die ihre Herrschaft ausschließlich auf Eigenbesitz gründetet, ohne von einem Landesfürsten ein Lehen erhalten und einen Grafentitel erworben zu haben. Ein Beispiel, auf das noch einzugehen sein wird, ist der Herr von Batenburg, der bei der Aufklärung des Rätsels zur Herkunft der Moerser Grafen eine Schlüsselrolle innehat.

 

Eine weitere Form des niederen Adels "Graf" ist die der Regalen, die ohne irgend einen Eigenbesitz an der Grafschaft, die Verwaltung von Grafschaften übertragen bekommen haben. Es sind dann diejenigen, die lediglich den Grafentitel ohne ein dazugehöriges Lehen erhalten hatten und sich zumeist am Ort des Lehensherren aufhielten. 

 

 Wie erwähnt, ist die Annahme, ein Graf sei der Eigentümer der Grafschaft, nicht die einzige Fehlannahme, die weit verbreitet ist. Die andere betrifft das Eigentumsrecht (wenn man es so nennen möchte) des Lehensgebers des Grafen. 

Vorauszuschicken ist die Feststellung, dass es in der hier behandelten Zeit wohl keinen einzigen Quadratmeter nutzbaren deutschen Bodens gegeben hat, auf den nicht irgendein Potantat einen Besitzanspruch hegte. Schon lange vor der Werthschen Schenkung an das Kloster werden, unter welchen konkreten Bedingungen auch immer diese stattgefunden hat, war alles Land längst verteilt. Und viel zu oft gab es mehrere Parteien, die sich als rechtmäßige Eigentümer empfanden oder - alternativ dazu - Absichten hatten, fremden Besitz dem eigenen einzuverleiben und dieses wiederum eben auch oft erfolgreich betrieben. 

 

So, wie das Land vergeben war, so war es auch zersplittert. Durch Erbteilungen, Ländereientausch, Eroberungen, Schenkungen, durch Heiraten, durch nicht eingelöste Verpfändungen u. a. m. waren partiell Besitztümer in andere Hände geraten, die mit der Besitzums-Ausgangslage kaum noch etwas zu tun hatten. So existierten einzelne Güter in der einen Grafschaft, die anderen Personen als Eigentum oder Lehen für sich reklamieren konnten. Mit anderen Worten: Die Eigentums- Besitz oder Lehensrechte hatte in einigen Fällen einen grenzüberschreitenden Charakter. Ein solches Beispiel ist zu erkennen in dem Gut Strommoers, das ein Lehen der Abtei Deutz war. Einer der Bauernhöfe in Binsheim war ein Lehen der Kirche St. Pantaleon in Köln. Ein Hof in Essenberg war eine Besitzung des Klosters "Corbie" (Corvay?) (#153) Das Urkundenbuch verzeichnet zum Datum 6. Mai 1069 eine päpstliche Bestätigung zum Besitztum in dem Ort Rindern, das zum Kloster Echternach gehörte. Beispiele dieser Art finden sich reichlich nicht nur in allen Bänden des Urkundenbuches des Herrmann Keussen, sondern auch in dem zu Uerdingen und auch im Urkundenbuch des Dr. Theodorde Lacomblet zur Geschichte des Niederrheins. 

 

Die Besitzungen des Klosters Camp, das seinen Grundbesitz durch viele Schenkungen und Erbschaften immer weiter ausgeweitet hatte, hatten eine solch große Streuung, die kaum vernünftig händelbar war, so dass man zusah, durch Tausch von Ländereien den Besitz im praktikablen Einzugsbereich zu konzentrieren. 

Eines der anschaulichsten und schönsten Dokumente dazu, wie sich ein geographisch weit verteilter Besitz einstellen konnte, ist die Heiratsurkunde der deutschen Kaiserin mit griechischer Herkunft, Theophanu. Deren Heiratsurkunde vom 14. April 972 listet als so genannte -Morgengabe- zahlreiche Güter auf, die über das Reich verteilt waren. Als "Morgengabe" versteht sich die Ausstattung der Braut mit Latifundien, die der Kaiserin das finanzielle Überleben für den Fall sichern sollte, dass der Gatte verstarb und das Herrschergeschlecht, in Form eines Thronfolgers,  die Macht über das Reich verlieren sollte. Obwohl sehr früh verstorben und in der gerade eben schon erwähnten Kirche St. Pantaleon in Köln bestattet, wurde sie in der Tat in noch jungen Jahren Witwe, war jedoch auf diese finanzielle Absicherung nicht angewiesen, da ihr Sohn Otto III., der nicht allzu weit von der Grafschaft Moers (in Kessel bei Kleve) das Licht der Welt erblickte, die Thronfolge als Kind antreten konnte und in der Zeit seiner Unmündigkeit kein Konkurrent erfolgreich die Herrschaftsdynastie ablöste. 

 

Es versteht sich von selbst, dass ein Graf ein solches Unterlehen, das sich nicht im Besitz seines Landesherrn befand, auch nicht im Auftrag für seinen Landesherrn vergeben konnte, sondern-  wohl in der Regel - lediglich allenfalls in eine möglichst konfliktfreie Neuvergabe eingebunden war.

Streubesitz gab es allerorten und das für uns wohl wichtigste Beispiel ist das, welches wir im Urkundenbuch unter der Nummer #5 schon für das Jahr 893 finden. Eine Besitzung der Abtei Prüm in der Eifel mit eine Besitztum in Embrike bei Dusburhc. (Hochemmerich)

 

 

 

* * *

 

Die Finanzen in Moers

 

Einer Interpretation muss man nicht zwingend folgen. Es ist der Aufsatz des Duisburger Museumsleiters und Vorsitzender der Averdunkgesellschaft. 

Nach seiner These sei der Bau der Burg - in seiner Urform als Motte - auf eine Funktion eines "Wachtums" zurückzuführen. Dieser diente seiner Ansicht nach der Bewachung einer Moerser Furt durch den Moersbach zwischen dem Urmoers und Hülsdonk, die ein Bestandteil eines Hellweges gewesen sei. 

Ein solcher Hellweg, der eine Verlängerung des Hellweges, der in Duisburg endete und eine Verbindung in Richtung Geldern und Venlo darstellen sollte, ist in keiner Weise überliefert und dokumentiert. Keine einzige historische Karte (die, zugegebenermaßen erst erheblich später entstanden) ergibt auch nur den geringsten Hinweis auf einen solchen Hellweg. Angesichts der ausgesprochen großen Persistenz solcher Verkehrswege, die sich alle ihre Existenz bis in die Gegenwart hinübergerettet haben, ist die Annahme, es habe eine solche Verbindung gegeben, als ausgeschlossen anzusehen. 

Die Frage allerdings, warum an dieser Stelle, an der heute die bescheidenen Reste existieren (Moerser Schloss) zuerst eine Motte und später eine recht große und sehr frühe Ziegelstein-Ringmauerburg entstand, ist sehr wichtig. Und die Positionierung wirft Fragen auf. Bekannt ist ja ja der Befund der Architektur-Archäologie, die eine Entstehung der Motte auf etwa 1200 festlegt, ebenso wie den Umbau der Motte in eine große Burganlage im 13. Jahrhundert. 

 

Doch weder Motte, noch die Burg dürften den Bedürfnissen der alteingesessenen Bewohnern von Moers in einem vernünftigen Verhältnis von Nutzen gewesen sein. Dazu lagen diese Befestigungswerke zu weit weg vom Siedlungskern der Ortschaft Butendorf-Moers und das dann auch noch in einer hochwassergefährdeten Niederung, die erst noch für den Bau der Burg die Aufschüttung eines Mottenhügels erforderte. Das Abstellen von einheimischen Personal, das dann in der Motte und späteren Burg eine Wachfunktion über den "Hellweg" ausübte, um dort Sicherheit für die durchreisenden Personen zu gewährleisten, muss man leider als völlig absurd verwerfen. 

 

Hier eine schematische Darstellung eines solchen, als Motte bezeichneten einfachen Wehrbaus .

 

Bildquelle: Wikipedia

 

 Eine Burganlage, die nahezu einen Kilometer vom Siedlungskern entfernt liegt, kann wohl kaum als eine Schutz- und Trutzanlage der Einwohner des kleinen Dorfes angesehen werden.

 


Viel zu groß die Distanz, um bei einer drohenden Gefahr rechtzeitig Unterschlupf zu finden, verbunden mit der Möglichkeit zwischen dem Dorf und dem angestrebten Schutzraum dem Aggressor zu begegnen.

 

Diese beiden nacheinander angelegten Wehranlagen können nicht als solche von der dortigen Einwohnerschaft angelegten verstanden werden. Also auch nicht in der Version einer Motte. Die Quellen weisen auch darauf, das dass Areal, auf dem die Burganlage entstand, durch die Grafenbrüder Dietrich und Friedrich von Moers käuflich erworben sei. 

 

Der Bau der Motte, die um 1200 entstand, sollte nach menschlichem Ermessen als Ausdruck einer Inbesitznahme eines beanspruchten Gebietes verstanden werden. Das legt den Gedanken nahe, dass dieser Ausdruck, dieses Gebiet nun zu beanspruchen, mit einer veränderten Situation bei den Besitzverhältnissen im Zusammenhang stand. Dieses Bauwerk war, wie wir noch sehen werden, eindeutig ein Statement einer neuen Macht. Es war allerdings keines, das dem neuen Besitzer als Heimstatt diente. Dieser zog es vor, vorerst im Zentrum der Macht in Deutschland, in Köln zu bleiben. Als Abkömmling des Hochadels war die Behausung in Form einer Motte, fernab des gewohnten und bestgesittesten Umfeldes, buchstäblich inmitten des Morasts von Moers, sicher allzu wenig verlockend. Dazu brauchte es dann doch noch einer standesgemäßeren und wehrhaften Wohnanlage, die dann vermutlich um 1230 -1250 entstand und erst dessen Sohn zur Heimat wurde.

 

Nicht nur dieser Grunderwerb, sondern ganz besonders der Bau der Burganlage verschlang riesige finanzielle Mittel, über die dieses "Haus Moers" offenkundig in reichlichem Maß verfügte. Auch wenn es zur Wiederverwendung des Abbruchsmaterials aus Tuffstein aus dem Gebäude der Motte und (sicher nicht alleine) aus recyceltem Ziegelsteinmaterial aus dem Römercastell Asberg gab, so ist doch die Herstellung und das Verbauen gewaltiger Mengen an Ziegelsteinen ein finanzieller Kraftakt gewesen, der sicher alle im weiten Umfeld vorhandenen Großbauern weit überfordert hätte. Hinzu kamen dabei auch noch die anderen Gewerke und das Anlegen der Wehrgräben. 

Solches konnte sich nur jemand leisten, der als sehr reich zu bezeichnen ist. 

Und es konnte nur jemand sein, der von "höherer Warte" das Plazet dazu bekommen hatte. Es war in jener Zeit nicht jedermann einfach gestattet, eine Burg zu errichten. Dazu bedurfte es der Zustimmung des Landesherrn. Das ist in der einschlägigen Literatur nachzulesen. Ein derartiger Sachverhalt ist mehrfach in den Urkundenbüchern zu finden, wie beispielsweise in der Urkunde 420 vom 28.12.1344: (Knappe) Isebrandt Proydt ( von Friemersheim) gelobt dem Grafen Dietrich von Moers von seinem vom Vogt Heinr. de Nerza lehnrührigen Gut opper Hardt bei Rheinberg keinen Schaden oder Behinderung zu tun, wogegen ihm dieser gestattet, dasselbe zu befestigen und mit einem Graben zu umgeben.

In einer abgewandelten Form findet es auch in einer weiteren Urkunde seinen Niederschlag. Zum Hof Friemersheim "vermutlich der Borgsche Hof" ist nachzulesen, dass den Herren von Friemersheim der Ausbau der Wehrhaftigkeit der eigenen Besitzung untersagt wurde. Dieses Verbot stand übrigens offenkundig im unmittelbaren Zusammenhang mit der Expansion der Grafschaft Moers, bei der die unternommenen Versuche der Herren von Friemersheim, sich buchstäblich zu verschanzen, um sich der neu entstandenen Macht am Niederrhein zu erwehren.

 

 

Mit einem gewissen zeitlichen Abstand entstand dann auch noch die Schwesterburg auf Krefelder Boden. Burg "Craukau", die - wenn überhaupt - kaum geringere Ausmaße als das Moerser Original hatte und die Wehranlage eines Illegitimen Sohnes des Grafen von Moers war. Das Urkundenbuch des Hermann Keußen verzeichnet zahlreiche Einträge über Hinzukäufe des Grafenhauses Moers, was man salopp regelrecht als "Einkaufstour"  nennen könnte ( 1314 Kauf von 10 Morgen Land bei Essenberg und eine halbe Holzgewalt im Homberger Busch - #253 - /  1326 Kauf des Zentrecht von dem Gut Meulenbrocjk im Kirchspiel Neukirchen und das Eigentum an dem Gut op gen Endt bei der Dongen und Stoltenburg in dem Boicholz - # 309 - Kauf des Lehens Wolfskuhlen 1335 / 1326 ). Vielfach war es das Kloster Werden, das den Grafen Lehen überließ, was die Lehenszahlungen und Zinshufen in Richtung Friemersheim und Werden erklärt, ohne dass das Moerser Grafenhaus auch die Grafenfunktion in der Herrlichkeit Friemersheim übernahm. Das geschah ja erst mit dem völligen Niedergang der Herren von Friemersheim. (siehe dort) Und auch in diesem Zusammenhang erwies sich das Haus Moers als erstaunlich finanzkräftig. Die Verpfändungen, zu denen sich die Friemersheimer wegen der eigenen finanziellen Schieflage genötigt sahen, wurde gegenfinanziert durch Mittel aus dem Haus der Grafen von Moers. Überhaupt hatte das Haus Moers den Ruf eines Geldverleihers, nicht nur in der Angelegenheit Friemersheim. Auch andere Grafen kamen in den Genuss, Leihen bei dem Haus Moers aufzunehmen zu können.

 

 

 

Die finanziellen Mittel, die da zur Verfügung standen, hatten fürstliche Ausmaße und ganz natürlich drängt sich die Frage auf, woher diese Mittel stammten. 

 

Führt man sich vor Augen, was an Informationen von Jacob Burckhardt 1843 über den Erzbischof Konrad von Hochstaden zusammengetragen wurde, nämlich dass:

 

1. dessen Amtszeit in Köln in die Zeit fällt, in der in etwa auch die Burg in Moers entstanden ist,

2. er als Mann immensen Reichtums bezeichnet wird,

3. er einen beträchtlichen Expansionskurs für das Fürstbistum und das Erzbistum (die beide deutlich zu unterscheiden

    sind), betrieben hat,

4. er sich dadurch ausgezeichnet hat, sich auf den Einfluss der Klöster zu stützen,

5. den Burgenbau im Fürstbistum massiv vorangetrieben hat,

6. sich seiner familiären Verbindungen bediente und diese zu begünstigen wusste,

 

dann kommt ein Verdacht auf, wo die finanzielle Quelle sprudelte, die für den Bau der Moerser Burg notwendig war. Wird einem dann auch noch aus der Verbindung der Genealogien des Grafen Dietrich von Moers und der des Erzbischofs klar, das beide miteinander recht eng verwandt waren, werden die Verdachtsmomente gewiss nicht geringer.

 

Es ist also an der Zeit, sich der Personalie des Herrn Konrad von Hochstaden anzunehmen:

 

 

Wer war denn Konrad,

Bischof von Köln?

 

Die Antwort scheint zunächst einfach. 

 

1. Bischof Konrad war Konrad von Hochstaden (* um 1205 - + 1261 ), Erzbischof des Erzbistums Köln und Fürstbischof des Fürstbischofstums ("Kurköln") . Er war Erzkanzler des deutschen Reiches durch die Verleihung des Titels durch den staufischen Kaiser Friedrich II.

 

 

Wir kennen ihn in seinen Funktionen als Erzbischof und Kurfürsten und als denjenigen, der den Grundstein zum Kölner Dom legte. Und wir kennen ihn als den Bruder von Friedrich von Hochstaden, also demjenigen, der den Grundstein zum Xantener Dom (zusammen mit Konrad) legte.

 

 

Bildquelle:

Privatarchiv

Bildquelle:

Wikipedia

Bildquelle:

Wikipedia


 

Einen recht groben Überblick erhalten wir mit der Plattform Wikipedia.


Was hier und auch in den anderen Seiten dieser Quelle nicht zu finden ist, das ist die verwandtschaftliche Beziehung zu einem seiner Vorgänger mit dem gleichen Nachnamen: Hermann III. von Hochstaden, mit dem Beinamen "Der Reiche",  der, bevor er den Bischofsstuhl in Köln von 1085 -89 innehatte und unter dem salischen Kaiser Heinrich IV. Reichskanzler wurde, in Xanten Probst war. 

Was man dort ebenfalls nicht findet, ist die Verbindung zum Geschlecht der Kapetinger. Sein Onkel, Heinrich I. hatte mit Elisabeth von Courtenay die Urenkelin des französischen Königs Ludwig VI. geheiratet. Die Familie in Vianden stand mit dem deutschen Staufferschen Kaiserhaus ebenfalls in Verbindung. Das war also alles andere, als eine Feld-Wald- und Wiesen-Grafensippe und es würde an dieser Stelle einfach überfrachten, darzustellen, mit welchen anderen Königshäusern das Haus Vianden ansonsten noch so verbunden war.

 

Immerhin erfahren wir auf aus dieser Quelle etwas über seine Herkunft.


Nachzulesen ist dort, dass er ein Abkömmling des Hauses Vianden in Luxemburg war. Seine Eltern waren Lothar I. von Are-Hochstaden und Mathilde von Vianden (+1253) Auskunft erhalten wir auch über das mächtige Konfliktpotenzial, das das Bischofsamt in sich barg und auch über ein gleichartiges Potenzial an Konflikten, das Konrad durch sein Naturell in sich selbst trug.

Es bedarf jedoch einer gründlicheren Beschäftigung mit dieser Person, die sich kaum mit solchen Quellen bewerkstelligen lässt, um das zu erfassen, was er war und er bewirkte. 

 

Dieser Bischof war (zumindest zu Beginn) ein Gefolgsmann von Kaiser Friedrich II. (Der mit dem Castell del Monte) Von ihm, dem sehr gebildeten Kaiser mit seinen wissenschaftlichen Ambitionen, erhielt Konrad die Reichsregalien, was soviel bedeutet, dass er Kanzler des gesamten Reiches wurde. 

Nach dem Tod von Friedrich II. war Konrad und bis zur Wahl eines neuen Königs de facto und formal an der Spitze der Hierarchie in Deutschland. 

Mit dem Ableben des Kaisers Friedrich II. begann das Interregnum, also die Zeit der Könige (und Gegenkönige), die es nicht vermochten, die Kaiserwürde zu erlangen. Der letzte dieser Könige, die von Konrad von Hochstaden inthronirsiert wurde, war Wilhelm von Holland *1288. Wilhelm war  offenbar ein Protegé des Konrad von Hochstaden und kann mit einiger Berechtigung als "König unter Bischof Konrad" bezeichnet werden. Auch in dieser Zeit war die Machtfülle des Bischofs im Prinzip überwältigend (abgesehen von den Querelen mit den Gegenkönigen) und er muss als mächtigster Mann des Reiches angesehen werden. Dieses änderte sich erst dann, als sich Wilhelm - mit tatkräftiger Unterstützung eines Legaten aus Rom - von dem Bischof emanzipierte.

 

Dieser Wilhelm von Holland, König von Deutschland, war

- nach den Ermittlungen des Seitenbetreibers -

auch ein entfernter Verwandter des Grafen Dietrich I. von Moers. 

 

 

Wilhelm, der in der bischöflichen Regentschaft des Konrad von Hochstaden und sicher auch auf des Betreiben desselben zum 3. König der Zeit des Interregnum gewählt wurde, genoss anfangs das Wohlwollen des Erzbischofs. Der glücklose König, dessen Krönung in Aachen mit militärischen Mitteln durch den Erzbischof erzwungen wurde und der tragisch bei einem Feldzug mit seinem Pferd verunglückte und letztlich danach durch Todschlag sein Lebensende in Friesland fand, war als Zwanzigjähriger der Empfehlung, den Tron anzunehmen, seinem Vetter Heinrich II. von Brabant gefolgt, aber letztlich vom Erzbischof nominiert worden. Doch das gute Einvernehmen zwischen Bischof und König wandelte sich recht bald in eine offene Feindschaft. Diese mündete dann sogar in einem Mordanschlag des Bischofs auf Wilhelm von Holland und dessen neuen Ratgebers, des Legaten aus Rom. Ort des Geschehens war Deutz. 

 

Ob Wilhelm von Holland *1228 - 1256, (dessen Wappen unten abgebildet ist, Enkel der Adelheid von Geldern und Großneffe von Adelheid von Kleve und Großneffe des Dietrich von Moers *1160 war),  wegen der nachgewiesen häufigen Kontakte zwischen Dietrich von Moers und dem Erzbischof Conrad von Hochstaden ins Bewusstsein des Letztgenannten geraten ist, um einen Kandidaten für die Königswahl zu bestimmen, ist heute nicht - und vermutlich überhaupt nicht - nachzuweisen. Doch auf diese offene Frage kommt es auch nicht an, da Wilhelm von Holland auch noch über andere Linien, abseits von Dietrich von Moers, mit dem Bischof verwandt war. 

Bildquelle: Wikipedia

 

- Limbuger Löwe -

(Abb. aus mittelalterl. Hanschrift)

 

Auch Wilhelm von Holland * 1228, dessen Wappen hier abgebildet ist, entsprang (in einer urgroßmütterlichen Linie) dem Haus Vianden.


 

Die Vita das Erzbischofs ist so prall gefüllt, dass man kaum glauben möchte, sie gelte nur einer einzelnen Person.

Es ist hochgradig erstaunlich, in welchem Ausmaß sich dieser oberste kirchliche Würdenträger des Reiches, den man nun auch mit dem besten Willen nicht als Theologen oder gar Seelsorger bezeichnen kann, sich dennoch der örtlichen Angelegenheiten des unteren niederrheinischen Raumes annahm. Neben dem schon angesprochenen "Tatort" Hohenbudberg galt seine besondere Aufmerksamkeit, Xanten, der Abtei Kamp,  Krefeld und dem Haus Meer in Meerbusch, das an die Kurkölnische Besitzung Krefeld-Uerdingen angrenzte und dem dort (in Meer) befindlichen Kloster. Und immer mit dabei: Rembodo von Budberg. 

Das Interesse speziell an diesem Kloster Meer war wiederum eine Familienangelegenheit. Bereits 1166 hatte eine Erbteilung stattgefunden, wonach Hildegunde von Ahr und deren Schwester sich einigten. Hildegunde, die Erbin der Burg Meer, übertrug ihre Besitzung an die Kölner Kirche, mit der Auflage einer Klostergründung. Geboren wurde sie als Hildegunde von Liedberg und heiratete vor 1135 Lothar von Are. Und dieser war ein Ururgroßonkel des Bischofs. 

 

1247 wurde vom Bischof eine Urkunde zu diesem Kloster verfasst. Im Jahr 1260 bezeugt der Bischof auf Bitten des Moerser Grafen das Patronatsrecht des Klosters Meer über die Kirche in Krefeld. Intensiver waren die Kontrakte in Sachen Abtei Werden und der Abtei Camp. Zumeist ging es um Vereinbarungen, die die Klöster begünstigten und deren Macht und Kraft stärkten. In manchen erfassten Fällen ging es um die Inkorporierung von Kirchen.

Die Günstigstellung von Klöstern durch den Erzbischof machte dabei erstaunlicherweise auch bei denen keine Ausnahme, die als reformatorische Orden anzusehen sind. Also auch die Bruderschaften, die sich gegen die Ämterhäufung im Klerus, gegen Vetternwirtschaft und Geldgier richteten, wie die Zisterzienser des Bernhard von Clervaux  und die Prämonstratenser des St. Norbert aus Xanten, kamen in den Genuss der Regelungen, die der Bischof traf. 

Da man diesem Erzbischof bestimmt nicht Altruismus unterstellen darf, wird es wohl der Versuch gewesen sein, die Glaubensbrüder zu korrumpieren oder zumindest gewogen zu stimmen. 

 

Die Liste der Klöster, die einen Vorteil aus der klerikalen Herrschaft Konrads hatten, in einer Auswahl:

 

Erftstadt

Hallenberg

Werden 1.

Werden 2.

Winterberg

 

 Die Liste der Burgen, die seine Aufmerksamkeit hatten,

ist allerdings bedeutend länger.

Sie beginnt schon mit dem Sitz der Grafen von Are: Haus Are,

ein Lehen des Klosters Prüm,

das der Stammsitz seiner verschwägerten Verwandten war

und von Konrad dem Kurstift in Köln zugeschlagen wurde.

 

 

 

* * *

Traar

 

Und vielleicht ist auch das Haus Traar -im gleichnamigen Ortsteil von Krefeld -

mit der Familie von Are-Hochstaden aus der Eifel in Verbindung zu bringen.

Um 1255 errichtet, fällt die Entstehung in die gleiche Regierungsphase des Konrad von Hochstaden, wie die der Burg in Moers. Sie liegt im gleichen Interessen- und Macht-Einzugsbereich des Bischofs, lag am gleichen Gewässerlauf (Moerse), wie die Burg in Moers und würde der Burgenbaupolitik des Konrad von Hochstaden völlig entsprechen und ebenso auch zur Hausmachtstrategie passen.

 

Bislang ist über die Herkunft des mutmaßlichen Erbauers des Hauses Traar, Albert von Are, nichts bekannt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es auch hier einen Familienbezug gibt, ist außerodentlich groß.

Die Besetzung hoher Ämter durch diesen "Clan" hatte schon eine lange Tradition, aber auch die Aufmerksamkeit, die diese Sippe dem Niederrhein zukommen ließ. Ein Ururgroßonkel des Bischofs Konrad, Gerhard II. von Hochstaden, Graf von Hochstaden, Herr von Wickerode, Vogt von Prüm und Knechtsteden, war der Stifter der Kirche in Hamborn. Konnrad von Hochstaden war es dann, der die Abtei weihte. Um genau zu sein, war der Stifter der Besitzer des Grundes, auf dem Kirche und Kloster entstanden. Also auch hier ist diese Sippe mit Eigenbesitz vertreten gewesen.

 

Doch hier interessiert uns das Haus Traar.

 

Dass jener Albert von Are, der Erbauer von Haus Traar ein Dienstmann des Hauses Kleve gewesen sei, so wie bislang vermutet, ist zwar nicht auszuschließen, aber das kurkölnische Einflussgebiet liegt dieser Wasserburg bedeutend näher und der Name, der ja eine Namensgleichheit mit dem Namens des Erzbischofs ausweist, lässt anderes vermuten.

 

Eine Besitzung des Grafenhauses von Are, von Lothar von Are in Meerbusch (s.o.), also in einer sehr geringen Distanz zu Traar, macht eine solche Verbindung zum verzweigten Haus Are-Hochstaden verhältnismäßig wahrscheinlich. Das gilt, zumal die Verbindung zwischen dem Familienverbund Are-Hochstaden zum Deutschritterorden dokumentiert ist, in dessen Besitz das Erbe des kinderlosen Ehepaars Are in Traar kam.

Besitzungen des Familienverbundes aus der Eifel, hier genauer gesagt, aus Prüm am Niederrhein sind urkundlich verbürgt. Diese gehen vermutlich auf die vorkarolingische Zeit zurück. Das Besitztum, das hier in Traar für den Bau genutzt wurde, galt vermutlich schon in der Zeit, als die Franken aus dem Ardennen-Eifelraum (Salfranken) noch an ihrem angestammten Ursprung lebten. Und das war der Niederrhein. Alles geht offenbar auf die Zeit Merowechs zuück, der um 457/458 verstarb und - der Legende nach - die ersten Grafen von Kleve und Geldern berief.

 

Eine Verbindung, von Haus Traar, die in den Urkundenbüchern leider nicht näher beschrieben ist, besteht urkundlich zum Grafen von Moers. Und diese finden wir dann erstmalig ausgerechnet bei jenem Wilhelm von Moers, der im Kloster Werden Abt gewesen ist. Der Eintrag mit der Nr. #30 hält in der Textstelle selbst den Namen Friedrich Are auch wiederum nicht parat, aber es gibt - wie in den Beschreibungen zur Moerser Geschichte auch - die Verknüpfung, die Hermann Keussen im Namensregister vermerkt hat. Das gleiche Prinzip wiederholt sich beim Eintrag mit der Nummer #48. Allerdings ist dieser konkreter:

"25. Febr. 1288, Lateran (Rom) Papst Clemens III. bestätigt die Besitzungen der Abtei S. Amand de Trevèle, darunter super flumen Renum terras de Sula et Bobarga."

Der Zusammenhang offenbart, dass es sich bei dem Ort, der am Ende des Satzes steht, Hohenbudberg sein muss. Die Liste der Urkunden, bei denen Albertus (Hermann Keussen zufolge) eingebunden war, setzt sich mit den Nummern #55 und #57 fort und schließt mit dem Eintrag #58. Bei der letzten Urkunde findet sich auch der Name seiner Frau, die nach dem Namensregister Aleydis de Are hieß. aber der Schrift des Christoph Reichmann (Krefeld - Die Geschichte der Stadt - Von der Frühzeit bis ins Mittelalter -Haus Traar - eine geborene von Rode war.

Die Familie Are hat nicht nur im Urkundenbuch des Hermann Keußen eine beachtliche Präsenz, sondern auch eine verzweigte klerikale Bedeutung, die wiederum vom Kloster Echternach über Hochemmerich bis zum Kloster Werden reicht und schon für die Jahre 1050 - 1069 gilt. (siehe #14, #15 und #16)

 

Was sich auch hier wieder erkennen lässt,

ist die erstaunlich umfassende Arbeit des Hermann Keussen.

Sie stellt uns ein nahezu vollständiges Puzzle dar,

das er uns hinterlassen hat. Die Schwierigkeit des

Zusammenlegens liegt lediglich in der

 Unschärfe der Puzzleteile.

 

Die Parallelen, die man zwischen dem Haus Traar, dem Haus Meer und der Burg in Moers finden kann, sind gewiss nicht zufälliger Natur. Die Verbindungen, die dabei bestehen, sind an der Person des Konrad von Hochstaden festzumachen, der (im Fall von Traar und Moers) auf offenbar alten fränkischen Besitz aus der Frühzeit am Niederrhein zurückgriff, um sein Burgenbauprogramm am Niederrhein zu realisieren und bei der "personellen Bestückung" auf den Verbund der eigenen Familie zurückgriff. Die Verflechtungen zwischen den Abteien Echternach, Prüm und Werden sind unübersehbar, ebenso wie die Verknüpfungen der agierenden Personen, die sich aus einem relativ kleinen familiären Zirkel rekrutieren. 

 

* * *

Die Familie

 

 

Mit diesen Informationen und Kenntnissen ausgestattet, ging es nun darum der Spur zu folgen, die sich aus der Person "von Hochstaden" ergab. Da es ja diese eingangs schon beschriebene Zuordnung über die Wappenkunde gab, die nach Vianden verwies, konzentrierte sich die Suche auf den mütterlichen Elternteil des Erzbischofs: - Mathilde von Vianden -

 Schloss Vianden

                        Bildquelle: Homepage Stadt Vianden

Bei der Internetrecherche tauchte die private Genealogie des Herrn

Bernd Josef aus Münster auf, die unfassbar umfangreich, penibel und ebenso aussagestark ausgearbeitet worden ist.

 

Die dort hinterlegten Informationen sind der Grundstock der hier angeführten Genealogien, die mit Hilfe weiterer Quellen ergänzt wurden.

 

Ebenfalls sehr hilfreich ist die Datensammlung 

"Noblesse européenne"

des Henri Friebault mit seinen umfangreichen und ergänzenden Informationen.

 


Dieser Quelle zufolge wurde Mathilde (Mechthild) von Vianden etwa 1178 geboren, heiratete um 1195 Lothar I. von Are Hochstaden und gebar Konrad, den späteren Erzbischof, etwa im Jahr 1200. Konrad hatte einen Bruder, der um 1196 geboren wurde und vor 1216 Margaretha von Geldern heiratete. Der bereits genannte andere Bruder, der zum Xantener Dom den Grundstein legte, Friedrich Are-Hochstaden erblickte um 1209 das Licht der Welt. Insgesamt brachte Mechtild 11 Kinder zur Welt und eines davon mit ihrem 2. Ehemann Gerhard II. von Looz. 

Wo sollte da dann Dietrich von Moers zu finden sein? Ohne sich alle Verbindungen vorzunehmen, bestand keine Aussicht, den Gesuchten Moerser Grafen aufzufinden. Die Suche ging daher über die Eltern dieser Mathilde weiter. Gefunden wurden Friedrich III. von Vianden (1157 - 1210) und Mathilde von Neuerburg. Der Vater Friedrich III. war Vogt von Prüm und Sohn des Friedrich II. (*um 1212 in Vianden) und seiner Ehefrau Elisabeth von Salm (+um um 1140)

 

Das Gefundene (nach langem Stöbern) war verblüffend: 

hier der entsprechende Auszug aus dem privaten Ahnenblatt Jansen

 

 

Das Ergebnis:

 

 

Dietrich I. von Moers, geboren um 1160, Sohn von Friedrich von Vianden,

Graf von Vianden und (durch Heirat) von Niedersalm. Sohn der Elisabeth von Salm 

*

Nach diesen Informationen wäre also Dietrich von Moers (*1160) der Großonkel des Konrad von Hochstaden.

Nun sind derartige Informationen, so gründlich recherchiert, wie auch immer, trotzdem immer mit einigem Vorbehalt zu betrachten und bedürfen der Prüfung. Daher erfolgte ein Abgleich mit der Quelle "Wikipedia"

 

Und dann heißt es auch hier:

 

Also war schon alles belegt?

 

   ???

 

Nein !

 

      - Etwas konnte daran nicht stimmen !

 

Dietrich I. von Moers, so wie er beispielsweise auf einer Seite von Wikipedia zur Geschichte von Moers und in allen bisherigen Publikationen hinterlegt ist, verstarb erst im Jahr 1262.  

 

Würde man diesen im Ahnenblatt Jansen und bei Wikipedia gefundenen Dietrich I., der 1160 geboren wurde, mit jenem gleichsetzen, der 1262 verstarb, dann hätte dieser das gesegnete Alter von 102 Jahren erreicht und sein Sohn Dietrich, der ja dann der Dietrich II. gewesen wäre, habe sogar noch 1288 (mit einem Alter von rund 90 Jahren) an der Schlacht von Worringen teilgenommen.

 

Diese beiden Kandidaten konnten nicht ein und dieselbe Person sein. Daraus ergab sich die Komplikation der Zählung. Dietrich I. (1160) als erster Graf legt fest, dass Dietrich (Übernahme des Grafenamtes 1226 - 1262) ja dann schon der zweite Graf von Moers hätte sein müssen. Doch das war er nicht!

 

Und hier tritt das zutage, was bislang immer ein Rätsel war: 

Warum wurde zwischen den Bezeichnungen "Herr von Moers" und Graf von "Moers" in den Quellen immer wieder gewechselt? Warum war das Wirken des Grafen Dietrich von Moers, der mit Konrad von Hochstaden eng kooperierte in seinem Wirkungsfeld eher dem Raum Köln zuzuordnen, als in dem Raum der Herrlichkeit Friemersheim und späteren Grafschaft Moers? (siehe chronologisiertes Namensregister des UB I. des Herman Keussen.)

 

Hier war die Antwort .......

 

Alles war mit einem Mal klar wie Quellwasser:

 

Dietrich von Moers, also derjenige, der um 1195 geboren sein dürfte und der Sohn des Dietrich von Moers * um 1160 war und der sich vorwiegend im Umfeld des Konrad von Hochstaden aufhielt, führte vorwiegend den Grafentitel nicht, sondern fungierte abseits von dem Gebiet Moers als "Herr von Moers", was ihn (in diesem Fall) als Besitzer dieses Gebietes ausweist. (vergl. Edelherren von Batenburg u. a.) Genau dieser war der "Herr von Moers", der auch im Urkundenbuch immer wieder auch so genannt wurde. Und er führte den Titel "Herr von Moers" in seiner Funktion als Sachwalter der Besitzung in Moers am Amtssitz des Erzbischofs, ohne eine eigene Gegenwart in Moers. Der Titel resultiert dabei aus dem Eigenbesitz des Territoriums, auf dem sein Sohn, der dann auch das Domizil in Moers hatte und die Grafschaft Moers begründete. Die auch später noch auftretenden Betitelungen als "Edelherr/en" bezieht/beziehen sich auf den selben Sachverhalt. Auch hier ist der Grund für den Titel "Herr von..." zu erkennen. Eine Funktion als -Graf in seiner Grafschaft- übte er im üblichen Sinn gar nicht aus. Dafür ist in der Bezeichnung "Herr von Moers"  das Eigentumsrecht an dem angestammten Grundbesitz zu erkennen. Das passt exakt zu den Erklärungen, die zu der Unterscheidung der beiden Adelstitelformen weiter oben bereits beschrieben wurden.

 

Damit ist davon auszugehen:

 

1.

Dietrich von Moers *1160 ist als Herr von Moers der Vater von Dietrich I. Graf von Moers, dessen Lebensdaten bislang mit den Jahren (1226 -  Übernahme des Grafenamtes) bis 1262 angegeben wurden. (*1.)

2.

Das bisher immer wieder in manchen Veröffentlichungen auftauchende Geburtsjahr des Grafen Dietrich I. (*1226) ist falsch und in Wirklichkeit das Datum der Erbfolge des Dietrich, Herrn von Moers.

3.

Dietrich *1160, "Herr von Moers" sollte dieser Schlussfolgerung im Jahr 1226 verstorben sein.

4.

Das im Ahnenblatt des Herrn Jansen angegebene mutmaßliche Geburtsjahr (um 1195) für Dietrich I. dürfte den Realitäten entsprechen.

5. 

Der bei Wikipedia und im Urkundenbuch des Hermann Keussen verzeichnete Dietrich, der 1288 zusammen mit seinem Bruder Friedrich von der Abtei Camp ein Grundstück erwarb, müsste Graf Dietrich II. von Moers sein, Enkel des Dietrich, Herr von Moers (*1160), Sohn des Dietrich I. von Moers (1195-1262), der sowohl mit dem Erzbischof in Köln, als auch mit den Klöstern Werden und Camp im (urkundlichen) Austausch stand und einen Einfluss auf die Möglichkeit des Verkaufs eines Grundstücks auf Moerser Grund aus dem Besitz des Klosters Camp besaß. Die dazu benötigten Geldmittel waren aus der aufgezeigten Verbindung Vianden-Are-Hochstaden mehr als ausreichend vorhanden, ebenso wie die Mittel für die Errichtung der Burganlage Moers, die im Interesse des Erzbischofs Konrad von Hochstaden lag und mutmaßlich von diesem auch initiiert wurde.  

6.

Auch Friedrich von Moers, der nach dem Tod seines Bruders Graf Dietrich I. die Grafschaft bis zur Übernahme durch Dietrichs Sohn (Dietrich II.) übernahm, war damit auch ein Sohn des Dietrich, Herr von Moers (*1160)

7.

Die Vorfahrenschaft des Dietrich  I. von Moers lässt sich damit anhand frei zugänglicher Daten bis in die Merowingerzeit zurückverfolgen, in der Besitzansprüche im Raum der Herrlichkeit Friemersheim angelegt wurden, die sich bis ins 13. Jahrhundert erhalten hatten und auf die - bei der Begründung der Grafschaft Moers  - zurückgegriffen wurden. Die Genealogie lässt sich für die Franken, zu denen die hier behandelte Sippe gehört und die im Raum Eifel-Ardennen (Hennegau) im 13. Jahrhundert lebten, jedenfalls konkret an den Niederrhein zurückverfolgen.

8. 

Bei dem vom Grafen Dietrich I. von Moers in Moers in Anspruch genommenen Grund handelte es sich offenkundig um ein Allod, also um einen Eigenbesitz, der ihm im Erbgang über den Edelherren Dietrich von Moers *1160 zugefallen war.

Es konnte sich daher auch keine Lehensabhängigkeit entwickeln, da dieses Areal nicht einem Lehensherrschaftsgebiet zuzuordnen war.

9. 

Die Zwitterbezeichnungen zu Dietrich, Herr von Moers  *1195, der sich im Umkreis des Konrad von Hochstaden befand, und eben mitunter auch als Graf von Moers in den Urkunden erscheint, ist einerseits das Ergebnis des tradierten Grafentitels, den er als Nachfolgers der Grafen von Vianden und Salm führte und andererseits aus der "Eigenherrschaft" ("Herr von ...) über das Erbe von Moers.

10.

Das Familienerbe "Moers" aus rheinfränkischer Zeit wurde offenbar durch den Salfranken und Eifeler Gerhard von Vianden *um 1124, (Onkel des Dietrich von Moes *1160, Abt von Prüm und Stavelot-Malmedy und Vogt von Prüm) und von dessen Vorgängern bewahrt, bis es mit dem Einrichten eines Domizils im "Erbe Moers" durch Dietrich II., Graf von Moers kam.

11.

Auch die späteren Urkunden, die nach der Inbesitznahme des Gebietes Moers immer noch auftauchenden Bezeichnungen "Edelherren von Moers" spiegeln den im Grunde korrekteren Rechtszustand wieder, da die Grafen von Moers (in Wirklichkeit Grafen von Vianden) auf einem Allod lebten. Eine Lehensabhängigkeit war für die Besitzung Moers offenbar nicht gegeben, bis es im Vorfeld der Worringer Schlacht zur Erklärung zur Zughörigkeit zum Hause Kleve als Unterlehen kam.

12. 

Die späteren Streitigkeiten zum realen Charakter der Zugehörigkeit von Moers als Lehen von Kleve, basieren auf den zuvor existenten Allodialbesitzverhältnissen und haben nichts mit einem anderen alternierenden Lehensverhältnis (z. B. zu Kurköln) zu tun.

13.

Die deutlichen Abhängigkeiten der Moerser vom Fürstbistum (bis zur Erklärung vor der Worringer Schlacht) waren keine solchen, die einem Lehen entsprachen, sondern besaßen lediglich die Charakteristik eines Vasallentums.

14.

Da sich die Moerser Grafen auf ihrem Allod ansiedelten, konnte es nicht zu Komplikationen und Auseinandersetzungen mit dem Kloster Werden und deren Lehensnehmern, den Herren von Friemersheim kommen, so wie es in der Eingangsfragestellung als zu erwartende Komplikation beschrieben wurde.

15.

Die friedliche Ausweitung des ursprünglich recht kleinen Gebietes Moers, die durch massiv betriebene Hinzukäufe (meist zu Lasten des Lehens der Herren von Friemersheim) betrieben wurde, beruhte auf der außerordentlich großen finanziellen Potenz der Sippe Vianden-Are-Hochstaden im Zusammenwirken mit den machtpolitischen Einflussnahmemöglichkeiten dieser Sippe auf die Klöster, die als Gebietseigentümer im Raum Moers vorhanden waren. (Werden, Camp, Xanten und Deutz.) Analoges gilt für die Stiftsbesitztümer von Xanten, dem Repelen unter den Erzbischöfen von Köln zugeschlagen worden war und für St. Pantaleon und weitere Kirchen in Köln.

16.

Das vom Kloster Werden und dem Probsteihof (Abtsgut) Asterlagen erfasste Moers, für das der Zehnte erhoben wurde und das beispielsweise im Verhältnis gegenüber Friemersheim und Rumeln so unerwartbar klein erscheint, schloss das Allod der Grafen von Vianden-Salm-Moers nicht ein und war eben nur ein Teil des Gebietes von Moers.

17. 

Dieses Moers, auf das die Grafen von Moers einen Besitzanspruch im heutigen Moerser Bereich als Allod erheben konnten, ist vermutlich kaum mehr gewesen, als ein Bezirk, der ein Allmendebereich  (*2) war, auf den die Einwohnerschaft zurückgriff und daher gar nicht oder kaum besiedelt war. Die Einkünfte, die sich beispielsweise aus dem Holzrecht ergaben, spiegeln sich in den Verpflichtungen wieder, die die Herren von Friemersheim als Betreiber des Probsteihofes für den Moerser Bezirk einnahmen und als Verpflichtungen eben jenes Hofes in der Urkunde #177 ausgewiesen (und offenbar zur Weiterleitung bestimmt)  sind.

Die ergiebigere Besiedlungsfähigkeit ergab sich (ähnlich wie in Traar) mutmaßlich erst mit den geologischen Veränderungen der Verlandung im südlichen Bereich des Altrheinarms "Moerse". Daher sind auch die ausgewiesenen Besitzungen des Klosters Werden für Moers so vergleichsweise gering, wenn man es mit anderen Teilen der Werthschen Schenkung vergleicht.

Zu diesen Allodbesitzungen der Grafen von Moers-Salm-Vianden gehörte vielleicht aber auch das, was sich in der Urkunde #34 für die Zeit von 1055 - 1165 nachlesen lässt und als Verpflichtung der Abtei Deutz eingetragen ist.  Dazu würden dann Strommoers gehören, (was die Bezeichnung "Grafen von Moers" etwas nachvollziehbarer machen würde). Da das Gut Strommoers erst im Jahr 1003 vom Kloster Werden an die Abtei Deutz übertragen wurde, wäre es denkbar, dass  auch die Verpflichtungen, die für die Abtei Deutz in Friemersheim  für die Jahre  1055- 1165 verzeichnet sind, solche sein könnten, die an das Haus Vianden-Salm) zu entrichten waren. (Doch das ist spekulativ und bedarf noch der Klärung.)

18.

Das als Moers bezeichnete mutmaßliche Allod der Sippe Salm-Vianden Moers geriet offenbar im Rahmen der Erbeiteilung des Nachlasses von Friedrich II. von Vianden (Salm) + um 1172 in den Fokus.

 

Sohn Friedrich III. (* um 1157) wurde Erbnachfolger der Grafschaft von Vianden,

 

Sohn Wilhelm von Salm (Niedersalm) (*um 1164) erhielt die Grafschaft Salm und

 

die anderen beiden Kinder, Catharina von Moers (*um 1155) und Dietrich von Moers (*1160) erhielten die Besitzungen in Moers.

 

(Auf welche Weise es zu der Möglichkeit kam, die "Besitzung Moers" vererben zu können,

ist an anderer Stelle zu thematisieren.)

 

Catharina wurde die Ehefrau des Wessel I. von Strünkede, auf den wir später noch stoßen werden und der zur Entschlüsselung des Rätsels um die Herkunft der Moerser Grafen noch seinen Beitrag leisten wird. Catharina hat Moers ebenso wenig als neue Heimat angenommen, wie der Bruder Dietrich *1160. 

Dietrich, Herr von Moers *um 1160 übernahm zwar das Besitztum Moers, agierte jedoch (zumindest vorwiegend) noch im Raum Köln als Vasall der Erzbischöfe von Köln aus der Zeit vor Konrad von Hochstaden.

*

Dessen Sohn Dietrich I. *um 1195 kooperierte mit dem letztgenannten Konrad von Hochstaden und er -Dietrich I. (oder spätestens sein Sohn, Dietrich II.) siedelte von Köln nach Moers, nach der Errichtung der Burg auf Moerser Grund.

 

Insbesondere die Verbindung zwischen Vianden und den bekannten Moerser Grafen nach Möglichkeit zu verifizieren, das war dann nun die gestellte Aufgabe. Sie wurde gelöst. Sie finden sich im weiteren zeitlichen Ablauf, die einmal fast 100 und im zweiten Fall fast 200 Jahre später angesiedelt, als Dokumente ausfindig gemacht werden konnten

 

 

(*1) Diese Abstammung leitet sich ab

 

A.

aus dem Prinzip der Vornamensvergabe für den erstgeborenen Sohn und Erbnachfolger, so wie sie im feudalen Sektor üblich war. Hier, in fränkischen Zeit um die Jahrtausendwende war es usus,  diesem Erstgeborenen den gleichen Namen zu geben, den schon der Vater trug. Darin unterschied sich der Adel von der bäuerliche Ordnung, spätestens seit der Barockzeit, in der der erstgeboren Sohn den Namen des Großvaters väterlicherseits und der Zweitgeborene, den Vornamen des Großvaters mütterlicherseits bekam. Analoges gilt für die Namensgebung der Töchter mit den Großmüttern.

B.

aus der Namenskontinuität der beiden "Dietriche", die sich in den Urkunden, die im Zusammenhang mit Kurköln ergeben  haben und zu einer fälschlicherweise nicht differierenden Gleichsetzung führten. 

C.

Aus dem Fehlen eines anderen Namens (Vornamens) bei dem Familiennamen "von Moers", das die Kontinuität der beide "Dietriche" Herr von Moers *1160 und Dietrich I. von Moers *um 1195) als Vasall der Kölner Erzbischöfe unterbrochen hätte. 

D.

aus der Charakteristik des Umgangs der hier behandelten Grafen/Herren von Moers, räumlich und gesellschaftlich unterschiedlicher Habitaten von Köln  und Moers. 

 

(*2) Allmende

Dieser Begriff steht für eine gemeinsame Nutzung von Gemeinschaftseigentum. Dieses Gemeinschaftseigentum wurde den Nutzern vom Landesherr überlassen. Was darunter nicht zu verstehen ist, ist, dass es sich um ein "herrenloses Land" gehandelt hat. Auch Allmendebereiche waren Besitztümer des Landesherrn, aber eben nicht als Lehen vergebene solche. Dieses Rechtsgut "Allmende" ist spätestens seit dem frühen 12. Jahrhundert bekannt und nicht ein Gebiet, das für den Landesherrn ohne Ertrag war. Die Allmendenutzung steigerte die Produktionskraft aller Nutzer der Allmende und damit auch die Höhe des vom Landesherrn vereinnahmten "Zehnten". Dort wo der Allmendebesitz aus Wald bestand, lastete das Holzrecht auf ihm. Die Erträge aus dem Holzrecht  standen in aller Regel dem Landesherrn zu. Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in einem anderen Begriff wieder: Im "Rottzehnten" Der Rottzehnte, also die Abgabe, die man für das Recht zu entrichten hatte, Wald zu roden, um dort siedeln zu können, kann als Konzessionszahlung verstanden werden, die einen Ausgleich für entgangene Einnahmen des Landesherrn aus dem Holzrecht herstellten. Wie bereits zuvor beschrieben, gab es nirgends noch irgend ein nutzbares Gebiet, auf das nicht mindestens ein Landesherr Anspruch erhob. Darin unterschied sich die Rechtsordnung des Hochmittelalters mit dem voll ausgebildeten Feudalsystems deutlich von den germanischen Stammesordnungen, in denen es tatsächlich wohl noch freies Land gab.

 

Da die schriftliche Darstellungen der verwandtschaftlichen Verbindungen wenig anschaulich sind,

hier die graphischen Darstellungen der familiären Zusammenhänge:

Hier oben das bislang fehlende Bindeglied "Dietrich, Herr von Moers" 1160-1226

                                                                    *

Hier oben ist Friedrich I. von Vianden 1157 - 1210, Vogt von Prüm 

und Bruder des Dietrich, Herr von Moers *1160-1226

                                                                    *

Hier oben ist Konrad von Hochstaden (1205 - 1261) Erzbischof von Köln und

Großneffe des Dietrich, Herr von Moers *1160 - 1228

und Sohn von Mathilde von Vianden (Mathilde = Tochter des Friedrich III. von Vianden, Vogt von Prüm. (s. Bild 2)

 

Methodik

 

Der Versuch, Abstammungslinien nachzuvollziehen, auf der Basis heuristischer Mittel, also auf der Basis von Erfahrungswerten und Logik ist nicht unproblematisch. Schlüsse, die zum Ergebnis führen: "Das müsste so sein", können keine befriedigende Grundlage sein, auch wenn es eben sehr schlüssig erscheint. Nur deshalb, weil "alles passt", ist nur sehr bedingt tauglich, etwas wirklich zu verifizieren. Die Heuristik, die in der Ahnenforschung ein gebräuchliches und recht zielführendes Mittel ist, hat sich dort durchaus bewährt, doch ist es in diesem Fall nur dann ausreichend, wenn die Informationsdichte, die verwendet werden kann, so groß ist, dass man von einer Wahrscheinlichkeit ausgehen kann, die an die Sicherheit grenzt. Im Idealfall gelingt die Verifizierung über den Ausschluss aller anderen Möglichkeiten. Ist dieses nicht möglich, so muss es zur Aufgabe gehören, so viele Hinweise zusammenzutragen, wie nur möglich. Und es bieten die Quellen - es ist oben schon erwähnt, insbesondere die des Urkundenbuches des Herrn Keussen - erstaunlich viel an. Das alles so weit zu verdichten, dass sich ein Bild ergibt, das der Wirklichkeit entsprich, ist mit einigen Ergänzungen aus anderen Quellen nach Überzeugung des Seitenbetreibers möglich. 

 

Eines der zu überwindenden Probleme steckt in der "Nummerierung" der Grafen, speziell aus Moers. Während für andere Dynastien Genealogien vorhanden sind, die als unzweifelhaft angesehen werden, so ist dieses für die ersten Grafen von Moers nur sehr eingeschränkt möglich.

 

Diese "Nummerierung" aus der Frühzeit der Geschichte der Grafschaft ist keine, die in der Zeit entstanden und verwendet worden ist, in der diejenigen lebten, die es betrifft. Ein Dietrich I. von Moers nannte sich selbst nicht "der erste". Das trifft auch für seine Nachfolger nicht zur. Er wurde auch so nicht genannt! Keine einzige Urkunde zum 12., 13. oder 14. Jahrhundert benennt irgend einen Grafen von Moers mit einer solchen "Kennziffer". Erst zu einer späteren Zeit wurde das zu einer (verhältnismäßig) verlässlichen Attribuierung. 

Für die Gegenwartler der Zeit des 12.- 14. Jahrhunderts gab es keine Notwendigkeit der Bezifferung. Sprach man von Grafen, dann war es der amtierende. Meinte man dessen Vorgänger, dann war es der Vater des Grafen oder eben der alte Graf. Dabei bezog sich das Wort immer auf die Zeit der Ausübung des Grafenamtes. Der Sohn eines noch immer amtierenden Grafen war kein Graf. Gab es Probleme bei einer genaueren Bestiimmung, dann half die Zuordnung der Ehefrau, die der gemeinte Graf hatte. Aus anderen Grafschaften kennt man andere Beschreibungen, die eine einfachere Identifizierung möglich machten. Als Beispiele hier nur genannt: Der Weise, Der Reiche, der Einfältige, der Einäugige, der Bucklige, der Bärtige usw. Solches fehlt bei den frühen Grafen samt und sonders und kann daher zur genauen Zuordnung nicht herangezogen werden. Da aber auch die Geburtsdaten im Unklaren liegen, ist die korrekte Zuordnung mitunter recht schwierig. An manchen Stellen helfen dann glücklicherweise die Urkunden ein Stück weiter, die irgendwelche Bezüge aufstellen. Aber auch das ist bei den Grafen von Moers nur verhältnismäßig gering ausgeprägt.

Genau dieses hat zu einer Vielzahl an vollkommen differenten Angaben geführt, die in privaten Genealogien zu finden sind. Es sind mitunter scheußliche Verwerfungen, die entweder Generationen überspringen, oder alternativ dazu die "Kennziffern", wie "der Erste oder der II. völlig durcheinander werfen. 

Diese Quellen bedürfen auf jeden Fall der gründlichsten Nachüberprüfung, insbesondere im Bezug auf ihre logische Konsistenz. Manche dieser Fundstellen scheitern bereits an dieser Hürde. Das Maß der Dinge ist also das, was dem Ursprung am nächsten kommt und das ist das Material, was in Urkundenform überliefert ist.

 

Bei den Recherchen sind eine Reihe von Personen in den Urkunden "aufgetaucht", die die Bezeichnung "von Moers" oder de Muyrsia oder ähnliches tragen. Es ist auch hier nicht gelungen, diese in die Genealogie der Herren oder Grafen von Moers einzufügen. (Zu denen auch der Abt von Werden, Wilhelm von Moers gehört und deren Bedeutung folgt noch an späterer Stelle eine Theorie, die mit der Abtei Prüm im Zusammenhang steht)

Doch das war auch nicht der Anspruch. Hier ging es lediglich um die genealogische Einordnung des ersten Grafen von Moers, der in Moers gelebt und gewirkt haben dürften. Die Geschichte der "Moerser" reicht vermutlich noch weiter in die Vergangenheit, als es hier dargestellt ist. In dieses Umfeld sind mutmaßlich diejenigen nicht zu integrieren, die hier gemeint sind, ohne die Vorgeschichte beschreiben zu können. Und diese Vorgeschichte müsste sich zu irgend einem Zeitpunkt, der sich vielleicht vor der ersten Jahrtausendwende zugetragen hat, in der sich deren Geschichte mit der der Grafen von Vianden gekreuzt hat. Wann und wie, das würde  nach menschlichem Ermessen, wohl nicht mehr ermittelbar sein. Dabei spielt vermutlich der Verlust des Archivs in Moers mit den beiden Stadtbränden eine geringere Rolle, als der Verlust des Archivs der Fürstabtei Prüm, der bei den Verwüstungen durch die Wikinger im Jahren 882 stattfand. Diese bedeutende Stelle, die neben Aachen das geistig kulturelle Zentrum des Frankenreichs war, hatte ausgedehnte Besitzungen, die sich -wie beispielsweise auch Wikipedia nachzulesen ist, bis in die Niederlande erstreckten.

 

Denkbar ist aber auch, dass das Besitztum Moers nach den Verwüstungen der Abtei Prüm zugetragen hat. Das ist deshalb denkbar, weil die Besitzung Moers möglicherweise auch durch eine nicht oder nicht präzise genug dokumentierte Heirat in das Eigentum des Hauses Vianden-Salm gelangt ist. Das klingt komplizierter als es ist. Für viele Verbindungen, bei denen Angehörige der Sippe Vianden-Salm eine Ehe eingegangen sind, gilt, dass die Namen der Ehefrauen nicht bekannt sind, oder dass lediglich der Vorname überliefert ist. Daher kann es durchaus auch sein, dass die Besitzung Moers über ein weibliches Erbe dem Haus Vianden oder Salm zufloss. Als Kandidaten dafür kämen einige Damen in Betracht. So kennt man beispielsweise den Namen der Ehefrau von Friedrich I. von Vianden *1090-1148 nicht. Er ist der Vater des Friedrich II. von Vianden und Großvater von Dietrich von Moers *1160.

 

Dieses Besitztum, das aus der Frühgeschichte der Rheinfranken stammt, die am Niederrhein ihre Wurzeln hatten, wurde dann in jener Zeit, in der die Geschichte der Grafen von Moers in Moers begann, von dem Haus Vianden, in Persona des Friedrich III. von Vianden, Vogt von Prüm verwaltet. 

 

Diesem Vogt von Prüm begegnen wir schon in der frühen Urkunde aus dem Jahr 1191. (#  49)

 

Hier heißt es:

 

"Th. de Moise als Zeuge in einer Urkunde des Abtes S. von Prüm." 

 

Leider gibt der Eintrag keine weiteren Auskünfte über den Inhalt der Urkunde und auch die anderen zur Verfügung stehenden Quellen (Lacomblet u. a.) schweigen sich dazu aus. Eine Sichtung des Originals, das im Düsseldorfer Staatsarchiv liegen soll, hat zur Zeit noch nicht stattgefunden. Das ist aber hier nicht so sehr von Belang, denn wir erfahren dennoch sehr viel aus diesem Eintrag, denn damit können wir ganz konkret die beteiligten Personen bestimmen und das hilft uns erheblich weiter bei unserem Thema. 

 

Da haben wir den Abt S. von Prüm, der der zusammengestellten Genealogie des Hauses Siegfried von Vianden war, um 1120 geboren wurde und nach 1171 verstorben ist. Sein -hier in dieser Urkunde nicht genannte - Bruder, Gerhard (*um 1124 + um 1210) war nachweislich Abt von Prüm und Stavelot-Malmedy und wird wohl der Nachfolger seines Bruders im Amt des Abtes geworden sein. Deren beider Großvater Bertholde IV. von Vianden, Graf von Prüm war ebenfalls auch schon Abt des Klosters Prüm und zugleich dort auch der Vogt.

 

Neben den soeben genannten Brüdern Siegfried und Gerhard gab es aber noch einen weiteren Bruder: 

 

Friedrich II. von Vianden (Graf von Salm, geboren um 1122).

Er wiederum war der Vater von Dietrich von Moers (+1160)

 

Damit haben wir den Befund, dass der in der Urkunde # 49 genannte Th. de Moise, der hier als Zeuge auftrat, seinem Onkel die hier angeführte Urkunde bezeugte. Es ist selbstverständlich hier nicht belegt, aber man kann mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es in dieser Urkunde um eine Besitzung des Klosters Prüm gehandelt haben wird. Ob es sich dabei um eine Transaktion gehandelt hat, bei der er selbst (Theoderich) zum Begünstigten dieser hier angenommenen Besitzung wurde, muss hier offenbleiben. Faktum ist jedoch, dass die mit der Machtfülle der Äbte von Prüm ausgestatteten handelnden Personen aus dem Hause Vianden die Möglichkeit hatten, Besitzungen aus dem großen Fundus an Liegenschaften, die die Abtei Prüm überreichlich besaß, zu veräußern. Man kann wohl davon ausgehen, dass sich im Prümer Archiv diesbezüglich etliche Eigentumsübertragungen ausfindig machen lassen.

 

Bei allen hier nur als Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten dargestellten Sachverhalten ist jedoch eines völlig eindeutig: Es ist die nachgewiesene verwandtschaftliche Nähe des Grafen Dietrich von Moers (*1160) einerseits zum Haus Vianden und andererseits zum Reichskloster Prüm, das nach den Auskünften des Urkundenbuches des Herrn Keussen, Besitzungen im Raum der Herrlichkeit Friemersheim besaß. 

 

Friedrich I. von Vianden (*um 1090) der Vater von

 

Siegfried (*um 1120)

Friedrich II. von Vianden (Graf von Salm)

Gerhard von Vianden Abt von Prüm und Stavelot 

 

war also der Vater von Dietrich von Moers (*1160) aber auch der Ururgroßvater des Konrad von Hochstaden, des Erzbischofs von Köln. Friedrich II. von Vianden (Salm) war dessen Urgroßvater, Friedrich III. von Vianden (Vogt von Prüm) war sein Großvater und dessen Tochter Mathilde von Vianden seine Mutter.

 

Über alles das, was vor der Zeit von Friedrich III. von Vianden in Beziehung zu Moers nachzulesen ist, ist viel zu diffus, um daraus ein kohärenten Bild zu entwickeln. Wie beispielsweise der Prior des Kloster Brauweiler mit dem Namen "von Moers" einzuordnen ist, bleibt offen, auch wenn die Information aus dem Jahr 1096, die ihn betrifft, es Wert ist, zu zitieren:

 

"30. April 1096 (# 17)

Die Judenverfolgung durch die Kreuzfahrer beginnt in Köln. Der Erzbischof führt die Juden am 3. Juni aus der Stadt und verteilt sie auf 7 Ortschaften, unter ihnen Xanten und Mörs.

Am 29.6. beginnt die Verfolgung in Moers. Der Graf, der ihnen Schutz zugesagt hatte (Graf von Moers ?) suchte sie durch Überredung und List zur Taufe zu bewegen. Er lässt sie über Nacht in Haft legen, und zwar einzeln, damit sie sich nicht gegenseitig töten (?). Am folgenden Tag werden sie den Kreuzfahrern ausgeliefert, welche einige töten und andere mit Gewalt taufen. Einer wird durch den Schatzmeister des Erzbischofs gerettet."

 

Dieses Zitat deutet darauf hin, dass die Grafen von Moers schon länger in Köln und in dessen Umfeld lebten und wirkten und wohl eben nicht in der Grafschaft. Doch das bleibt uns (zur Zeit - noch ? - verschlossen) und ist nicht das Thema, das hier behandelt wird. Der Fokus liegt auf dem Sektor, in dem die Informationsdichte so groß ist, dass sich daraus ein Bild entwickeln lässt, das allen Ansprüchen der Logik, der Nachvollziehbarkeit und Belegbarkeit entspricht. 

 

Unerwähnt darf diese Urkunde dennoch  nicht bleiben, da ja für die Zeit vor 1200 keine wehrhafte Anlage bekannt ist, in der ein solches Inhaftieren hätte stattfinden können. Nach derzeitigem Kenntnisstand bestand das Dorf Moers ja nur aus einer bäuerlichen Ansiedlung, in der es jedoch vermutlich schon seit längerer Zeit eine Kirche gab. . Das könnte darauf hindeuten, dass in diesem Fall nicht das Dorf Moers gemeint gewesen ist, sondern das Gut Strommoers, das sich ja seit dem Jahr 1003 im Besitz der Abtei Deutz befand. Diese Anlage dürfte wohl auch eher geeignet gewesen sein, die aufgebrachte Kreuzfahrermenge vom sofortigen Massakrieren abgehalten zu haben. Die Namensungleichheit von Strommoers und Moers ist - wie schon erwähnt - kein taugliches Unterscheidungskriterium, da beide "Einheiten", >Gut Strommoers< und das >Dorf Moers< unter dem gleichen Namen "Moers" in Urkunden angeführt sind. Dieses führt uns wieder zu der Frage, was denn nun der Moerser Anteil der Werthschen Schenkung gewesen ist. Und es führt uns ebenso zu der Frage, ob die frühen Grafen von Moers, die in den Urkunden für die Zeit vor 1160 genannt sind, nicht die Grafen waren, die nur für die Liegenschaft Strommoers verantwortlich zeichneten. Raum für Spekulationen gibt es also mehr als reichlich und dieser Raum bietet vielleicht noch mehr Möglichkeiten, bislang unentdeckte Belegbarkeiten herauszufinden, als sie hier dargestellt sind.

 

Was sich hier in dieser Zusammenstellung aber deutlich herauslesen lässt, ist, dass die völlig unproportionale Häufung von Urkunden aus dem Urkundenbuch, die sich anfangs auf den Raum Eifel-Vianden und ab 1160 sich auf den Kölner Raum beziehen, eine mehr als plausible Erklärung haben. Die Beziehungen zum ursprünglich Eifeler-Ardennener Raum enden im übrigen nicht, wie es dann auch noch im Band II. des Urkundenbuches nachzulesen ist. 

 

Belegbarkeit ergeben sich hingegen zum Beispiel aus den Urkunden, in denen Verwandtschaftsbeziehungen genannt werden.

 

Zu diesen gehört  z. B die Urkunde mit der Nummer  # 175 aus dem Jahr 1291.

Dort geht es um den verstorbenen Scholasten des Stiftes Xanten, Hermann von Ratingen. Er ist dort als verstorbener Besitzer des Dorfes "Aschmare" (?) genannt, an dem er zusammen mit seinen Blutsverwandten, den Edelherren von Moers einen hälftigen Anteil besaß. Die Informationslage zu diesem Hermann ist leider recht karg. Immerhin weist diese Textstelle seine Schwester Gudelinda als Testamentsvollstreckerin aus, die die Äbtissen in Elten war. (Testamentsvollstreckerin zusammen mit dem Xantener Kanoniker Heinrich von Buthberg > wohl aus der Hohenbudberger Sippe<) Über die Plattform Wikipedia erhält man zum Stift Elten lediglich einen Vermerk über eine Guda, die (ohne Angabe einer Amtszeit) Äbtissen gewesen war. Wenn die vom Seitenbetreiber vorgenommene zeitliche Einordnung richtig ist, dann war diese Gudelinda die unmittelbare Vorgängerin der Mabilia von Batenburg, Tochter von Mabilia von Moers.

 

Jedoch mit richtigen dem Vornamen der Gudelinda von Ratingen, die ja dann ebenfalls eine Blutsverwandte der Edelherren von Moers gewesen war, erfährt man zumindest das Sterbedatum 1301 über den Link Ratinger Geschichte. Deren Nachfolgerin, Mabilia von Batenburg, war eine Cousine des Dietrich III. (Theoderich) von Moers. Sie übernahm 1301 das Amt der Äbtissin des Stiftes Elten und hatte es bis zu ihrem Tod 1328 inne. 

 

Zu dem Wenigen, was sich über Hermann von Ratingen ansonsten herausbekommen ließ, ist ein weiterer Eintrag aus dem Urkundenbuch. Es geht bei diesem Eintrag aus dem Jahr 1259 (#103) um den Verzicht des Hermann von Ratingen auf die Pfarrstelle in Krefeld, die ihm vom Grafen von Moers angetragen wurde. 

 

Hier haben wir es also mit einem Verwandtschaftsbezug zu tun, der uns nicht weiterhilft ? Eine Sackgasse?

- Nicht ganz! 

--- Dazu behalten wir den Namen "von Batenburg" im Gedächtnis.

 

 

18. September 1291

 

Wenn man aus Urkunden, die einen Verwandtschaftsbezug herstellen, gar eine Blutsverwandtschaft, dann bietet sich ein breites Feld, Zusammenhänge zu begreifen, die einem ansonsten verborgen bleiben würden. Insbesondere dann, wenn die Beteiligten unterschiedliche Familiennamen tragen, dann ist der Erkenntnisgewinn beträchtlich. Es ist vielfach der Schlüssel dazu, die richtigen Generationen einzuordnen. An vielen Stellen ist es einfach recht schwierig, herauszubekommen, welche der Personen, die da Dietrich oder Theoderich von Moers genannt werden, nun Dietrich I., II. oder III. sein können. 

 

Bei dem oben genannten Datum handelt es sich aus Historikersicht um einen Glücksfall und zwar um einen mit einem traurigen Anlass. Am 18.8.1291 fand die Beerdigung eines Arnold von Batenburg statt. Der Urkunde # 177 nach, auf die schon vorab bedeutungsvoll hingewiesen wurde, hält fest, dass dieser Arnold auch ein Blutsverwandter gewesen sei.

 

Hat man eine solche Konstellation, dann heißt es, sich auf die Suche nach dem Verknüpfungspunkt zu machen. Oder anders ausgedrückt, die Frage lautet: Wer ist der gemeinsame Vorfahr. 

 

Die Aufgabe, die damit verbunden ist, liest sich leichter, als sie sich bewerkstelligen lässt. Bei der Vielzahl von Verzweigungen von zwei Familien ergeben sich unzählige Möglichkeiten. 

 

Nun, um das abzukürzen, die Suche brachte den gewünschten Erfolg mit einer erstaunlichen Wendung:

 

 

Da gab es eine Mabilia von Moers. (1235-1277). Mabilia von Moers war die Tochter des Grafen Dietrich I. von Moers (*um 1195) Geheiratet hat Mabilia von Moers Gerhard von Batenburg (*um 1220). Bei dem Arnold von Batenburg, bei dessen Grablege der Graf von Moers (Dietrich II.) zugegen war, handelt es sich offenbar um den Sohn dieses Schwagers Gerhard von Batenburg und dessen Ehefrau Mabilia, die Schwester des Dietrich.

 

Über Arnold von Batenburg ist kaum etwas in Erfarhrung zu bringen. Es sind lediglich einige private Genealogien, die aufgefunden werden konnten und die verraten nun, dass Arnold möglicherweise nur etwa 13 Jahre alt wurde. Das würde beim Zutreffen natürlich erklären, warum die Quellenlage so bescheiden ist. 

 

Die in Latein abgefasste Urkunde zeigt an, dass es sich um den Sohn des Gerhard gehandelt hat, weist jedoch als Mutter nicht Mabilia von Moers aus, sondern eine Elisabeth, deren Nachname in der Urkunde keine Erwähnung findet. Die Erklärung dazu ist einfach, denn Mabilia von Moers verstarb offenbar vor 1260. Gerhard von Batenburg ging -das scheint sicher - eine zweite Ehe ein. Der Name seiner zweiten Ehefrau war Elisabeth von Elsloo aus dem gleichnamigen Dorf an der Maas, nahe Maastricht. Diese Elisabeth, die in der ehemaligen Kaiserpfalz Elsloo aufgewachsen ist, die Ende des 15. Jahrhunderts von der Maas unterspült wurde, war die Mutter des 1291 verblichenen Arnold. 

 

In einer der aufgefundenen privaten Genealogie hat dieses zu einer Verwirrung angestiftet. Beide Ehefrauen des Gerhard von Batenburg wurden zu einer verschmolzen. Dort ist der Umstand übersehen worden, dass für die Elisabeth von Eslloo ein anderer Vater bekannt ist, als von der Mabilia von Moers. Deshalb ist dort der Name fälschlicherweise als Elisabeth Mabilia von Moers-Elsloo verzeichnet. 

Aber es handelte sich unzweifelhaft um zwei unterschiedliche Personen und die zweite Ehefrau und Mutter des Arnold war mit Graf Dietrich von Moers nicht verwandt. Ihr Mann, Gerhard von Batenburg war mit Graf Dietrich dabei auch nur verschwägert. Damit handelt es sich bei Arnold von Batenburg (*) anscheinend also nicht um einen Blutsverwandten des Grafen Dietrich. 

 

(* Die Informationen zu Arnold von Batenburg können sich leider nur auf private Genealogien stützen und weisen dabei durchaus beträchtliche Differenzen aus. Allen diesen Aufstellungen nach war jedoch nicht Mabilia von Moers dessen Mutter, was sich dann auch mit dem lateinischen Text der Urkunde deckt. All diesen Erhebungen nach war dessen Mutter Elisabeth von Elsloo, deren Vater dann wiederum einheitlich mit Arnold von Elsloo ausgewiesen ist, bei dem es dann selbst wieder widersprüchliche Angaben zu den Lebensdaten gibt.)

 

Hier zeigt sich die Schwierigkeit, auf der Basis privater Genealogien ein verlässliches Bild der Abfolge zu zeichnen. Notwendigerweise ist man hier auf logische Schlussfolgerungen angewiesen. So auch bei einem weiteren Beispiel:

Ahnenblatt: holla-spanjerberg

Nach dieser Quelle verstarb der 1282 beigesetzte Arnold von Batenburg im Alter von 22 Jahren. (*1260) Zu den Informationen aus dieser Quelle gehört es auch, dass auch diesem die Mutter Elisabeth von Elsloo zugeordnet wurde. Doch auch in diesem Fall wäre es die Beerdigung eines "Stiefneffen" des Dietrich von Moers gewesen

 

 

Also auch hier ein Fehlschlag? 

Wiederum nein!

 

Es ist die Art der Bezeichnung "blutsverwandt", die stutzig macht. Wäre Arnold von Batenburg der Sohn der Mabilia gewesen, so wäre diese etwas nebulöse Umschreibung der "Blutsverwandtschaft" schon etwas seltsam anmutend. In diesem Fall wäre ja die Formulierung "Neffe" doch sehr naheliegend gewesen. Da aber Arnold aus der schwägerlichen Verbindung mit Gerhard von Batenburg ohnehin nachweislich kein Blutsverwandter (zumindest aus dieser Verbindung) war, muss der gemeinsame Genpool zeitlich früher gesucht werden.

 

Nach langer Recherche gab es dann tatsächlich den Erfolg.

 

Der gemeinsame Vorfahr von Arnold von Batenburg und Graf Dietrich von Moers war der Sohn von Alveradis von Hochstaden, Ururgroßtante des Erzbischofs Konrad von Hochstaden. Alveradis hatte Heinrich von Cuyk, den Burggrafen von Utrecht geheiratet. Sie brachte um 1102 

 

Hermann II. von Cuyk

 

zur Welt. Und dieser ist der, bei dem sich die Wege des Hauses "Moers" und des Hauses "Batenburg" kreuzten.

 

Der weitere Ahnenverlauf ist zu verwirrend und zu ermüdend, um ihn in voller Länge darzustellen. 

Daher hier nur soviel: Alverdis von Hochstaden ist die 4-fache Urgroßmutter des Dietrich II. von Moers über dessen mütterliche Linie der Elisabeth von Isenberg. Arnold von Batenburg war der 4-fache Urenkel dieser Alverdis aus der Eifel.

 

Trotz der genealogischen Unschärfe, auf welche Weise die Blutsverwandtschaft zu beschreiben ist, ist eines festzuhalten: Die Grafen von Moers waren zutiefst in dem niederlothringisch-brabantischen Adelszirkel verwurzelt.

 

Damit schließt sich der Kreis! Wieder sind wir in der Eifel

bei der Sippe von Hochstaden,

die mit dem Haus Vianden mehrfach verknüpft ist. 

 

Da die Vorfahrenschaft dieser beiden in der Eifel auszumachen ist, ist in deduktiver Weise auch die genealogische Abfolge des Hauses der Grafen von Moers eindeutig. Daraus ergibt sich nach menschlichem Ermessen, auf der Basis dieser Urkunde aus dem Jahr 1291 und auf der Basis der gefundenen Verbindung der Linien, zwingend die folgende Vorfahrenschaft:

 

Dietrich II. Graf von Moers *um 1234 - 1307

- Vater: Dietrich I. Graf von Moers *um 1195 - 1262

-- Großvater: Dietrich, Herr von Moers * 1160 - 1191

--- Urgroßvater: Friedrich II. von Vianden (von Salm) *1122

---- Ururgroßvater: Friedrich I. von Vianden *1090 - 1148

----- 3-facher Urgroßvater Berthold IV. von Vianden, Graf von Vianden, Vogt von Prüm

------ 4-facher Urgroßvater: Berthold III. von Vianden, Vogt von Prüm

------- 5-facher Urgroßvater Berthold II., Graf von Vianden, Herr von Rietburg und Ham, Vogt von Prüm

 

Dem Autor dieser Seite ist es bewusst, dass diese geballte Information zu irgendwelchen Namen im Grunde nicht mehr nachzuvollziehen ist. Der weiterführende Stammbaum des Grafen Dietrich von Moers wird deshalb auf einer Unterseite gesondert ausgewiesen. Der Stammbaum alleine zeigt jedoch die Verbindungen nur in Hinsicht auf die eingegangenen Ehen auf. Und das reicht leider nicht aus, um zu begreifen, welche enge und engsten Verbindungen sich aus den assoziierten Personen (z. B. Geschwister) ergeben. Will man sich davon einen Überblick verschaffen und versuchen, das hier Beschriebene nachzuvollziehen, so ist die Vorlage eines kompletten Ahnenblatts notwendig. 

Wer sich der Mühe einer Überprüfung unterziehen möchte, dem oder der sei die Genealogie des Herrn Jansen empfohlen (*), zu der oben der Link eingefügt ist, sowie die Plattform Wikipedia, die (in nicht so komprimierter Form) dort denkungsgleich ist, wo sie Informationen zu den Personen bereit hält, die im Ahnenblatt angeführt sind. 

 

(* Die Überprüfungen des Seitenbetreibers zu den in der Genealogie Jansen gemachten Angaben, haben - soweit sie stattgefunden haben, keinerlei Abweichungen ergeben, bis auf den oben bereits erwähnten Fehler: Das "Verschmelzen" des Dietrich von Moers *um 1160 und des Dietrich von Moers *um 1195 zu einer Person.)

 

Das vom Seitenbetreiber angelegte Ahnenblatt ist auf der Internetplattformen "Ancastry" und  "Geneanet" hinterlegt.

 

 

Was in dem vorangegangen Kapitel zu sehen ist, ist der deduktive Nachweis der Herkunft der Grafen von Moers aus dem Raum der Eifel und der Ardennen. Und um genau zu sein, ist der erste bekannte Vorfahr aus dem Haus Vianden in direkter männlicher Linie:

 

Berthold II. Graf von Vianden, Herr von Rietberg und Ham, Vogt von Prüm. (* um 995 -  + nach 1052)

 

Ein Blick ins Ahnenblatt der Grafen von Moers lohnt sich aber dennoch, auch wenn dieser Name hier schon kundgetan wurde. Diese eine Linie ist ja nur die Stammlinie, also nur die von den männlichen Vorfahren in direkter Abfolge.

 

Was es dort - abseits davon - auch noch alles zu entdecken gibt, lässt nur staunen!


 

Mit dieser Ausstattung an hoch- und höchstrangigen Verbindungen wird es noch etwas deutlicher, weshalb ein Graf aus Moers einige Generationen  später selbst zum Erz- und Fürstbischofen von Köln und damit zum ranghöchsten Kirchenmann in Deutschland aufsteigen konnte:

Graf Dietrich II. (IV.*) von Moers, Erzbischof von Köln * um 1385

(* Graf Dietrich der IV. in der Moerser Erbfolge, Graf Dietrich II. in der Abfolge der Erzbischöfe)

Hier ist er eingerahmt von den Wappen, die seine Herkunft symbolisieren. Mit dabei, das Wappen von Moers, der Brabanter Löwe (Luxemburg und Vianden), das Wappen der Grafschaft Saarwerden und

! das Wappen aus dem Haus Salm-Salm 

Ein eindeutiger Beleg für die Richtigkeit der Ableitung der Herkunft aus dem Hause Vianden-Salm!

Die Bezeichnung "Salm-Salm" rührt aus der (Wieder-) Zusammenlegung der beiden Grafschaften Niedersalm (Ardennen) und Obersalm (Vogesen), die bereits vor der Wahl des Dietrich von Moers zum Bischof stattgefunden hat. 

 

 

(vergl. Grafschaft Salm)

 

 

Bildquelle Wikipedia


Hier das Wappen der Grafschaft Salm, dem der Graf Friedrich II. von Vianden in Personalunion als Graf von Salm vorstand. Er war der Vater des Grafen Dietrich von Moers *1160, Vorfahr der bislang schon bekannten Grafen von Moers, zu denen auch der Erzbischof Dietrich von Moers gehört.

 

Bildquelle: Wikipedia


* * *

 

Um die Leser nicht weiter mit einer scheinbar endlosen Abfolge von Namen zu strapazieren, wenden wir uns erst einmal dieser aussagestarken Urkunde zur Grablege des Arnold von Batenburg zu. 

 

 

Der hier angeführte Dietrich von Moers ist Graf Dietrich II., der sich angesichts der bevorstehenden Schlacht von Worringen dazu veranlasst sah, die Grafschaft Moers zum Unterlehen von Kleve zu erklären. 

 

 

Er war aber auch Teilnehmer bei der Schlacht, bei dem ihm rund 4.200 Ritter der Köln-Gelderner Allianz zur Seite standen. Die Gegnerschaft unter der Führung des Herzogs I. von Brabant hatte einer Stärke von etwa 4.800 Rittern .

 

Bildquelle: Worringen pur

 

Einer seiner Mitstreiter war offenkundig Dietrich von Batenburg, der 1291 trauernde Vater des Arnold. Davon ist deshalb auszugehen, weil Dietrich von Batenburg ein Gefolgsmann (Vasall) des Grafen von Geldern war, der ebenfalls zu Kölnischen Koalitions-Streitmacht gehörte. Dietrich von Moers geriet bei dieser Schlacht (gem. Dt. Biographie, der Bayerischen Akademie der Wissenschaft) in Gefangenschaft. Dort wird auch er als Geldrischer Gefolgsmann bezeichnet, was zu der Annahme führt, dass Dietrich von Batenburg und Dietrich von Moers Seite an Seite gekämpft haben können.

Die Grablege des Arnold war also nicht nur eine Familienzusammenkunft, sondern offenbar auch ein Wiedersehen zusammen kämpfender Ritter. Diese Annahme macht die Anreise des Dietrich von Moers, bis weit hinter Nijmegen etwas nachvollziehbarer, da Arnold ja zwar des Sohn seines Schwagers, aber eben lediglich der Sohn aus der zweiten Ehe des Schwagers war. Das Motiv mag aber nicht nur im Zusammentreffen mit Dietrich von Batenburg gelegen haben. Da gab es offensichtlich ein weiteres Zusammentreffen:

 

Zu den Trauergästen gehörte aber auch (wenn der Vermerk im Namensregister richtig gedeutet ist) auch der Ritter Heinrich von Stünkede. Bei ihm handelt es sich nicht um einen Teilnehmer der Worringer Schlacht. Er war Angehöriger des Gefolgsmanns und Ratgebers des Grafen von Kleve, der sich seinerseits aus der kriegerischen Erbauseinandersetzung heraus und neutral verhielt. Was diesen Heinrich von Strünkede, auf dessen Vater wir schon zuvor in dieser Seite aufmerksam wurden nun so interessant macht, ist die Information zu seinen Eltern. Der Vater - wie schon beschrieben - war Wessel I. von Strünkede. Die Mutter hieß Catharina von Vianden. Heinrichs Mutter war also- so legt es die genealogische Zusammenstellung offen - die Großtante des Dietrich II. von Moers und die Schwester des Dietrich von Moers (Vianden) * 1160.

 

Auch hier ist der Familienbezug offenkundig, der sich bei dieser Trauerfeierlichkeit Ausdruck verschafft. Auch das ist ein weiterer Beleg für die Herkunft der späteren Grafen von Moers, zu denen - hier - Dietrich II. von Moers gehört. Auch dieses Familientreffen belegt die Verknüpfung der Verbindung zwischen dem Vianden-Salmer Dietrich von Moers *1160 mit dem Trauergast bei der Beerdigung des Arnold. Schließlich ist der offenbar auch anwesende Kanoniker des Stiftes Essen, Heinrich von Strünkede kein anderer, als der Großneffe 3. Grades des Dietrich III. Obgleich ähnlich alt, ergibt sich die Geneartionenverschiebung aus dem Altersunterschied von Wessel von Strünkede *1120, der 3. Generationen zuvor seine Katharina von Moers geheiratet hatte, die um 1155 geboren wurde. Eine Verbindung des Hauses von Strünkede zum Haus von Batenburg konnte bislang nicht aufgefunden werden und damit scheidet Heinrich von Strünkede als trauerndes Familienmitglied bei der Trauerfeier des Arnold von Batenburg erst einmal aus. 

Aber in einer anderen Weise wird wohl Heinrich bei diesem Zusammentreffen von Bedeutung gewesen sein. Als Angehöriger der Sippe von Strünkede könnte  er im "diplomatischen Dienst" des Hauses Kleve unterwegs gewesen sein, das nunmehr seit 4 Jahren von den Grafen von Moers (per Selbstdeklaration) zum Lehensherr der Grafen von Moers geworden war. 

 

Dort konnte er dem Moerser Grafen sicher aus eigener Erfahrung einiges darüber berichten, was die Lehensherreneigenschaft der Grafen von Kleve bedeutet. In diesem Zusammenhang sind die Schilderungen der Staatsarbeit von Sybille Barthelmeß "Die adelige Familie von Strünkede - eine Familie von Raubrittern ?" sehr wertvoll und aufschlussreich. Diese bemerkenswerte Arbeit, auf die hier aus urheberrechtlichen Gründen nur Bezug genommen und nicht zitiert wird, bietet ein hervorragendes Bild über die Komplikationen, die sich auch einem solchen Abhängigkeitsverhältnis (zwangsläufig) ergeben mussten. Desweiteren liefert der Tex ein hervorragendes Zeitkolorit. 

 

Es dauerte dann auch nicht mehr sehr lange, bis die Moerser die Lehenseigenschaft wieder abzuschütteln versuchten.

 



 

verwendete Quellen:

*" Knechtsteden Geschichte eines alten Klosters" -1952- , Bohlen, Anton Hubert, Verlag: Missionshaus Knechtsteden

* "Urkundenbuch der Herrlichkeit Krefeld und der alten Grafschaft Mörs", Band I , - 1938 - Keussen, Hermann, Verlag Albert

     Fürst Nachf. C. Uhrig,  Krefeld 

* "Urkundenbuch der Stadt und des Amtes Uerdingen", Band 10, - 1968 - Rotthoff, Guido, Verlag des Uerd. Heimatbundes

"Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins", Bände 1 u. 2, Lacomblet, Theodor Josef

* "Nassauer Annalen" - Verein für Nassauische Altertumskunde u. Geschichtsforschung

"Die Landnahme im Rheinhausener Raum durch die Industrie", Meyer, Friedrich-  Albert, - 1965 - Verlag: Ph. C. W. Schmidt,

     Neustadt an der Aisch

* "Rheinhausen am Niederrhein im geschichtlichen Werden", Meyer, Friedrich Albert - 1956 - Schriftenreihe der Stadt Rheinhausen,

     Rheinhausener Druckerei

"Chronik der Gemeinde Budberg", Kühnen, Gerhard -1971, Buchdruckerei Berthold Roth, Orsoy-Niederrh,

"Die staatsrechtliche Stellung der Grafschaft Moers", Vollmer, Dr. Bernhard Niederschrift eines Vortrags vom 20.1.1929 

"Conrad von Hochstaden, Erzbischof von Kölln", Burckhardt, Jacob, -1843 - Verlag von T. Habicht, Bonn

"Die Grafen von Geldern im Hochmittelalter", Schiffer, Peter - 1988 - Verlag des Historischen Vereins für Geldern und        Umgegend

* "Geschichte der Grafen und Herren von Moers", Altgeld, Hermann - 1845 - Bötticher'sche Buchandlung

* "Geschichte der Grafschaft Moers",  Hirschberg, Prof. Dr. Carl - 1904 - Verlag August Steiger, Moers

* "Zur Frühgeschichte von Moers", Wildschrey, Dr. Eduard - Aufsatz, Entnommen den Moerser Heimatkalendern

* "Die adelige Familie von Strünkede", Sybille Barthelmeß, Staatsarbeit - urheberrechtlich geschützt

* "Von der Frühzeit bis zum Mittelalter, Krefeld Bd. 1 - Exkursion Haus Rath", Guido Rotthoff, Niederrh. Ges. für Vor- und Frühgeschichte Duisburg e. V. 

 

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Online:

 

Wikipedia:

Stammliste Haus Salm

 

Deutsche Biographie der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Planet Wissen: "Geschichte des Adels"  Adel: Geschichte des Adels - Adel - Geschichte - Planet Wissen (planet-wissen.de)

Ahnenblatt Jansen - Ahnentafel von Bernd Josef JANSEN

Ahnenblatt de Vries -Diedrich II "Theodorich" van Moers (Graaf van Moers 1263) (± 1233-± 1294)

Noblesse europénne - Henri Frebault (Gedbas)

» Stamboom I.D.M. de Vries » Genealogie Online

Ahnenblatt Elsloo Genealogie Kuipers

Haus Traar, Schrift von Reichmann, Christoph  ( PDF )

Quecke: Rittersitze und Schlösser an der Anger (Ratingen) ( P D F )